DSA 109: Hjaldinger-Saga 3 - Eis. Daniel Jödemann

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DSA 109: Hjaldinger-Saga 3 - Eis - Daniel Jödemann Das Schwarze Auge

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gedenkt dein Schutzgeist, uns an den Ottas der Imperja vorbeizuführen?« Gautaz’ wölfisches Grinsen schälte sich als erstes aus der Dunkelheit. Danach seine Hand, die ein Trinkhorn hielt, sein langes, dunkelblondes Haar und schließlich seine kleinen grauen Augen und die zahllosen Narben und Kriegerrunen auf seinem bloßen Oberkörper.

      Ein junger Krieger seiner Sippe, Hrok, der Gautaz stets wie ein abgerichteter Vargaz folgte, stand einen Schritt hinter ihm.

      Jurga sammelte sich für einen Moment. Sie sprach nicht gerne das Wirken ihres Schutzgeistes direkt an. Es gab immer noch zu viele, denen ihr ständiger Begleiter nicht geheuer war. Sie zogen es vor, der kühnen Vision einer mutigen und glücklichen Anführerin zu folgen, anstatt den Weisungen eines Wesens, das sie nicht greifen oder hinterfragen konnten.

      »Mein Schutzgeist«, setzte sie dann doch an, »lag noch nie falsch und er wird es auch dieses Mal nicht. All das haben wir bereits zur Genüge besprochen, Gautaz Dagurssun: Unser Weg führt direkt nach Osten, auf das Immermeer. Wir werden nicht mit einhundert Schiffen versuchen, uns einen Weg durch das Inselgewirr der Eyjattur zu suchen. Auch du weißt, dass es aussichtslos wäre.«

      »Ich will hoffen, dass dein Geist recht behält«, entgegnete der Aasa. »Oder aber, er führt meine Sippe, deine und vierzig andere – alles, was von unserem Volk noch übrig ist – direkt in die wartenden Arme der Imperja.«

      Vardur hob überrascht die Brauen. Für Gautaz Dagurssun war dies geradezu versöhnlich.

      »Andererseits hast du kaum Erfahrung mit Kriegszügen«, setzte der Hersir der Aasa nach. »Ich sehe nur wenige Speere Firns an deinen Armen.« Er ließ seine eigenen Muskeln spielen, die mit Hautbildern übersät waren. »Warum wirst ausgerechnet du uns in diese Schlacht führen? Es wäre sicher klug, die Führung einem erfahreneren Hersir zu überlassen – zumindest, bis wir das offene Meer erreichen haben.«

      Vardur ballte die Fäuste. Ein Hersir, der danach bestimmt darauf pochen wird, den Verband auch weiterhin anzuführen, wenn wir dank ihm die Blockade durchbrochen haben.

      »Ein offener Kampf wäre zu verlustreich«, warnte Solweig. »Wir alle haben gesehen, was die Imperja können und mit welchen Mächten sie im Bunde sind!«

      Vardur schluckte. Lebende Algen, die nach den Ottas griffen … Watdraugar, die sich an der Bordwand emporzogen – das wollte er nicht erneut erleben.

      »Es wird nicht zu einer Schlacht kommen«, widersprach Jurga scharf. »Ich bin hier, um euch den Weg in das neue Land zu zeigen. Nicht, um euch vorzuschreiben, wie ihr eure Sippen zu führen habt. Vertraut meinem Schutzgeist und er wird euch retten.«

      Gautaz hob amüsiert die Brauen.

      »Du bist dir sicher, dass Land auf der anderen Seite des Ozeans wartet?« Das war Alsvinn, der Hersir der Hallaz-Sippe. Er war mit seinen Schiffen erst am Morgen dazu gestoßen. »Niemand von uns zieht in Hraiwagard ein, wenn wir auf dem Meer sterben.«

      »Die Götter werden uns beistehen!«, rief jemand von weiter hinten aus der Menge.

      »Götter«, schnaubte Katla. »Welche Götter? Effar? Er ließ uns gegen die Hrangadiener im Stich, als sie unsere Ottas mitsamt ihren Besatzungen in die Tiefe rissen! Rondris, Agiz oder Khorraz kamen uns ebenfalls nicht zu Hilfe.«

      Andere nickten zustimmend. Selbst Gautaz verzog verächtlich das Gesicht, ehe er einen Schluck aus seinem Trinkhorn nahm.

      »Mein Schutzgeist lässt uns nicht im Stich«, versicherte Jurga der Runde. »Und wenn wir uns auf ihn, und auf Drawina verlassen, auf unsere Stärke und unseren Zusammenhalt, dann erreichen wir unser Ziel.«

      Niemand in der Halle widersprach.

      Jurga starrte ins Feuer. »Ich habe es deutlich gesehen, er hat es mir wieder und wieder gezeigt: Eis – ein weites, graues Eismeer, und jenseits davon das neue Land – eine neue Heimat, die nur auf uns wartet.« Sie fing sich wieder. »Ihr alle wisst, was zu tun ist: Jede Sippe ist für den Schutz der Frachtschiffe zuständig, die mit ihr reisen. Die Sippen, die kein eigenes Drachenschiff mit Kriegern stellen, teilen ihre Schiffe auf die Übrigen auf. Die Runaleudi«, sie wies auf Thidrik, »teilen sich ebenfalls, so gut es geht, auf die Ottas auf. Wenn einer Sippe mehrere Runaleudi angehören, unterstützt sie weniger begünstigte Sippen, indem sie ihnen einen Runaman oder eine Runakwena abgibt.«

      Vardur musterte den Zauberer, der stumm hinter Jurga stand, sein Gesicht reglos und nicht zu lesen. Seinen Stab aus dunklem, knorrigem Holz hielt er in der Rechten.

      »Gibt es sonst noch etwas?« Jurga sah in die Runde. »Wenn ja, dann sprecht es jetzt aus.«

      Solweig räusperte sich. »Ich möchte sprechen.«

      Jurga setzte sich.

      Die alte Hersirin lächelte wehmütig. »Auch wenn es mich schmerzt, auch wenn ich mir nichts sehnlicher wünsche, als das Eiwara zu überqueren, das neue Land auf der anderen Seite des Meeres zu sehen und unter meinen Füßen zu spüren, bin ich doch zu alt, um dieses Abenteuer auf mich zu nehmen. Ich kann zwar noch eine Axt heben und das Ruder packen, aber wenn ich es gegen einen Feind führen soll oder in einem Sturm den Kurs halten muss, reicht meine Kraft nicht aus.«

      Gemurmel setzte ein. Katla schüttelte den Kopf. »Du bist weise und dein Ratschlag ist mehr wert als zehn starke Hände, Solweig. Du wirst das neue Land erreichen und du wirst dabei zusehen, wie deine Enkel dort zu Frauen und Männern heranwachsen.«

      Die Umstehenden nickten zustimmend. Jurga senkte den Blick.

      Die Hersirin der Isleif schmunzelte. »Ich danke euch für euer Vertrauen, aber der Entschluss ist gefasst. Ich spreche nicht nur für mich, sondern für alle, deren Hände nicht mehr stark genug sind, deren Augenlicht nicht mehr ausreicht. Für alle, die mehr eine Last als eine Hilfe sind, und diejenigen, die ohnehin nicht mehr viele Winter sehen werden. Ich spreche auch für alle, die nach den Kämpfen immer noch mit Wunden dahinsiechen.« Sie erhob sich langsam. Ihre Hand zitterte, doch sie stand aufrecht und ihr Blick war fest. »Wir bleiben und kehren in die Erde zurück, in der auch unsere Vorfahren ruhen. Gebt unsere Plätze auf den Schiffen Vieh und Wasserfässern. Noch nie, nicht seit Yoldras Zeiten, fiel eine Hjaldingerin ihrer Sippe weiter zur Last, wenn sie zu alt, schwach oder krank wurde. Nicht, wenn sie so das Überleben ihrer Familie sichern kann. Heute ist nicht der Tag, an dem wir mit diesem Brauch brechen.« Sie stockte. »Die Isleif werden meinen Nachfolger wählen – jemanden, der die Sippe in das neue Land führt. Wenn die Imperja hier eintreffen, werden sie nur brennende Häuser und Tote vorfinden, die lächelnd und in dem Wissen aus dem Leben geschieden sind, dass ihre Sippen weiterleben. Dass ihre Taten in den Sagas weiterleben, die ihr in der neuen Heimat singen werdet.« Ein wehmütiges Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Ich habe nur einen Wunsch: Wenn ihr mich dereinst in Hraiwagard wiederseht, berichtet mir vom neuen Land und wie es meinen Enkeln ergangen ist.«

      Für einen Moment herrschte Stille. Nur das Knacken der Holzscheite war zu hören. Dann erhob sich Solwa und nickte der alten Hersirin zu. »Die Sagas werden von eurem Opfer berichten. Eure Namen und Taten werden nicht vergessen.«

      »Eine kluge Entscheidung«, brummte Gautaz und nippte an seinem Trinkhorn. »Nur die Jungen und Starken haben Aussicht, bei einem solchen Unternehmen zu überleben. Die Alten wären nur Ballast.« Er sah zu Katla und Odda hinüber.

      Die Hersirin der Gunna runzelte die Stirn, dann trat Entsetzen in ihr Gesicht. »Gautaz Dagurssun, wenn du damit sagen willst …«

      »Du hast die weise Solweig gehört«, brummte der Hersir der Aasa, »zweifelst du ihre

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