Das Licht in uns. Jiddu Krishnamurti

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Das Licht in uns - Jiddu Krishnamurti

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die mir entweder Vergnügen oder Schmerz bereitete. Um ganz bei der Erfahrung zu sein, muss man sie wiedererkennen. Wiedererkennen geht aus etwas hervor, das bereits geschehen ist, und deshalb ist Erfahrung niemals neu.

      Die Wahrheit kann nie erfahren werden, darin besteht ihre Schönheit. Sie ist immer neu. Sie ist nie das, was gestern geschah. Was gestern geschah, die Ereignisse von gestern, müssen völlig vergessen werden oder gestern durchlebt und abgeschlossen worden sein. Sie als Erfahrung mit sich herumzutragen, um sie als Erfolg werten zu können oder andere damit beeindrucken oder überzeugen zu wollen, erscheint absolut unsinnig. Mit dem Wort »Erfahrung« muss man sehr vorsichtig sein, achtgeben, denn Sie können sich an eine Erfahrung nur erinnern, wenn sie Ihnen bereits widerfahren ist. Das bedeutet, dass es ein Zentrum geben muss, einen Denkenden, einen Beobachter, der das Ereignis, das vorbei ist, bewahrt oder festhält. Wahrheit kann man nicht erfahren. Solange es ein Zentrum gibt, das sich als »Ich« erinnert, ist Wahrheit nicht da. Und wenn jemand behauptet, er hätte die Wahrheit erfahren, begegnen Sie ihm mit Misstrauen. Glauben Sie nicht an seine Autorität.

      Wir alle wollen jemandem glauben, der uns etwas verspricht, denn wir haben kein Licht in unserem eigenen Innern. Aber dieses Licht kann Ihnen niemand geben: kein Guru, kein Lehrer, kein Erlöser, niemand. In der Vergangenheit haben wir an viele Autoritäten geglaubt, haben anderen vertraut, und sie haben uns entweder ausgebeutet oder haben vollkommen versagt. Man muss also misstrauisch sein und jegliche spirituelle Autorität verwerfen. Niemand kann uns jenes Licht geben, das nie erlischt.

      Einem anderen zu folgen heißt, ihn nachzuahmen. Jemand zu folgen heißt, dass man die eigene Klarheit verneint, die eigene Fähigkeit, den Dingen auf den Grund zu gehen, die eigene Integrität und Aufrichtigkeit; aber es heißt auch, dass der Beweggrund eine Belohnung ist. Die Wahrheit ist keine Belohnung! Wenn man verstehen will, was Wahrheit ist, muss jede Form von Belohnung oder Bestrafung völlig außer Acht gelassen werden. Autorität wird von Angst begleitet, und diszipliniert man sich aus Angst, dass man nicht bekommt, was ein Ausbeuter im Namen der Wahrheit oder als Erfahrung verspricht, so verneint man damit seine eigene Klarheit und Aufrichtigkeit.

      Wenn Sie sagen, Sie müssen meditieren, Sie müssen einem bestimmten Weg folgen oder eine bestimmte Technik praktizieren, dann konditionieren Sie sich ganz offensichtlich im Sinne dieses Systems oder dieser Technik. Vielleicht erreichen Sie das, was die Methode verspricht, aber es wird Asche in Ihren Händen sein, denn das dahinterstehende Motiv ist das Streben nach Erfolg, und dieses Streben entspringt der Angst.

      Zwischen Ihnen und mir gibt es keine Autorität. Der Redner beansprucht keinerlei Autorität. Er versucht nicht, Sie von irgendetwas zu überzeugen, und fordert Sie nicht auf, ihm zu folgen. Wenn Sie jemandem folgen, zerstören Sie diese Person. Der Jünger zerstört den Meister, und der Meister zerstört den Jünger. Sie können das in der Geschichte sehen und auch im täglichen Leben: Wenn Eheleute einander dominieren, zerstören sie sich gegenseitig. Darin gibt es keine Freiheit, keine Schönheit und keine Liebe.

      Wenn wir nicht das richtige Fundament legen, ein Fundament der Ordnung, mit klarer Linie und Tiefe, wird das Denken unweigerlich quälend, trügerisch, unwirklich und daher wertlos werden. Das Schaffen dieser Grundlage, dieser Ordnung ist der Anfang der Meditation. Unser Leben, dieses tägliche Leben, das wir vom Augenblick unserer Geburt bis zu unserem Tode führen, mit Heirat, Kindern, Beruf, Erfolgen, ist ein Schlachtfeld, nicht nur in uns selbst, sondern auch in der Außenwelt, in der Familie, im Büro, in Gruppierungen, in der Gesellschaft. Unser Leben ist ein ständiger Kampf. Das nennen wir Leben. Schmerz, Angst, Verzweiflung, Sorgen, ständig von unendlichem Leid überschattet.

      Eine kleine Minderheit kann vielleicht dieses Chaos betrachten, ohne äußerliche Entschuldigungen für dieses Durcheinander zu finden, obwohl es auch äußere Ursachen gibt. Eine kleine Minderheit kann vielleicht dieses Chaos betrachten, es erfassen, es nicht nur auf der bewussten Ebene anschauen, sondern auch auf einer tieferen und dabei diese Unordnung, diese Verwirrung, dieses beängstigende Chaos im Innern und in der Welt weder hinnehmen noch ablehnen. Es ist immer eine kleine Minderheit, die eine entscheidende Veränderung bewirkt.

      Insbesondere im Westen ist schon viel über das Unbewusste geschrieben worden. Man hat ihm eine außerordentliche Bedeutung beigemessen. Aber es ist genauso trivial, genauso oberflächlich wie der bewusste Geist. Das können Sie selbst beobachten. Und wenn Sie das tun, werden Sie sehen, dass das, was wir das Unbewusste nennen, Überbleibsel des ethnischen, kulturellen und familiären Hintergrundes, der eigenen Antriebe und Sehnsüchte sind. Sie sind da, im Verborgenen. Und der bewusste Geist ist mit den Gewohnheiten des Alltagsleben beschäftigt: ins Büro gehen, Sex und so weiter. Es scheint ziemlich sinnlos, der einen oder anderen Bewusstseinsebene besondere Bedeutung beizumessen. Beide sind ziemlich bedeutungslos, abgesehen davon, dass der bewusste Geist technisches Wissen besitzen muss, um damit einen Lebensunterhalt zu verdienen.

      Dieser ständige Kampf im Innern, sowohl auf der tieferen Ebene als auch an der Oberfläche, ist unsere Art zu leben. Es ist eine Art und Weise voll Unordnung, voll Disharmonie, Widersprüchlichkeit und Leid, und für einen Geist, der darin verstrickt ist, ist der Versuch zu meditieren bedeutungslos, ja infantil. Meditieren heißt, Ordnung in dieses Chaos zu bringen, aber nicht durch Bemühen, denn jegliche Form von Bemühen oder Anstrengung trübt den Geist. Um Wahrheit erkennen zu können, muss der Geist absolut klar sein, ohne jegliche Verzerrungen, ohne irgendeinen Zwang, ohne irgendeine Richtung.

      Man muss also die Grundlage schaffen. Das heißt, dass Tugend notwendig ist, und Ordnung ist Tugend. Diese Tugend hat nicht das geringste mit der gesellschaftlichen Moral zu tun, die wir gemeinhin akzeptieren. Die Gesellschaft hat uns eine bestimmte Moral aufgezwungen, aber die Gesellschaft ist nichts anderes als das Produkt jedes einzelnen Menschen. Die Gesellschaft mit ihrer Moral sagt, dass Sie gierig sein können, dass Sie andere im Namen Gottes, im Namen ihres Landes, im Namen eines Ideals töten dürfen, dass Sie ehrgeizig und neidisch sein können, im Rahmen der Gesetze. Aber eine solche Moral ist überhaupt keine Moral. Diese Moral müssen Sie in Ihrem Innern völlig verwerfen, um tugendhaft zu sein. Das ist die Schönheit der Tugend; Tugend ist keine Gewohnheit, nichts, was Sie Tag für Tag praktizieren. Das wäre etwas Mechanisches, eine Routine und ohne Bedeutung; aber echte Tugend bedeutet, die Unordnung zu verstehen, die Unordnung der Widersprüchlichkeit in uns selbst, die Unordnung durch die Tyrannei der verschiedenen Wünsche und Bestrebungen, der Gier, des Neids und der Angst. Das sind die Ursachen für das Chaos in uns selbst und in der Außenwelt. Wenn man sich dessen bewusst ist, ist man in Kontakt mit der Unordnung. Und Sie können damit nur in Kontakt sein, wenn sie von Ihnen nicht abgestritten wird, wenn Sie dafür keine Entschuldigungen finden, wenn Sie nicht anderen die Schuld daran geben.

      Ordnung ist kein Zustand, den man schaffen kann – allein im Verwerfen der Unordnung ist Ordnung da. Tugend, die gleichbedeutend mit Ordnung ist, ergibt sich aus dem Verstehen der ganzen Natur und Struktur der Unordnung. Das ist ziemlich einfach, wenn wir in unserem eigenen Innern beobachten, wie konfus und widersprüchlich wir sind: Wir hassen, und wir glauben, dass wir lieben – das ist der Beginn der Unordnung, der Gegensätzlichkeit, und Tugend geht nicht aus der Gegensätzlichkeit hervor. Tugend ist etwas Lebendiges, das täglich wieder aufzugreifen und niemals eine Wiederholung dessen ist, was Sie gestern Tugend nannten. Das wäre etwas Mechanisches, Wertloses. Es muss also Ordnung da sein, und das ist Teil der Meditation.

      Ordnung ist Schönheit, und es gibt so wenig Schönheit in unserem Leben. Schönheit ist nicht vom Menschen geschaffen; sie ist nicht in einem Bild zu finden, wie modern oder alt es auch ist: sie ist nicht in einem Gebäude, einer Statue, einer Wolke, einem Blatt oder auf dem Wasser. Schönheit ist dort, wo Ordnung ist – ein Geist, der nicht verwirrt ist, in dem absolute Ordnung herrscht. Und Ordnung kann nur dort sein, wo es zur völligen Selbstverleugnung kommt, wenn das »Ich« keinerlei Bedeutung hat. Das Ende des »Ich« ist Teil der Meditation, das ist die einzig wahre Meditation.

      Sie haben im Denken gelebt. Sie haben dem Denken ungeheure Bedeutung verliehen, doch das Denken ist alt; es ist niemals neu, sondern einfach nur das Festhalten an Erinnerungen. Wenn Sie so leben,

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