Pardona 3 - Herz der tausend Welten. Mháire Stritter

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Читать онлайн книгу Pardona 3 - Herz der tausend Welten - Mháire Stritter страница 11

Pardona 3 - Herz der tausend Welten - Mháire Stritter Das Schwarze Auge

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Eispanzern, die sich an ihren Spitzen festkrallten. In respektvollem Abstand kreisten Drachen, die sie aus der Ferne beobachteten.

      Der Ort schien verlassen, doch sie spürte den Blick unsichtbarer Wächter auf sich ruhen, die jenseits der greifbaren Welt ruhelos kreisten. Kaum jemand schaffte es bis hierher, noch weniger wurden dann geduldet.

      Die Kälte, brutal wie der Winter am Himmelsturm, griff nach ihr und sie verwehrte sich. Sie sang, nur ein Summen, knochentief, und weder Frost noch die dünne Luft wagten sich näher heran. Um ihre bloßen Füße schimmerte die Luft an der Grenze ihrer Körperwärme zur lebensfeindlichen Umgebung.

      Es gab kein höheres Gebirge auf dieser Welt; es schien, als verließe es beinahe die Sphäre. Alles wirkte zugleich verschwommen und zu scharf umrissen, immens in seinen Ausdehnungen, aber in der klaren Luft so deutlich in der Ferne, dass selbst die massiven Felswände und Gletscher Spielzeug sein mochten.

      Vor ihr lag etwas, das sich vor ihrer Sicht zu verbergen versuchte, oder eher versuchte ihr Blick, darum herumzugleiten. Allein die Ahnung seiner Form bohrte sich als vager Schmerz hinter ihren Augen in ihren Schädel. Zwischen Herz und unteren Rippen regte sich etwas in ihrem Leib, ein Hauch von Unwohlsein und ein Flattern wie ein Banner im Atem eines Riesen.

      Sie konzentrierte sich, richtete ihren Blick fest auf den Turm.

      »Ich habe Schlimmeres gesehen«, verkündete sie sich und der Welt. Mühlsteine aus Leid und Schmerzensschreien, hungrige Mäuler, die Welten verschlingen konnten, Boshaftigkeit, die weder Ablenkung noch Langeweile kannte und immer, unablässig um sich griff, sich wand und jeden klaren Gedanken zerstören wollte.

      Das hier war nur die Saat der Siebten Sphäre, nur ein Echo.

      Aus dem Talgrund zwischen den zwölf Bergspitzen erwuchs etwas, das zugleich Baum, Turm, Tempel und Gerippe war. Schwarz flirrten seine Umrisse, ölige Regenbogenfarben liefen über Beulen und Bögen wie halb verfaulte Leichenteile. Zinnen wuchsen wie Zähne, Meilen über dem Boden. Das Gebäude lebte, und auch wenn keine klar erkennbaren Augen Teil der vielfältigen Oberflächen waren, beobachtete es sie ebenso wie sie es zu beobachten versuchte. Der Schmerz wurde intensiver, aber sie hieß ihn willkommen. Sie konnte dieses Ding erfassen in all seinen sichtbaren und unsichtbaren Dimensionen. Sie spürte, wie weit die Wurzeln reichten; sie berührten Bereiche der Schöpfung, die unzugänglich sein sollten.

      Mit einem weiteren, gesungenen Ton sah sie noch mehr: Linien aus Purpur, die wie Ströme von Blut flossen, ein Gewebe aus zwölf solcher Bahnen, die sich im Herzen des Turms miteinander verbanden und wie Adern in Bögen und Kränzen aus einem Herz erwuchsen. Wer auf diesem immensen Instrument spielen konnte, dessen Saiten über Kontinente reichten, dessen Melodien würden die Welt umspannen. Der Turm selbst hatte dies nicht hervorgebracht, aber er wuchs daran und darum herum wie ein bösartiger Tumor, der das Gewebe seines Wirts in sein eigenes wandelte und wucherte, immerzu wucherte.

      So viele Krankheiten, angeschwollene Drüsen, schwarzviolett schimmernde bösartige Klumpen aus verdorbenem Fleisch hatte sie schon in den Händen gehalten, hatte sie aus den Körpern ihrer Kinder und Experimente geschnitten oder eingepflanzt, gehegt und bewundert. Nichts davon konnte sich hiermit messen, doch sie würde auch dies nehmen, formen und beherrschen.

      Sie ging auf das Gebilde zu, das zu zittern begann. Das Land im Schatten des unmöglichen Turms begann sich zu regen und zu fließen wie Öl, verlor seinen Zusammenhang in Zeit und Raum, als die Zitadelle ihren Ort wechseln wollte.

      »Bleib«, befahl sie und sie war nicht allein. Der purpurne Stern, das Auge in der Leere, sprach durch sie. Ihr ganzes Leben, jahrtausendeschwer, stemmte sich gegen den Sog des dämonischen Baumes und er erstarrte.

      »Gut«, murmelte sie ihm zu und näherte sich weiter, »und nun öffne dich.«

      Bebend zogen sich einzelne, gigantische Fasern auseinander und gaben eine Öffnung frei, die von bleichen Knochen oder Stoßzähnen gesäumt wurde. Dahinter führte der Weg tiefer hinein und aufwärts, pulsierend und lebendig. Oben, unter dem Kranz von Elfenbeinzinnen und umringt von pochenden Adern voller Macht, wo Zweige bedeckt von schimmerndem Pelz und Insektenflügeln im Wind peitschten, wuchs ein Thron aus dem Boden, der sie erwartete.

      »Lass uns Verbündete sein«, wisperte sie dem nahezu geistlosen Ding zu. »So ein wunderbares Werkzeug …«

      Von hier aus ließen sich die Kraftlinien dieses Kontinents spielen wie ein Instrument mit unermesslich langen Saiten. Für so viele Dinge würde ihre körperliche Anwesenheit unwichtig werden. All die Melodien, die sie spielen würde!

      Sie berührte die Wand des Ganges, die leicht nachgab wie die Haut eines Hais, rau in eine Richtung, glatt in die andere. »Ich habe noch so viel mehr mit dir vor und dem, was du bist«, wisperte sie. Dann ging sie weiter hinein in die Wucherung, die die Sphären durchbrach, in den Dämonenbaum, das Schwert, das die Welten zerteilen konnte – und ihre Zitadelle.

      Rilmandra wiegte ihren Rumpf in unsichtbaren Winden und segelte durch eine weite, leere See aus Nebel. Leise erzählte sie dem Vierbeinigen in langen, langen Stunden ungestörter Fahrt, was die Symbole der Schnitzereien an ihrem Leib bedeuteten. »Die Nachtigall ist Sehnsucht«, murmelte sie ihm zu und sang ein Lied darüber, in das der andere einstimmte. »Die Lilie bedeutet Kampf und Gewandtheit, tödliche Schönheit!«

      Sie sprang auf fremden Beinen über das Deck und ahmte die raschen, tänzerischen Bewegungen der Krieger nach, die sie vor langer Zeit gesehen hatte.

      »Der Eisvogel ist Entschlossenheit«, verriet sie ihm und er gab ein vorsichtiges Knurren von sich. »Genau«, bestätigte sie, »Entschlossenheit, sein Ziel kennen, nicht abweichen. Deswegen ziert er auch meinen Bug.«

      Ein Tor schien hell durch den Nebel, für all ihre Sinne ein Lockruf und eine Warnung. Wie immer hielt sie sich von diesem Leuchtfeuer fern, navigierte an ihm vorbei und umkreiste wehmütig goldene Welten, die sie nicht zu betreten wagte.

      »Die Taube«, sagte sie und strich mit Fingerspitzen über den schlichten Vogel, im Flügelschlag festgehalten. »Die Taube, kehrt immer heim.«

      Der andere presste sein Gesicht an ihr Knie und sie vergrub die Finger in seinem Fell, ließ sich neben ihm nieder. Sie sah auf die beiden Gestalten im Eis und drückte den Vierbeinigen fest an sich. »Sie weiß immer, wo sie ist, damit sie heimkehren kann«, führte sie weiter aus. Dann schwiegen sie beide.

      Wenig später – oder viel später, die Jahre in der 3. Sphäre häuften sich zu immer höheren Zahlen, aber was bedeutete das ihr? – begann der andere auch ohne ihr Spiel die Schnitzereien abzusuchen und mit einem kehligen Laut und Stupsen der Nase auf sie hinzuweisen. Haselmaus und Betende Schrecke, Morgenblume und Krakenmutter und schließlich silberne Winde.

      Sie folgte ihm bei diesem Tanz, den er mehrfach wiederholte, und begegnete dann seinem fragenden Blick.

      »Geborgenheit und lauernde Gefahr«, sagte sie. »Hoffnung und Schutz. Dankbarkeit.«

      Er gab ein bestätigendes Geräusch von sich und setzte sich hin.

      Ihr Gesicht lächelte von allein und sie befühlte es nachdenklich. Die vielen, vielen kleinen Muskeln bewegten sich ihren Gefühlen nach und sie konnte selbst daran ablesen, wie sie die Bedeutung der Symbole verstand und die Freude noch größer wurde.

      »Gern geschehen«, sagte sie. »Ich würde dich jederzeit wieder aus lauernder Gefahr retten. Mein Schutz ist immer dein.«

      Er

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