Horak am Ende der Welt. Jan Kossdorff

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Horak am Ende der Welt - Jan Kossdorff

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      Jan Kossdorff

      HORAK AM ENDE DER WELT

      Roman

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      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

       Kapitel 11

       Kapitel 12

       Kapitel 13

       Kapitel 14

       Kapitel 15

       Kapitel 16

      1

      WIR WAREN ERST vor zwanzig Minuten in den Zug gestiegen, der uns durch den Wald, an der tschechischen Grenze entlang, nach Heidenholz bringen sollte, trotzdem schlief Maja bereits wieder an meiner Brust. Ihr Schreibbuch, in das sie ihre ungestüme Reiselyrik notierte, war ihr aus den Händen und zwischen meine Schuhe gerutscht, einige Strähnen ihrer unzähmbaren Haare juckten mich unter der Nase, aber ich wollte sie schlafen lassen, nicht bloß ihretwegen.

      Reisen mit Maja war schön, aber strapaziös. Sie begnügte sich nicht damit, visuelle Eindrücke zu sammeln, sie wollte, was sie sah, auch spüren, anfassen, kosten. Fremde mussten angesprochen, Läden betreten, Schnäpse getrunken, regionale Eigenarten erforscht werden. Das Verhalten forderte seinen Tribut in Form von plötzlich auftretenden, intensiven Schlafattacken – die ich nutzte, um selbst wieder etwas zu Kräften zu kommen.

      Maja und ich waren seit zehn Tagen gemeinsam auf Lesereise. Ich las aus meinem letzten Roman, sie begleitete mich. Unsere Tour führte uns in die Buchhandlungen, Mehrzwecksäle und Gemeindehäuser verschlafener Kleinstädte in Österreich und Bayern. Dem Verlag war es gelungen, sechs Lesungen zu organisieren, obwohl das Buch bereits im Herbst erschienen war.

      Wir fuhren mit dem Zug, hielten, wo wir Lust hatten. Wir saßen mit Sonnenbrillen zeitunglesend auf Dorfplätzen, tranken ab dem Mittag Wein und schrieben Postkarten mit Heimatmotiven an Freunde in Wien. Abends gaben wir uns ganz dem skurrilen Pathos einer Provinzlesung hin, dem Begrüßen von Bürgermeistergattinnen und Gemeinderäten, der Annahme von Geschenken, dem gestelzten Small Talk und schließlich der Komik, wenn sich nach dem zeremoniellen Teil alles in Beschwipstheit und Jovialität auflöste.

      Heute sollte in Heidenholz, einer Dreitausendseelengemeinde im nördlichen Waldviertel, die letzte Lesung unserer kleinen Tour stattfinden. Die Stadt hatte eine besondere Bedeutung für mich, und wir hatten vor, an unseren Aufenthalt ein paar Urlaubstage anzuhängen. Eine unserer selbst gesetzten Beziehungsfristen war gekommen, und in Heidenholz wollten wir entscheiden, ob wir unserer kleinen, unsentimentalen Liebe noch eine Verlängerung gewährten.

      Das ältere Paar, das uns gegenübersaß, betrachtete mich argwöhnisch: Die schlafende Maja war in ihren Augen wohl etwas zu jung dafür, meine Frau zu sein; Majas Hand ruhte etwas zu vertraut zwischen meinen Beinen, als dass sie meine Tochter sein durfte. Ich sagte augenzwinkernd zu dem Mann: »Schläft Ihre auch immer ein?«, worauf beide eine plötzliche Unruhe überfiel und sie kurz darauf ausstiegen.

      Ein paar Minuten bevor wir am Ziel waren, erwachte Maja. Sie räusperte sich lautstark und unmädchenhaft, wie sie es immer tat, dann blickte sie aus dem Fenster in den undurchdringlichen Wald hinein und meinte: »Ojemine.« Sie begann sich ihre Haare zu richten, ohne dass ihre blonde Mähne dadurch merklich an Form oder Ordnung gewann.

      »Und du bist also in diesem Heidenfels aufgewachsen?«, fragte sie.

      »Heidenholz.«

      »Genau.«

      »Ich bin nicht dort aufgewachsen, aber ich habe viele Sommer meiner Kindheit dort verbracht.«

      »Bei deinen Großeltern?«

      »So ist es.«

      »Und das ist reale Biografie, oder mehr so etwas wie der selbst geschriebene Wikipedia-Eintrag, etwas für die Atmosphäre im Lebenslauf.«

      »Es ist reale Biografie, es gibt Zeugen für meine Anwesenheit.«

      »Aha. Wann ist die Lesung?«

      Ich suchte in meiner Reisetasche nach der ausgedruckten E-Mail, auf der die Informationen zum heutigen Abend standen.

      »Um sieben.«

      »Was wirst du lesen?«

      »Die Szene in der Klosterbibliothek, die Fahrt mit Mizzi nach Italien, der Abschied am Bahnhof, eventuell die Traumsequenz.«

      Sie nickte, schien aber nicht überzeugt zu sein.

      »Nicht die Traumsequenz?«, fragte ich. Ich war inzwischen abhängig von ihrer Zustimmung, jedenfalls in künstlerischen Fragen.

      »Nein, die ist schön«, sagte sie, nun plötzlich einfühlend und interessiert, »und das Gute an ihr ist, man muss der Handlung nicht gefolgt sein, um sie zu goutieren. Ich würde eher über den Anfang nachdenken.«

      »Die Szene im Kloster?«

      »Ja. Aber auch die einleitenden Worte.«

      Ich richtete mich im Sitz auf. »Du hast nie ein Wort gesagt, dass mit denen etwas nicht in Ordnung wäre.«

      »Es ist mir erst gestern aufgefallen. Ich finde, ein Autor muss nicht die Motivation für seine Arbeit vor sich hertragen. Vor allem wenn sie ein bisschen

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