Himmel und Hölle. Alexandre Dumas
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Eines Tages hatte man Bastian ersucht ein Pferd zu reiten, das ein Pächter in der Gegend, Herr Destournelles; gekauft hatte. Es war Sonntag und Bastian, der aus Stolz seine überlegene Reitkunst allgemein zeigen wollte, wählte zur Reitbahn den großen Platz im Dorfe und zwar zu der Zeit als die Leute aus der Kirche kamen.
In dem Augenblicke, als die ersten Mädchen, die welche sich am eifrigsten nach dem Sonnenlichte der Freiheit und dem Plaudern sehnen, in der Kirchentür erschienen, stellte sich seinerseits Bastian mit dem wilden Pferde ein.
Das Pferd hatte von dem Pächter bis zum Platze vor der Kirche, eine halbe Stunde Weges, eine ganze Stunde zugebracht, weil es der Reiter zurückgehalten hatte, der weder zu früh, noch zu spät, sondern eben zur rechten Zeit kommen wollte.
Das Pferd war in Folge davon von Schaum bedeckt, hatte mit Blut unterlaufene Augen und blies glühend heißen Atem aus den Nüstern.
Auf dem Platze begannen dann die Übungen.
Der Sieg schien sich anfänglich für den Reiter zu erklären; als aber das Pferd die Türstufen vor der Kirche und die Fenster derselben wie die Logen eines Theaters von Zuschauern besetzt sah, fing es an, entweder weil es instinktmäßig die Würde fühlte, von welcher Buffon spricht, oder weil es alle Schmach, die ihm Bastian seit einer Stunde angetan, nur ertragen hatte, um sich um so glänzender zu rächen, kurz es fing an allerlei Seitensprünge zu machen, auszuschlagen und sich zu bäumen, dass Bastian, ein so guter Reiter er auch war, aus dem Sattel gehoben und zehn Schritte weit hin auf den Boden geschleudert wurde.
Sobald das Pferd seinen Reiters sich entledigt hatte, drehte es sich um und schlug im Galopp den Rückweg nach seinem Stalle ein.
Dieser Sturz des Reiters gab allen jungen Burschen gar viel zu lachen, da sie den Husaren nicht leiden konnten, der sie in allem ausstach, verdrängte und verhöhnte; als sie indes sahen, dass Bastian, statt schnell aufzuspringen, wie man es bei einer solchen Gelegenheit meist thut, unbeweglich da liegen blieb, wo er aufgefallen war, meinten sie, er sei wohl mit dem Kopfe aufgeschlagen und habe das Bewusstsein verloren, und eilten ihn zu Hilfe.
Sie irrten sich auch nicht. Bastian war zwar nicht ohnmächtig, aber betäubt.
Man hob ihn auf, goss ihm ein Glas Branntwein ein und blies ihm in das Gesicht, so dass Bastian die Augen und den Mund gleichzeitig aufriss; die Augen, um sie wild umher zu rollen und das Pferd zu suchen, den Mund, um zu fluchen und zu schwören, bei welcher Gelegenheit denn die Bauern von Haramont erfuhren, um wie viel reicher die Lagersprache als die Dorfsprache ist.
Mit einem Male standen seine Augen still und sein Mund schloss sich, als hätte er den Kopf der Meduse vor sich gesehen. Es war etwas noch Schlimmeres.
Ehrlich nämlich brachte das Pferd zurück. Er saß auf dem Tiere, das so sanft und fromm geworden war wie der friedliche Esel, auf welchem unser Herr seinen königlichen Einzug in Jerusalem hielt. Da er nun auch einen grünen Zweig in der Hand hielt, welcher an den Palmenzweig erinnerte, da seine Füße neben den Steigbügeln herabhingen, da sein Blick wohlwollend, sein Lächeln sanft war und Alle bei Seite traten, um ihm Platz zu machen, so glich er dem göttlichen Muster so weit als ein armer Sterblicher einem Gott gleichen kann.
Bastian seinerseits glaubte einen Augenblick zu träumen; er rieb sich die Augen, sprach einige unverständliche Worte und sah diese ruhige lebende Wirklichkeit an sich herankommen als wäre sie eine entsetzliche gespenstige Erscheinung.
»Herr Husar,« sagte Ehrlich ganz gelassen, »ich war auf dem Wege nach Longpré, sah Ihr Pferd davon laufen und glaubte, Sie würden besorgt sein. Deswegen habe ich es mitgebracht.«
Alle lachten, nur Bastian nicht. Ehrlich aber sah die Leute verwundert an und begriff nicht, warum sie lachten.
Er wurde rot, stieg von dem Pferde herunter, übers gab den Zügel dem Husaren und stellte sich, die Hand auf den Kopf seines großen Hundes gestützt, einige Schritte hinter Mariechen, die mit ihrer Mutter zuletzt aus der Kirche gekommen war und von dem, was geschehen, nichts wusste.
Bastian vergaß dem Ehrlich zu danken, denn er wollte so schnell als möglich die Scharte wieder auswetzen und schwang sich von neuem auf das Pferd. Der Teufel, den das Pferd eine Viertelstunde vorher im Leibe gehabt hatte, schien durch Ehrlich vollständig ausgetrieben worden zu sein. Es gehorchte seinem Reiter, ohne sich auch nur einen falschen Tritt zu erlauben und Bastian brachte es dem Herrn Degtournelles ganz gezähmt zurück. Wie sich von selbst versteht, erzählte er nicht alle Einzelheiten, wie er es dahin gebracht hatte. Aber er selbst konnte sich auch nicht erklären, was Ehrlich wohl getan habe, um ein Pferd zu bändigen, das ihn, Bastian, aus dem Sattel gebracht und da er zu stolz war, um Ehrlich nach dem Geheimnisse zu fragen, da Ehrlich, wenn er gefragt worden wäre, nicht gewusst haben würde was er antworten sollte, so blieb die Ursache der offen daliegenden Folge im Dunkel.
Es trat noch etwas ein, zum großen Nachteile Bastians, der dem blöden Ehrlich fluchte.
Außer mit Tanzen, Fechten und Reiten beschäftigte sich Bastian auch mit der Jagd. Ehe er Soldat geworden, war er einer der geschicktesten Wilddiebe gewesen; nach seiner Rückkehr jagte er wegen seines Ehrenkreuzes, das damals sehr hoch geachtet war, so ziemlich überall wo es ihm beliebte, auf den Feldern von Haramont, von Longpré und Largny.
Im Anfange zeigte sich eine Schwierigkeit; da er den Daumen und den Mittelfinger der rechten Hand verloren hatte, so konnte er das Gewehr nicht handhaben; aber Bastian lernte bald links schießen. Erst fehlte er Alles, nach dem er schoss, dann fehlte er mit drei Vierteilen, darauf mit der Hälfte seiner Schüsse und endlich schoss er links so gut wie früher rechts, d. h. er wurde wieder einer der besten Schützen in der ganzen Umgegend.
Am liebsten jagte er im Sumpf, weil es da am meisten zu schießen gab. Dieser Sumpf war der von Wuala, eine viertel Stunde von Haramont und von Longpré.
Da wohnte ein zweiter berühmter Schütze, der Müller mit der bösen Zunge, welcher sich den Witz von dem Gänseei über die schöne Katharina erlaubt hatte. Bastian kannte diesen Witz, statt darüber sich aber zu ärgern, hatte er mehr als einmal darüber gelacht und zwar mit dem, von welchem er ausgegangen war, woraus sich abnehmen ließ, dass er für seine Person der schönen Katharina die Feder nicht reichen werde, auf welche sie so ungeduldig zu warten schien.
Der Müller und Bastian waren also die besten Freunde von der Welt und sobald die Jagd anging, jagten sie wöchentlich an drei oder vier Tagen, bald miteinander, bald allein.
Eines Tages als Bastian allein in dem Rohr eines sehr großen Teiches jagte, der sich von Norden nach Süden in dem Thale hinzieht und an dem ein Damm hinläuft, an welchem eine Mühle angelegt worden ist, flog eine Becassine vor ihm auf, die er mit seiner gewöhnlichen Geschicklichkeit schoss.
Die Becassine fiel, aber sie fiel in den Teich.
Nun kennt man die Abneigung eines jeden Jägers, etwas, das er geschossen hat, im Stiche zu lassen. Diese Abneigung war bei dem eitlen Bastian vielleicht noch größer als bei irgendeinem andern und so nahm er sich denn vor seine Becassine zu bekommen, es möge kosten was es wolle.
Er legte darum sein Gewehr hin, um seine beiden Hände brauchen zu können und fing an, auf dem weichen nachgebenden Boden am Teiche vorsichtig vorzugehen.
Als er nicht weiter konnte, war er noch immer acht bis zehn Fuß von der Becassine entfernt.
Bastian, der ein