Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft. Группа авторов

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Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft - Группа авторов Schriftenreihe zum kirchlichen Arbeitsrecht

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      Schon diese macht deutlich: Wir wollen die Kirchen - und vielleicht sogar: wir brauchen die Kirchen - als Partner. Und so hat ein berühmter Kölner schon vor mehr als 60 Jahren ausgesprochen, dass nicht nur das soziale Engagement, das die Institutionen leisten, wichtig für unsere Gesellschaft ist, sondern mehr noch, Ihr Bemühen, die Notwendigkeit der Nächstenliebe im Bewusstsein eines jeden einzelnen zu verankern. Heinrich Böll, unbequemer Katholik und doch so ernsthafter Christ, schrieb:

      „Ich überlasse es jedem einzelnen sich den Alptraum einer heidnischen Welt vorzustellen oder eine Welt, in der Gottlosigkeit konsequent praktiziert würde: den Menschen in die Hände des Menschen fallen zu lassen … Unter Christen ist Barmherzigkeit wenigstens möglich, hin und wieder gibt es sie: Christen, und wo einer auftritt, gerät die Welt in Staunen. 800 Millionen Menschen auf dieser Welt haben die Möglichkeit, die Welt in Erstaunen zu setzen. Vielleicht machen einige von dieser Möglichkeit Gebrauch. Selbst die allerschlechteste christliche Welt würde ich der besten heidnischen vorziehen, weil es in einer christlichen Welt Raum gibt für die, denen keine heidnische Welt je Raum gab: für Krüppel und Kranke, Alte und Schwache, und mehr noch als Raum gab es für sie: Liebe für die die der heidnischen wie der gottlosen Welt nutzlos erschienen und erscheinen…“11

      In welcher besonderen Beziehung Heinrich Böll und Norbert Feldhoff zueinander standen, sei nur colorandi causa erwähnt. Aber dass es ausgerechnet der Jubilar war, der dem aus der Kirche ausgetretenen Böll eine kirchliche Beerdigung ermöglichte, weil es dessen ausdrücklicher Wunsch gewesen war und dieser „doch in der Wurzel katholisch geblieben“12 sei, leuchtet typische Facetten beider Charaktere aus. Allerdings – so führt Feldhoff augenzwinkernd aus – : „Wie Dichter halt sind, war das eine eigens zugeschnittene Katholizität.“13

      VI. Und eben deshalb: Das wesentliche im kirchlichen Dienst

      Wer sich dieser Wurzeln bewusst wird, wird schnell merken, das kirchliches Arbeitsrecht, um das heute so sehr gerungen wird und von dem diese Festschrift so viel erzählt,14 gewiss nicht der zentrale Punkt des Gelingens oder Scheiterns der Kirche in dieser Welt ist. Schon das Arbeitsgericht Hamburg formuliert vor einigen Jahre fast hellsichtig:

      „Im Streitfall muss die religiöse Prägung einer Einrichtung, die sich auf die Bereichsausnahme des § 118 Abs. 2 BetrVG beruft, von dieser dargelegt und gegebenenfalls auch bewiesen werden. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 4) steht den Religionsgemeinschaften nicht das Recht zu, im Wege der Selbstdefinition darüber zu befinden, was religionsgemeinschaftliche Angelegenheiten i.S. des Art. 137 Abs. 3 WRV sind (vgl. Sachs-Ehlers, GG, 3. Aufl., Art. 137WRV, Rn. 6 mit Nachweis der gegenteiligen Auffassung). Es kann dahin stehen, inwieweit es den Kirchen überlassen bleibt, verbindlich zu bestimmen, was die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihre Verkündung erfordern, was spezifisch kircheneigene Aufgaben sind, was Nähe zu ihnen bedeutet, welches die wesentlichen Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre sind und was gegebenenfalls als schwerer Verstoß gegen diese anzusehen ist …. Darum geht es hier nicht. Ebenso wenig steht hier das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen im Hinblick auf die Entscheidung in Frage, durch welche Mittel und Einrichtungen sie ihren Auftrag in der Welt wahrnehmen will. §118 Abs. 2 BetrVG setzt, wie dargelegt, nicht nur voraus, dass eine Religionsgemeinschaft eine Einrichtung zum Mittel der Glaubensverwirklichung bestimmt hat. Maßgeblich ist vielmehr, dass diese Bestimmung auch tatsächlich verwirklicht wird, d.h., dass der Charakter der Einrichtung durch die Glaubensinhalte der betreffenden Religionsgemeinschaft geprägt wird ….

      Es geht um den Schutz realer Religionsausübung, nicht um die Sicherung potentieller Sphären. Maßgebend sind nicht Ursprung, Anspruch oder Motiv, entscheidend ist die Wirklichkeit (a. A. BAG Beschluss vom 9.2.1982, AP Nr. 24 zu § 118 BetrVG 1972, wonach der Zeck der Trägers ausschlaggebend sein soll).

      In diesem Sinn war zu überprüfen, ob in der Einrichtung der von der Kirche definierte christliche Auftrag verwirklicht wird …, oder ob die Gesellschaft wie jeder andere Träger auch (verdienstvollerweise) unter ausschließlicher Verwendung öffentlicher Gelder ein Langzeitarbeitslosenprojekt betreibt.“15

      Das erteilt überzeugend eine Absage an alle, die die Kirchlichkeit einer Einrichtung zunächst durch das Recht sichern wollen – und durch das Privatleben ihrer Arbeitnehmer. Entscheidend ist die Tätigkeit selbst, und wie und aus welchem Geist heraus sie vollzogen und wahrgenommen wird. Das klingt für den, der sich mit der Materie näher befasst, sehr säkular, und die Entscheidung wurde vom LAG auch wieder aufgehoben.16 Und doch trifft sich das Gesagte auch mit dem, was in Deus caritas est an anderer Stelle steht:

      „Was nun den Dienst der Menschen an den Leidenden betrifft, so ist zunächst berufliche Kompetenz nötig: Die Helfer müssen so ausgebildet sein, daß sie das Rechte auf rechte Weise tun und dann für die weitere Betreuung Sorge tragen können. Berufliche Kompetenz ist eine erste, grundlegende Notwendigkeit, aber sie allein genügt nicht. Es geht ja um Menschen, und Menschen brauchen immer mehr als eine bloß technisch richtige Behandlung. Sie brauchen Menschlichkeit. Sie brauchen die Zuwendung des Herzens. Für alle, die in den karitativen Organisationen der Kirche tätig sind, muß es kennzeichnend sein, daß sie nicht bloß auf gekonnte Weise das jetzt Anstehende tun, sondern sich dem andern mit dem Herzen zuwenden, so daß dieser ihre menschliche Güte zu spüren bekommt. Deswegen brauchen diese Helfer neben und mit der beruflichen Bildung vor allem Herzensbildung: Sie müssen zu jener Begegnung mit Gott in Christus geführt werden, die in ihnen die Liebe weckt und ihnen das Herz für den Nächsten öffnet, so daß Nächstenliebe für sie nicht mehr ein sozusagen von außen auferlegtes Gebot ist, sondern Folge ihres Glaubens, der in der Liebe wirksam wird (vgl. Gal 5,6).“17

      VII. Dank und Ermunterung

      In diesem Sinne schulden wir der Kirche Dank – trotz allem, was an Missständen heute so schmerzlich offenbar wird, was unverzeihlich für viele ist, und was dringend aufgearbeitet werden muss. Vergessen wir dabei nicht – wie es im Vorwort dieser Festschrift heißt – die kraftvolle, die strahlende Seite der Kirche, die überzeugend für das eintritt, für das sie berufen ist. Allen, die an diesem Dienst teilhaben, schuldet die Gesellschaft dank. Und dazu gehört sicherlich auch und vor allem der Jubilar. Auch in diesem Sinne: Ad multos annos!

      1 Deus Caritas est, Nr. 20.

      2 Deus caritas est, Nr. 3.

      3 Vgl. NRW-Landtag, Drucksache 16/2632.

      4 Vgl. NRW-Landtag, APr 16/405.

      5 NRW-Landtag, Entschließungsantrag von SPD und Grünen, 18.03.2014, Drucksache 16/5305.

      6 Erzbistum Köln, Geplanter Einsatz der Kirchensteuererträge 2019 (URL: <https://www.erzbistum-koeln.de/erzbistum/finanzen/wirtschaftsplan2019/geplanter-einsatz/>) (abgerufen am 13.08.2019).

      7 Vgl. Pollack/Müller, Religionsmonitor der Bertelsmann Stiftung 2013, S. 46 ff.

      8 „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann. Das ist das große Wagnis, das er, um der Freiheit willen, eingegangen ist. Als freiheitlicher Staat kann er einerseits nur bestehen, wenn sich die Freiheit, die er seinen Bürgern gewährt, von innen her, aus der moralischen Substanz des einzelnen und der Homogenität der Gesellschaft, reguliert. Anderseits kann er diese inneren Regulierungskräfte nicht von sich aus, das heißt mit den Mitteln des Rechtszwanges und autoritativen Gebots zu garantieren suchen, ohne seine Freiheitlichkeit aufzugeben

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