Tribometrie. Markus Grebe
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Die Oberfläche ist aber nicht nur chemisch schwer zu beschreiben, auch die Bestimmung der wahren Kontaktfläche ist kompliziert. Die wahre Kontaktfläche ist immer um Größenordnungen kleiner als die geometrische Kontaktfläche, die sich beim ebenen Kontakt aus Länge mal Breite berechnet. Die wahre Kontaktfläche hingegen ist die Summe aller Mikrokontakte, die sich aus der elastisch/plastischen Deformation in Abhängigkeit der Normalkraft ergibt.
Abbildung 9: Wahre Kontaktfläche
Betrachtet man einmal, wie sich die wahre Kontaktfläche in Abhängigkeit der Normalkraft ändert, so erkennt man, dass die tatsächliche Berührungsfläche annähernd im selben Maß wächst, wie die Normalkraft. Das bedeutet, dass die reale Flächenpressung quasi immer gleichbleibt (Abbildung 10). Diese Aussage basiert zwar auf einer sehr idealisierten Annahme, sie verdeutlicht allerdings das grundsätzliche Phänomen.
Abbildung 10: Tatsächliche und scheinbare Berührfläche (nach [GÄNS1960])
Wie die wahre Kontaktfläche mit der Normalkraft steigt, lässt sich schön mit einem transparentem Silikonstempel auf einer rauen Oberfläche zeigen (Abbildung 11).
Abbildung 11: Ausbildung der wahren Kontaktfläche zwischen einem Silikonstempel und einer rauen Oberfläche [PERS2009]
Um die wahre Kontaktfläche berechnen oder zumindest abschätzen zu können, ist eine genaue Beschreibung der Oberflächen notwendig. Die entsprechenden 2D- und 3D-Rauheits- und Topografiekennwerten werden im Kapitel 8 behandelt.
2.2.4 Kontaktzustand
Wie Grund- und Gegenkörper miteinander in Kontakt kommen, wird vom Kontaktzustand beschrieben. Hier unterscheidet man die geometrische Konformität, die Form der Tribokontaktfläche und das Eingriffsverhältnis (Abbildung 12).
Abbildung 12: Beschreibung des Kontaktzustandes
Die geometrische Konformität (Schmiegung) beeinflusst vorwiegend die Pressung und im Falle eines geschmierten Systems das hydrodynamische Verhalten. Hier unterscheidet man konforme und kontraforme Kontakte. Ebenfalls für die Pressung und das Schmierungsverhalten relevant ist, ob ein Flächen-, Linien- oder Punktkontakt vorliegt. Die Schmierung und die Kontaktart beeinflussen die Pressung im Bereich von mehreren Zehnerpotenzen. So liegen typische Pressungen für technische Systeme im Flächenkontakte im Bereich unter 150 N/mms2; für Linienkontakte unter 1500 N/mm2 wohingegen Punktkontakte häufig Pressungen deutlich über einem Gigapascal aufweisen.
Die Pressung in einem Punkt- oder Linienkontakt lässt sich relativ einfach mit den Formeln nach Hertz berechnen [HERT1881]. Obwohl diese nun über 140 Jahre alt sind, ergeben sich mit diesen Formeln bereits sehr gute Näherungswerte, die für Abschätzungen in aller Regel vollkommen ausreichen.
Abbildung 13: Pressungsberechnung mit den Formeln nach Hertz (in Anlehnung an [WITT1991])
Die Hertzschen Formeln wurden erst im Jahre 1971 von JOHNSON, KENDAL und ROBERTS um die Adhäsionskräfte erweitert (JKR-Theorie [JOHN1971]). Weitere Forscher entwickelten ähnliche Theorien, die sich aber nur gering in den Ergebnissen unterscheiden, sodass sich die JKR-Theorie durchgesetzt hat. Der wesentliche Unterschied zum nicht-adhäsiven Kontakt besteht darin, dass an den Rändern des Kontaktgebietes die Spannung nicht null ist, sondern einen unendlich großen negativen Wert annimmt. Die Berücksichtigung der endlichen Reichweite der Adhäsionskräfte beseitigt in der Realität diese Singularität. Dennoch erreichen die Spannungen laut POPOV an den Rändern eines adhäsiven Kontaktgebietes relativ große Werte in der Größenordnung der theoretischen Festigkeit der Van-der-Waals-Bindungen [POPO2009].
Neben den absoluten Pressungen ist auch die Spannungsverteilung für die Beanspruchung entscheidend. So tritt bei einem statisch belasteten Walzenpaar die Maximalspannung in einer Tiefe von 0,78-mal der halben Kontaktbreite auf (Abbildung 14). Das bedeutet, dass der Ort der Rissentstehung voraussichtlich unter der Oberfläche liegen wird (zum Beispiel bei Zahnrädern bei ausreichender Schmierung).
Abbildung 14: Spannungsverteilung bei einem Walzenpaar und passend skaliertes Schliffbild mit einem Riss in der Tiefe (in Anlehnung an [BROS1982])
Die Formeln nach Hertz basieren allerdings auf einigen idealisierten Annahmen. So gelten sie nur für isotope und rein elastische Körper mit ideal glatten Oberflächen. Daneben gelten sie ausschließlich für den statischen Fall. Betrachtet man nun eine dynamische Beanspruchung, so verschieben sich die Spannungsmaxima in Richtung der Oberfläche. Die nachfolgende Abbildung zeigt, wie mit steigendem Reibwert das Spannungsmaxima an die Oberfläche wandert (Abbildung 15).
Abbildung 15: Spannungsmaxima mit steigendem Reibwert (in Anlehnung an [BROS1982])
2.2.5 Schmierungszustand
In geschmierten Systemen ist die tribologische Beanspruchung stark von den hydrodynamischen Bedingungen abhängig. Eine vereinfachte, idealisierte aber sehr bekannte Darstellung ist die sogenannte Stribeckkurve. Sie zeigt, wie sich der Reibungskoeffizient eines geschmierten Gleitlagers mit steigender Drehzahl verändert. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich die dynamische Viskosität und die Normalkraft während des Versuchs nicht ändern. Dies ist eine idealisierte Annahme, die in der Praxis häufig so nicht gilt.
Abbildung 16: Idealisierte Stribeckkurve eines geschmierten Radialgleitlagers
Der Begriff Stribeckkurve wird teilweise auch als Synonym für die Veränderung des Reibwertes in Abhängigkeit der Gleitgeschwindigkeit verwendet. Man findet diesen Begriff daher teilweise auch bei trockenen Tribosystemen.