Völkerrecht. Bernhard Kempen

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Völkerrecht - Bernhard  Kempen Grundbegriffe des Rechts

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sind. Drückt die Resolution jedoch bereits bestehendes → Völkergewohnheitsrecht oder → allgemeine Rechtsgrundsätze aus, so ist sie rein deklaratorisch. Als ein Anzeichen für eine opinio iuris kann sie allenfalls zur Bildung von Völkergewohnheitsrecht beitragen. Schließlich ist die Generalversammlung bei ihrer gegenwärtigen Struktur ungeeignet, als Weltgesetzgeber zu fungieren, da in ihr lediglich politische Auffassungen ausgetauscht und taktische Positionen bezogen werden, nicht aber Recht gesetzt werden soll.

2. Inhalt

      Die AEMR enthält 30 Artikel, von denen Art. 29 die Schranken umreißt und Art. 30 eine Auslegung entgegen der Ziele der AEMR verbietet. Sie basiert auf drei Grundpfeilern: erstens, alle Menschen sind frei geboren und gleich in ihren Rechten und ihrer Würde (Art. 1); zweitens, alle genannten Rechte gelten für jedermann ohne jegliche Form von Diskriminierung (Art. 2), und drittens, jedermann hat das Recht auf eine soziale und internationale Ordnung, welche die in der AEMR genannten Rechte und Freiheiten vollständig umsetzt (Art. 28).

      Die Vielzahl der aufgeführten Rechte und Freiheiten lässt sich in fünf Gruppen unterteilen: die Rechte des Individuums, Rechte zur Gewährleistung der persönlichen Sicherheit, Rechte der politischen Teilhabe, wirtschaftliche und soziale Rechte und die Rechte des Soziallebens und der Bewegungsfreiheit.

      Beispiele für die Rechte des → Individuums sind das Recht auf Leben und Freiheit (Art. 3), das Verbot von Sklaverei und Sklavenhandel (Art. 4) sowie das Folterverbot (Art. 5). Ebenso zählen das Recht auf Anerkennung als Rechtsperson (Art. 6) und die Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 7) dazu.

      In die Gruppe der Rechte zur Gewährleistung der persönlichen Sicherheit fallen der Anspruch auf Rechtsschutz (Art. 8), der Schutz vor Verhaftung und Ausweisung (Art. 9), der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 10), die Unschuldsvermutung und das Rückwirkungsverbot (Art. 11), die Freiheitssphäre des Einzelnen (Art. 12) und das Recht auf Asyl (Art. 14).

      Die Rechte der politischen Teilhabe umfassen die Gewissens- und Religionsfreiheit (Art. 18), die Äußerungs- und Informationsfreiheit (Art. 19), die Versammlungs- und Vereinsfreiheit (Art. 20) und das allgemeine und gleiche Wahlrecht (Art. 21).

      Zu den wirtschaftlichen und sozialen Rechten zählen die Gewährleistung des Eigentums (Art. 17), das Recht auf Arbeit und gleichen Lohn, die Koalitionsfreiheit (Art. 23), das Recht auf Erholung und Freizeit (Art. 24), das Recht auf soziale Betreuung (Art. 25) sowie das Recht auf kulturelle Betreuung und das Elternrecht (Art. 26).

      Unter die Rechte des Soziallebens und der Bewegungsfreiheit fallen die Freizügigkeit und Auswanderungsfreiheit (Art. 13), das Recht auf Staatsangehörigkeit (Art. 15) und die Freiheit der Eheschließung und der Schutz der Familie (Art. 16).

      Nach Art. 29 Abs. 1 AEMR hat jeder Mensch „Pflichten gegenüber der Gemeinschaft, in der allein die freie und volle Entwicklung seiner Persönlichkeit möglich ist“. Die Ausübung der Rechte ist danach abhängig von den Pflichten des Individuums in der Gemeinschaft. Um welche Pflichten es sich dabei allerdings handelt, sagt die AEMR nicht. Der Bezugnahme auf die freie und volle Entwicklung der Persönlichkeit und das Bestehen einer Gemeinschaft ist zu entnehmen, dass keines der in der AEMR verbrieften Rechte dazu missbraucht werden darf, der Gesellschaft zu schaden oder sie gar zu zerstören.

      Nach Absatz 2 des Art. 29 AEMR ist jeder Mensch „in Ausübung seiner Rechte und Freiheiten nur den Beschränkungen unterworfen, die das Gesetz ausschließlich zu dem Zwecke vorsieht, um die Anerkennung und Achtung der Rechte und Freiheiten der anderen zu gewährleisten und den gerechten Anforderungen der Moral, der öffentlichen Ordnung und der allgemeinen Wohlfahrt in einer demokratischen Gesellschaft zu genügen“. Es dürfen also nur durch Gesetz Beschränkungen erklärt werden und nur zu den Zwecken, die in Absatz 2 ausdrücklich vorgesehen sind. Die erste Einschränkungsmöglichkeit bezieht sich auf die Achtung der Rechte und Freiheiten der anderen. Dies bedeutet, dass keine Freiheit dazu missbraucht werden darf, anderen zu schaden. Die in Art. 19 AEMR beispielsweise implizit gewährleistete Pressefreiheit enthält also nicht die Freiheit, andere in ihrer Ehre zu verletzen oder zu verleumden. Bei den Anforderungen der Moral, der öffentlichen Ordnung und der allgemeinen Wohlfahrt in einer demokratischen Gesellschaft handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die vielfacher Auslegung zugänglich sind. Versteht man unter „öffentlicher Ordnung“ die Gesamtheit jener ungeschriebenen Regeln, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung für ein gedeihliches menschliches Zusammenleben betrachtet wird, so ist deutlich, dass es einem Staat nicht schwerfallen wird, die in der AEMR verbürgten Rechte und Freiheiten einzuschränken. Auch die Berufung auf die Anforderungen der Moral und der allgemeinen Wohlfahrt kann als offizielle Firmierung und Begründung dienen, die dem Einzelnen in der Erklärung gewährten Rechte in großem Umfang einzuschränken. Schließlich ist nicht einheitlich definiert, was eine „demokratische Gesellschaft“ sein solle. Man denke nur daran, dass sich auch die totalitären Staaten des Ostblocks als Demokratien verstanden. Nach Art. 29 Abs. 3 AEMR dürfen die in der Erklärung gewährten Freiheiten und Rechte „in keinem Fall im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen ausgeübt werden“. Da die „Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen“ in erster Linie für die Staaten und nicht für Einzelpersonen Geltung haben, ist Absatz 3 nur so zu verstehen, dass die Rechte und Freiheiten der Erklärung nicht dazu missbraucht werden dürfen, Feindschaft unter den Staaten zu fördern.

      Gemäß Art. 30 AEMR darf keine Bestimmung der Erklärung so ausgelegt werden, dass sich daraus für einen Staat, eine Gruppe oder eine Person irgendein Recht ergibt, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung vorzunehmen, welche auf die Vernichtung der in dieser Erklärung angeführten Rechte und Freiheiten abzielt. Diese Bestimmung enthält eine Warnung an die Staaten sowie an Einzelpersonen und ihre Organisationen, nicht gegen die Ziele der AEMR, den Schutz und die Sicherung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, unter Berufung auf die in der Erklärung verbürgten Rechte und Freiheiten zu agieren. Es sollte auch klargestellt werden, dass die Erklärung niemandem das Recht gibt, die Rechte und Freiheiten anderer zu gefährden.

      Bemerkenswert ist, dass die AEMR für den Fall des Krieges oder eines sonstigen Notstandes keine Einschränkungsmöglichkeiten vorsieht. Die in ihr verbrieften Rechte und Freiheiten sind also auch im Krieg und bei sonstigem Notstand zu beachten.

      A › Allgemeine Rechtsgrundsätze (Bernhard Kempen)

      Lit.:

      G. Jaenicke, Völkerrechtsquellen, in: K. Strupp/H.-J. Schlochauer (Hrsg.), Wörterbuch des Völkerrechts, Bd. III, 2. Aufl., 1962, 766, 770; G. Ress, Rechtsgrundsätze,

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