Pardona 3 - Herz der tausend Welten. Mháire Stritter
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All das war in Myranor allgemein bekannt, für Acuriën war es jedoch völlig neu. Amadena teilte ihr erlangtes Wissen mit ihm, als wollte sie seinen Horizont erweitern, jedoch immer mit Lücken, immer ohne den letzten Schlüssel für das Verständnis ihres Vorgehens, ihrer Pläne. Sie ließ es in seinen Geist sickern und lächelte still und bitter, wenn sein Geist zu rasen begann und er die Fragen hin und her wälzte, warum sie etwas tat, warum sie ihm dieses Wissen gab, warum sie nach dem Erbe einer verlorenen Spezies suchte, warum sie sich in diesem Kontinent festsetzte wie eine giftige Wurzel, die in alle Winkel kroch.
Während der Krieg um Baan-Bashur weiter tobte, nutzte Amadena die Zeit, die immensen Tunnelsysteme unter ihrem Palast zu erforschen und nach den Geheimnissen der Archäer zu suchen, von denen sie sich so viel versprach. Anfangs nahm sie Shakagra und menschliche Söldner mit auf diese Expeditionen. Doch nach einigen Monaten ging sie dazu über, Acuriëns Geist von der Fibel in ein Metallkonstrukt zu übertragen und dieses als Leibwache mitzunehmen. Das Konstrukt stakste auf sechs Beinen durch die Korridore und folgte dabei Amadenas Willen. Sechs Arme endeten in Schwertlanzen und Schilden. Auf all das war ein metallener Kopf geschraubt, der über eine Reihe von dünnen Metallplatten Geräusche erzeugen konnte. Darüber war es Acuriën möglich, sich zu verständigen, wenn auch mit einer scheppernden, seelenlosen Stimme.
»Kein schöner Anblick«, meinte Amadena zu dem Konstrukt, nachdem sie seine Seele das erste Mal hineingefüllt hatte und er verloren und ohne klares Verständnis des neuen Körpers umhertastete. »Ein Jammer. Im Himmelsturm warst du immer einer meiner Lieblinge. Doch dein Leib verrottet in den Niederhöllen bei deinen Freunden. Immerhin bist du dennoch hier und kannst als der letzte der fenvar Momente wie diese mit mir teilen.«
Kein Wort davon verriet aufrechtes oder auch nur glaubhaft geheucheltes Mitleid. Amadena hätte sicher auch ein eleganteres Konstrukt für Acuriën entwerfen können. Dieser Metallkörper war rostig und quietschte bei jedem Schritt. Für Acuriën, der keinen Schmerz mehr spürte, war es aber einerlei, ob er in einer Fibel oder einem Metallskelett eingesperrt war. Zunächst wagte er es, die neue Freiheit der Bewegung zu genießen. Er begann zu verstehen, warum Amadena ihn bei sich behielt. Alle anderen Wesen, mit denen sie sich umgab, waren ihre Diener oder gar Geschöpfe. Unterwürfige Kreaturen, seelenlose Dunkelalben, geldgierige Menschen, deren Lebensspanne lächerlich kurz war. Es gab wenig sinnvolle Worte, die man mit ihnen hätte wechseln können. Amadenas altes Leben war von der Zeit hinfort gespült worden und nachdem sie beide die tausend Jahre in den Höllen geteilt hatten, waren sie für den jeweils anderen das Einzige, was davon noch geblieben war. Sie wollte jemanden auf Augenhöhe, oder wenigstens jemanden, der nicht völlig unter ihrer Würde war, bei sich wissen.
So durchschritten sie zu zweit die Katakomben unter Baan-Bashur, natürlich nach wie vor mit einer Bedeckung aus Shakagra, die vorausging, um die offensichtlichsten Gefahren auszumerzen und mit all den magischen Annehmlichkeiten, die Amadena für solche Expeditionen vorbereitet hatte. Mindere Dämonen lösten uralte Fallen aus. Schutzzauber lagen auf den beiden fenvar. Ein stetes Licht ging von einer glosenden Kugel über Acuriëns Metallkopf aus.
»Gewöhn dich nicht zu sehr an deinen neuen Körper«, meinte Amadena beiläufig, nachdem Acuriëns Klingen eine Chimäre zerschnitten hatten, die sich aus einer Öffnung in der Decke auf sie gestürzt hatte. »Heute Nacht wirst du wieder zurück in der Fibel sein. Aber falls du dich als nützlich erweist … dies ist die 16. Ebene, die wir bisher durchsucht haben. Angeblich warten noch hundertmal mehr unter uns. Du könntest sie alle mit mir erforschen. Es ist eine Arbeit, die Jahre dauern wird. Unter uns liegen nicht nur Tunnel wie dieser, Baan-Bashur war einst viel mehr als nur ein Berg mit einem Palast darauf.«
Acuriën hatte bereits gelernt, dass er nicht antworten sollte, wenn er nicht direkt gefragt worden war und dass seine Metallstimme Amadena nicht behagte. Also hörte er weiter zu.
»Hier haben die Himmlischen vor Äonen einige wenige Kreaturen jeder Art vor dem Zorn anderer Gottheiten gerettet. Wäre es nach diesen gegangen, hätten sie alles, was lebte, ausgerottet, um neues Leben zu schaffen. Es war ihre Antwort auf das Wirken des dhaza, dem damals fast alle Kreaturen Deres verfallen waren. Verstehst du, was ich sage? Die Götter waren bereit, alles und jeden umzubringen, nur weil sich die Wesen damals den Lehren des Namenlosen zugewandt hatten. Klingt das für dich, als stünden sie auf der richtigen Seite?«
»Nein, tut es nicht«, antwortete Acuriën pflichtbewusst. Er hätte es auch ironisch meinen können, die Metallstimme ließ keine Nuancen erkennen.
»Nur einige wenige Götter, darunter Mada, die Herrin der Magie, rebellierten gegen diese Entscheidung. Sie versteckten eine Handvoll Sterblicher jeder Spezies hier und schufen ihnen ein Heim, in dem sie die Katastrophe überdauern konnten, die alles andere auslöschte. Der Berg wurde damit später zum Ursprung fast allen intelligenten Lebens in dieser Sphäre … Mit Ausnahme der fey und somit der fenvar, die von außerhalb gekommen waren, und den Wesen, deren Ursprung das dhaza war. Mit besonderer Ausnahme also von uns beiden. Wir sind nicht wie gesuchte Strauchdiebe verborgen worden, um dann aus dem Schlamm zu kriechen. Aber jede andere Kultur hat ihre Wurzeln genau hier. Was wir nicht wissen, ist, welche Rolle die Archäer dabei genau gespielt haben. Waren sie wirklich die Kinder Madas, die den Sterblichen angeblich so wohlgesonnen war, dann mögen sie auch die Verwalter dieser Brutstätte des Lebens gewesen sein.«
Acuriën wurde klar, dass es die Archäer selbst waren, für die Amadena eine besondere Faszination empfand. Man sagte, sie seien wohlmeinend gegenüber der Schöpfung gewesen, aber rebellisch gegenüber den Göttern. Sah sich Amadena selbst in diesem Bild? Hielt sie sich für eine Wohltäterin an den Sterblichen?
»Die Archäer sollen das Geheimnis der Theurgie gekannt haben«, fuhr sie fort, »die Fähigkeit, Götter zu beschwören und sie ihrem Willen zu unterwerfen.«
Es klang absurd und Acuriën stockte kurz in seinen Bewegungen. Die Götter waren so gut wie allmächtig und nur andere Götter oder Erzdämonen, vielleicht noch Giganten, konnten ihnen etwas anhaben. Jemand, der einem Gott gebietet, wäre der nicht selbst ein Gott?
Amadena wusste, dass es kein Ding der Unmöglichkeit war, und teilte noch mehr Wissen mit ihrem alten Weggefährten, während sie in den folgenden Jahren die unteren Ebenen erkundeten. Sie hatte diese Geschichten von einem der Archäer direkt gehört, als seine Seele in ihre Einzelteile zerlegt worden war. Das Wesen hatte behauptet, dass es unter seinem Volk solche gab, die selbst die Essenz der Göttlichkeit in sich trugen, auch wenn sie wie Sterbliche über Dere wandelten.
Bisher war Amadena nur das Werkzeug eines gefesselten Gottes gewesen. Doch damit würde sie sich künftig nicht mehr begnügen. Sie kannte den Platz, der ihr zustand, und sie hatte eine klare Vision, wie sie ihn erreichen könnte. Die uralten Artefakte, die sie in Baan-Bashur bergen wollte, waren die ersten Schritte auf diesem Weg.
In der untersten Ebene des Berges fand sie schließlich das, was sie am dringlichsten gesucht hatte. Acuriën war bei ihr an diesem Tag, sein metallener Körper war korrodiert und fast aufgelöst vom Blut und der Säure, die durch die Adern seiner Feinde geflossen waren. Mit jeder weiteren Ebene unter dem Berg waren die Gänge größer geworden, bis sie titanische Ausmaße erreicht hatten. Treppenstufen reichten Amadena bis zum Scheitel, die Höhlendecke war oft nur noch zu erahnen und in den fernen Schatten schrien Kreaturen aus vergessenen Zeitaltern. Im Zentrum der letzten Ebene schwebten die beiden ungleichen Gefährten schließlich über einen See aus flüssigem