Gretge. „mit Hexen verwandt, als Hexe verbrannt“. Jürgen Hoops von Scheeßel

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Gretge. „mit Hexen verwandt, als Hexe verbrannt“ - Jürgen Hoops von Scheeßel

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      und verleugne unsern Herrn Gott

      und seine zehn Gebot.“

      Nun fuhr es Trine in die Glieder, und sie fürchtete sich ein wenig, zumindest war es ihr nicht sehr geheuer. Aus der Ferne hörte sie einen Wolf heulen und der Vollmond stand am Himmel, als grinse er sie hämisch an. Ihre Laterne warf Schatten, die das Bild für Trine noch mehr verzerrten.

      Gretge hingegen war sichtlich zufrieden, schien sie doch davon überzeugt, Trine mächtig beeindruckt zu haben, was im Grunde genommen ja auch stimmte.

      Diese Begebenheit sollte noch ein tödliches Nachspiel haben. Trine war sich nun sicher, Gretge hatte die jungen Männer mit ihren Zauberkünsten verhext. Das würde sie dieser dummen Gans heimzahlen, dachte sich Trine. Im Hause Höborg angekommen, atmete sie erst einmal durch und schlicht sich in ihren Schlafkoven, während Gretge noch auf dem Abort, welches wenige Schritte vom Haus auf dem Hof stand, saß, um die viele Flüssigkeit wieder los zu werden. Sie hatte die Laterne mitgenommen.

      Als sie ins Haus trat, war schon alles still und Trine schien bereits zu schlafen. So zog sich Gretge das Kleid aus, legte sich mit dem Unterhemd, welches knielang war, in ihren Schlafkoven und zog die hölzerne Lade vorsichtig zu. Der Alkohol schlug nun zu und versetzte sie in einen tiefen Schlaf, wobei sie mit einem zufriedenen Lächeln einschlief.

      Den Nachtwächter hörte Gretge schon nicht mehr, während Trine noch lange wach lag und ihn hörte, wie er durch die Gassen ging und rief „Liebe Leut, lasst Euch sagen, unsere Uhr hat Drei geschlagen“. Auch sie schlief ein, wachte morgens aber mit dem Gefühl auf, keine Sekunde geschlafen zu haben. Sie hörte aber nichts, und das war ungewohnt, denn sonst war Gretge schon längst am Verrichten ihrer morgendlichen Pflichten.

      IV

      Trine schob den Holzladen ihres Schlafkovens beiseite, schwang ihre Beine heraus und ließ die Füße heraus-baumeln. Sie hatte einen leichten Kater, stand dennoch auf, ging den Schritt zu Gretges Schlafkoven, der noch geschlossen war.

      Sie lauschte und hörte ein leises Schnarchen, traute sich zunächst aber nicht, Gretge zu wecken. Dann überlegte sie sich, wenn sie es nicht täte, würde sie vom Hausherrn verantwortlich gemacht werden, wenn das Feuer nicht geschürt und das Frühstück nicht fertig war.

      Also öffnete sie ganz sachte die Holzlade von Gretges Koven und schaute vorsichtig durch den Spalt, der etwas Licht auf Gretges Gesicht schienen ließ. Sie sah ihre junge Cousine friedlich schnarchend schlafen. Als sie diese wecken wollte, schreckte sie zurück, sie könnte sie ja verzaubern.

      Dann stupste sie Gretge vorsichtig mit dem Zeigefinger an der Schulter, immer und immer wieder, bis Gretge die Augen aufschlug und Trine erschrocken, aber noch sehr verschlafen ansah.

      Trine fasste allen Mut zusammen und stauchte sie zusammen, was ihr einfiele, noch im Koven zu liegen und sie als Großmagd müsse sie wecken.

      Gretge sah sie nun erschrocken an und entschuldigte sich, sprang aus der Koje, schlüpfte ins Kleid und rannte in die Küche. Das Feuer war aus. Sie befreite den Eisenherd von der Asche und machte Feuer, bereitete das Frühstück und erledigte ihre Pflichten, wobei ihr der Schädel um die Augen pochte und sie das Gefühl hatte, jemand würde ihr mit einem Dreschflegel auf den Kopf hauen.

      Höborgs bemerkte zwar, dass ihre beiden weiblichen Bediensteten heute gar schrecklich aussahen und ein wenig unordentlich und unkoordiniert ihre Pflichten versahen, sagten aber nichts, denn sie hatten am Abend zuvor selbst reichlich getrunken und laute Stimmen waren ihnen unan-genehm. Trine kümmerte sich heute mehr um die Kinder, während Gretge sich um die Tiere und den Haushalt bemühte.

      Die nächsten Tage stritten sie noch sehr heftig miteinander, und Trine provozierte Gretge noch zu vielen für sie schädlichen Aussagen, die Trine später zu nutzen wusste.

      In aller Munde war, dass Hexen am Hexensabbat mit dem Teufel ihr Ungemach trieben und schauerliche Dinge machten, von denen die Alten an manchen Abenden ehrfürchtig erzählten.

      V

      Zwei Wochen später erkrankte Anna Catharina, die jüngste Tochter im Hause. Der herbeigeeilte Arzt konnte keine Ursache feststellen und schon gar nicht helfen. Er sprach davon, dass es sehr ungewöhnliche Symptome seien, bei denen auch der Aderlass keine Abhilfe geschaffen hatte.

      Er ließ das arme Kind dennoch jeden Tag zur Ader, und nach einer Woche wachte es morgens nicht mehr auf. Gretge fand sie leblos im Kinderbettchen und schrie auf „Oh Gott, dat Kind is doot bleben.“ Sofort war die ganze Familie Höborg auf, und das Wehklagen war groß.

      Trine verdächtigte Gretge vom ersten Augenblick an, an dem Tod des Kindes Schuld gewesen zu sein und es durch Zauberkräfte getötet zu haben. Es machte ihr zu viel Arbeit, und manches Mal hatte Gretge sich über die Anstrengungen mit der Betreuung der Kinder, ins-besondere mit der jüngsten Tochter, bei Trine beklagt.

      Nun hatte Gretge das Kind tot gezaubert, um nicht mehr so viel arbeiten zu müssen, dachte Trine, traute sich aber nicht, den Verdacht auszusprechen.

      Wenige Wochen danach bat Trine die Herrschaften, sie aus den Diensten zu entlassen, denn sie wollte heiraten und trüge schon ein ungeborenes Kind unter dem Herzen. Das war zwar alles gelogen, aber Trine wusste sich nicht anders zu helfen, von hier wegzukommen.

      Trines Eltern waren längst tot und sie war bei Pflegeeltern in Oldenhöfen aufgewachsen. Voller Neid hatte sie Gretges Erzählungen immer wieder zuhören müssen, wie sehr sich ihre Mutter um sie kümmerte und dass sie Geschwister hatte. Trines Pflegemutter hatte noch eigene Kinder und da stand Trine als Pflege- und Einzelkind stets hinten an. Das tat ihr weh.

      Trine durfte ihre Stellung verlassen.

      VI

      Beim nächsten Besuch ihrer Pflegeeltern ging Trine mit zum Kirchgang nach Scheeßel. Wovon der Herr Pastor in seiner Predigt sprach, bekam sie gar nicht mit.

      Sie hatte Gretges Nachbarin Dorothea Holsten gesehen und wusste, dass diese gerne jedem über Gretges Mutter und deren Hexenmutter erzählte, auch wenn er es gar nicht hören wollte. Sie grübelte die ganze Zeit nach, wie sie es anstellen sollte, Dorothea davon zu erzählen, was ihre Cousine ihr in der Fastnacht und danach alles so erzählt hatte und was sie alles selbst miterlebte.

      Das Läuten der Glocken zum Ende des Gottesdienstes ließ sie aus ihren Gedanken aufschrecken und in die reale Welt zurückkehren. Während sich die Menschen nach der Predigt stets auf dem Kirchplatz zum Schnacken und Klönen trafen, bevor viele in den Krug zu Bier und Korn verschwanden, schob sich Trine langsam an Dorothea heran. In einem günstigen Augenblick zupfte sie ihr am Kleid und bat sie kurz zur Seite, um ihr etwas sehr Wichtiges zu erzählen.

      Dorothea bekam immer spitze Ohren, wenn es etwas Neues gab. Sie war so eine Art Zeitung im Kirchspiel, die alles hörte, besonders das, was sie nicht hören sollte und immer alles wusste, meist schon, bevor es geschehen war. Ihre Augen wurden immer größer, als sie hörte, was ihr Trine da so alles berichtete.

      Das hatte sie immer schon gewusst, konnte es aber nie beweisen, dachte sie, während Trine weiter erzählte. Kaum hatte Trine ihre Geschichte zum Ende gebracht, drehte sich Dorothea um und berichtete sogleich das Neuste, wen sie gerade zu fassen bekam.

      Nun begann das Unglück, seinen Lauf

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