Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft. Группа авторов

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Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft - Группа авторов Schriftenreihe zum kirchlichen Arbeitsrecht

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und Einrichtungen in Pastoral, Bildung und Caritas müssen die Menschen, für die wir da sind, im Mittelpunkt stehen. Genauso wichtig ist allerdings, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diese Dienste leisten, im Mittelpunkt der Sorge und Verantwortung der verantwortlichen Träger und Leitungen stehen müssen.“31

      In allen diesen Bereichen der Finanzen, der Mitarbeitenden und dem Selbstverständnis und der Identität kirchlicher Träger und Dienste stehen wir zurzeit in einem Wandel des Bestehenden. Der arbeitsrechtliche Dritte Weg wird zunehmend in Frage gestellt. Das Selbstbestimmungsrecht der Kirche wird durch die aktuellen Urteile des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesarbeitsgerichts neu zu bestimmen sein. Die Loyalitätsanforderungen werden der Realität angepasst. Die Glaubwürdigkeit der Kirche und kirchlicher Arbeitgeber wird auch unter dem Aspekt Umgang mit Sexualität und den Missbrauchsfällen (spiritueller, sexueller, pädophiler etc.) auf den Prüfstand gestellt. Die arbeitsrechtliche Grundordnung des kirchlichen Dienstes seit 2015 muss an vielen Stellen noch umgesetzt werden.

      Doch für diesen Wandel der Ära gilt das, was Paulus im Römerbrief zum Wandel sagte:

      „Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euch durch ein neues Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist.“ (Röm 12,2)

      Feldhoff sagt:

      Es geht vor allem „um die Kultur in unseren Einrichtungen und Diensten. Es schadet der Glaubwürdigkeit der Kirche, wenn wir nach außen für ‚Dienstgemeinschaft‘ eintreten, in unseren Unternehmen aber kaum etwas von Gemeinschaft des Dienstes zu spüren ist.“32

      V. Transformation und Re-Kontextualisierung des kirchlichen Dienstes

      Die soziologischen Untersuchungen und Reflexionen über die neue Ära, in deren Übergang wir uns befinden, bezeichnen diesen Übergang mit dem Begriff der „Transformation“33. Wenn, wie Papst Franziskus sagt, wir nicht in einer Ära des Wandels leben, sondern den Wandel einer Ära erleben, dann erleben wir Transformationsprozesse in allen Bereichen der Lebenswelten, der Arbeitswelten, der Organisationen, Institutionen und Strukturen, der gesellschaftlichen, politischen und sozialen Entwicklungen. Bezüglich des kirchlichen Dienstes müssen wir daher auch von einer Transformation sprechen. Die Novellierung der Grundordnung von Seiten der deutschen Bischöfe 2015 und damit die Reform des kirchlichen Arbeitsrechts war ein solcher Transformationsprozess.

      Weiterhin: Wenn die neue Ära dieser Transformation eine Ära der Digitalisierung, der Schnelllebigkeit, der Flüchtigkeit, der Pluralität, Fluidität, postmoderner Lebensformen und Lebenswelten ist, wie wir es im zweiten Abschnitt skizziert haben, dann stellt sich auch die Frage nach der Begründung und Bedeutung des kirchlichen Dienstes in dieser neuen Ära.

      Diese Transformationen, die es in der vergangenen Geschichte schon mehrfach gab (z. B. Renaissance, Humanismus, Reformation, Aufklärung, Industrialisierung, Säkularisierung, Modernisierung) wird für den Bereich der kirchlichen Verkündigung und Religionspädagogik mit dem Begriff „ Re-Kontextualisierung“34 bezeichnet. Re-Kontextualisierung bedeutet „Neuwerdung bei gleichzeitiger Bewahrung des Ursprünglichen“35. Dies bedeutet, dass immer wieder das Ursprüngliche in die neuen, sich wandelnden Kontexte neu verordnet und eingebunden werden muss, um erhalten zu bleiben.

      So hat auch die Kirche viele solche Re-Kontextualisierungsprozesse (z. B. das II. Vatikanische Konzil) erlebt und vollzogen. Re-Kontextualisierung beinhaltet zwar eine grundlegende Erneuerung, sie bedeutet aber nicht den Verlust des eigentlichen und zum Beispiel in der Kirche und ihrer Geschichte die Erfindung eines völlig anderen Glaubens. Im Gegenteil: Durch die jeweiligen Re-Kontextualisierungen im Christentum konnte das Wesentliche des christlichen Glaubens gerade durch die Zeiten bewahrt werden.

      In Zeiten der Transformation braucht es bei der Wahrnehmung der Zeitdiagnosen (Zeichen der Zeit) eine Rückbesinnung auf das Wesentliche, auf das Ursprüngliche. Siegfried Klostermann erinnert in seinem Buch „Management im kirchlichen Dienst“36 angesichts veränderter Zeiten und Rahmenbedingungen an die Notwendigkeit, sich des Grundes kirchlicher Trägerschaft und des Wesens des kirchlichen Dienstes wieder zu vergewissern.

      „Wie jeder Wandel braucht auch der Gestaltwandel kirchlicher Trägerschaft eine Konstante - eine Mitte, die bei aller Veränderung unverändert bleibt. (…) Eine Veränderung, die die eigene Identität verdrängt, eine Veränderung, die auslöscht, was unverwechselbare Eigenart, Existenzgrund und kulturelles Selbstverständnis ist, wäre mehr als Umgestaltung von Strukturen und Arbeitsweisen - eine solche Veränderung würde die offene oder schleichende Auflösung kirchlicher Trägerschaft bedeuten.“37

      Klostermann empfiehlt dabei einen Rückblick und eine Rückbesinnung auf die Gründungsgeschichte kirchlicher Trägerschaft38 und bringt es auf die kurze Formel: „Innovation durch Selbsterkundung.“39 In der Auseinandersetzung und Begegnung mit dem eigenen Ursprung, den ersten Anfängen und der Geschichte der eigenen Herkunft und der eigenen Gemeinschaft ereignen sich neue Impulse und Perspektiven. Die Begegnung mit dem Ursprung bedeutet auch, den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung, der für das Entstehen der Trägerschaft grundlegend war, für das eigene Dasein, das Hier und Jetzt, das Sein in der Transformation neu zu begreifen. Gleiches gilt auch für den kirchlichen Dienst und die Dienstgemeinschaft in den kirchlichen Trägerschaften und Einrichtungen.

      Kirchliche Einrichtungen und der kirchliche Dienst könnten dann sogar zu einem Ort der Unterbrechung werden. In der neuen Ära der pluriformen Moderne braucht es solche Unterbrechungen. Es braucht Orte der Dauerhaftigkeit, es braucht Orte der Zuverlässigkeit und Geborgenheit, Orte der Orientierung, Orte der Solidarität und Nächstenliebe, Orte der Hoffnung, Orte der Wahrheit und der Ganzheitlichkeit des Blicks auf den Menschen. Diese Orte der Unterbrechung des kirchlichen Dienstes, Trägerschaften und Dienstgemeinschaften sind Ausdruck einer Transformation und Re-Kontextualisierung. Und ohne Glaube und Vertrauen auf eine Wirklichkeit, die über das Hier und Jetzt hinausgeht, die größer ist als die Sorge um das eigene Leben, ohne persönliche Zuwendung zum Anderen, zum Nächsten - was wir mit dem Wort „Caritas“ bezeichnen - werden kirchliche Einrichtungen und der kirchliche Dienst seine christliche Botschaft nicht mehr überzeugend und glaubwürdig näherbringen können.

      Norbert Feldhoff schloss seinen Vortrag beim „Dialogform Theologie“ des Caritasverbandes der Diözese Rottenburg-Stuttgart am 6. Juli 2009 mit folgenden Worten, die auch als Schlussworte dieses Beitrags dienen sollen:

      „Noch ein Hinweis auf das, was Papst Johannes Paul II. in seinem apostolischen Schreiben zur Jahrtausendwende über die Bedeutung der Liebe für die kirchliche Gemeinschaft gesagt hat und was den Begriff Dienstgemeinschaft theologisch stärker füllen könnte. ‚Aus der innerkirchlichen Gemeinschaft öffnet sich die Liebe, wie es ihrer Natur entspricht, auf den universalen Dienst hin und stellt uns in den Einsatz einer tätigen, konkreten Liebe zu jedem Menschen. Das ist ein Bereich, der das christliche Leben, den kirchlichen Stil und die pastorale Planung gleichermaßen bestimmt und kennzeichnet.‘ Trotz aller Leistungsanforderungen, denen auch kirchliche Unternehmen unterliegen, trotz aller Unterschiede der Mitarbeiter nach Stellung, Verantwortung und Gehalt sollte der Stil des Umgangs miteinander von der Liebe geprägt sein - besonders dann, wenn wir uns ‚Caritas‘ nennen.“40

      In Umsetzung dieses Grundverständnisses ist kirchlicher Dienst in der pluriformen Moderne ein Ort von Kirche.

      1 Vgl. Kasper, Katholische Kirche. Wesen, Wirklichkeit und Sendung, 2011.

      2 Vgl. Zulehner, Neue Schläuche für jungen Wein. Unterwegs in einer neuen Ära der Kirche, 2017, S. 13.

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