Der Bastard, mein Herz und ich. Nancy Salchow

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Der Bastard, mein Herz und ich - Nancy Salchow

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sollte sich deswegen Vorwürfe machen“, sage ich.

      „Hören Sie, Frau Ritter.“ An der Gabelung zu einem Parkplatz bleibt er stehen. „Ist es möglich, dass Sie diesen Unfall nur am Rande erwähnen und in Ihrem Artikel nicht ins Detail gehen?“

      „Ganz ehrlich? Ich bin nicht der Meinung, dass dieses Ereignis in dem Porträt über Ihren Sohn überhaupt Erwähnung finden sollte.“

      „Sie meinen …“

      „Dieser Schicksalsschlag ist privat. Und das sollte er auch bleiben.“

      Die Wehmut in seinem Blick weicht einem Anflug von Dankbarkeit. Eine Weile stehen wir wortlos da, bis er schließlich langsam die Hände in seine Hosentaschen schiebt und die Erinnerungen mit einem Räuspern abwürgt.

      „Sie scheinen eine bemerkenswerte junge Frau zu sein“, sagt er. Und an der Art, wie er dies feststellt, erkenne ich, dass dies nicht der Moment für einen Widerspruch aus Bescheidenheit ist.

      Kapitel 7

      Die morgendliche Stille am Wasser ist stets eine trügerische. Viel zu einschneidende Dinge geschehen hier Tag für Tag. Heimliche und offizielle Liebschaften, Trennungen und Versöhnungen, Spaziergänge Frischverliebter und emotionale Streitgespräche – kein Schauplatz ist geeigneter für die vielen Facetten des Lebens wie der Strand.

      Dennoch genieße ich jedes Mal aufs Neue die Illusion, dass der Strand mir allein gehört, wenn es mich morgens herzieht.

      Dass der Morgen langsam in den Vormittag übergeht, erkenne ich an den vereinzelten Joggern hier und da und an den Pärchen, die mir hin und wieder entgegenkommen.

      Er hat sich am ersten Rettungsturm mit mir verabredet. Das war es zumindest, was mir sein Vater ausgerichtet hat.

      Als ich näherkomme, sehe ich, dass er tatsächlich auf mich wartet, den Blick in die Ferne gerichtet, während er sich gegen einen der Pfähle lehnt.

      Mit jedem Schritt, den ich auf ihn zukomme, spüre ich, wie sich die Gefühle in mir abwechseln: Das Bedauern um seinen schweren Verlust vor fünfzehn Jahren, die Enttäuschung darüber, dass er mir zugetraut hat, diese Informationen gegen seinen Willen zu verarbeiten – vor allem aber das leichte Kribbeln in der Magengegend, wenn ich an den Kuss vor meiner Wohnungstür denke.

      Er sieht mich nicht sofort. Woran er wohl denkt, während er auf das Wasser schaut? Ob ich Platz in seinen Gedanken habe? Oder ist diese Sache zwischen uns noch viel zu zart, viel zu unwirklich, um überhaupt eine große Rolle zu spielen?

      „Hallo“, begrüße ich ihn mit zurückhaltendem Lächeln, während ich wenige Meter neben ihm stehen bleibe.

      Er zuckt leicht zusammen, doch schon im nächsten Moment breitet sich sichtbare Freude in seinem Gesicht aus.

      „Sina.“ Er kommt einen Schritt auf mich zu, um dann doch kurz vor einer Umarmung innezuhalten. Auch für ihn muss die Situation zweifellos seltsam sein.

      Stattdessen schiebt er die Hände beinahe verlegen in seine Hosentaschen. „Schön, dass du es rechtzeitig hergeschafft hast. Ich hoffe, es war keine allzu große Überraschung, meinen Vater an meiner Stelle anzutreffen. Aber ich dachte, es wäre eine gute Idee, wenn du auch mit ihm sprichst.“

      „Es war“, ich denke kurz nach, „nett. Wobei nett vermutlich doch nicht das richtige Wort für das Thema ist, über das wir gesprochen haben.“

      Alwin schaut zu Boden. Die Anspannung ist ihm deutlich anzusehen.

      „Es tut mir leid, Sina“, sagt er, den Blick noch immer auf den Boden gerichtet. „Aber ich rede nicht so gern darüber. Deshalb dachte ich, es wäre besser, wenn ich das in seine Hände übergebe.“

      „Es hat mir nichts ausgemacht, mit deinem Vater zu reden“, sage ich. „Er ist ein sehr charmanter Mann.“

      Alwin schaut auf.

      Ich seufze. „Viel schlimmer finde ich die Tatsache, dass du wirklich geglaubt hast, ich könnte von dieser Geschichte auf anderem Wege erfahren und es ohne dein Wissen in dem Artikel verwenden.“

      „Sina, ich …“, er lässt die Arme sinken, „es tut mir leid. Ich wollte dich nicht verletzen. Aber die Wahrheit ist doch, dass wir uns kaum kennen. Und du machst doch schließlich auch nur deinen Job. Tut mir leid, das war dumm von mir.“

      „Verstehe. Du kennst mich also nicht gut genug, um zu wissen, wie ich arbeite, aber gut genug, um spätabends an meiner Tür zu klingeln und mich zu küssen?“

      Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen.

      Auch Alwin muss bei meinen Worten lächeln.

      Langsam kommt er näher, umschließt meine Wangen mit seinen Fingern und legt seine Stirn an meine.

      „Ich habe die ganze Nacht an dich gedacht“, sagt er leise.

      Irgendetwas in mir sträubt sich gegen seine Annäherung. Auch wenn sich alles in mir danach sehnt, hat er dennoch recht mit dem, was er erst vor wenigen Augenblicken gesagt hat: Wir kennen uns kaum. Das hier kann einfach nicht richtig sein. Aber warum fühlt es sich dann so verdammt richtig an?

      „Ich habe auch an dich gedacht“, antworte ich. „Vor allem, weil ich sehr verwirrt bin.“

      „Und ist das in diesem Fall etwas Gutes? Verwirrt zu sein?“

      „Es fühlt sich zumindest gut an.“

      Ihm in dieser Position derart nahe zu sein, erscheint mir noch inniger als unser Kuss vom Vorabend.

      Was hat er nur an sich, das mich so unsicher werden lässt? Sollte ich es nicht eigentlich besser wissen?

      „Es tut mir leid“, sage ich. „Das mit deiner Schwester, meine ich.“

      Er lässt seine Hände sinken und tritt instinktiv einen kleinen Schritt zurück.

      „Alles okay?“, frage ich.

      „Ja. Ja natürlich. Es ist nur … nach all den Jahren … es weckt noch immer so viel in mir.“

      „Dein Vater sagt, er hat dir nie die Schuld daran gegeben.“

      Alwin malt mit der Spitze seines Schuhs zarte Linien in den Sand.

      „Es hat nie eine Rolle gespielt, was meine Eltern gesagt haben“, sagt er, den Blick auf die Linien im Sand gesenkt. „Ich habe mir immer die Schuld gegeben. Und das wird sich auch nicht ändern. Ich war ihr großer Bruder. Und Brüder passen auf ihre kleinen Schwestern auf. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz, das ich gebrochen habe, weil es mir wichtiger war, ungestört mit einem Mädchen zu sein.“

      „Ich kenne die Geschichte nur aus dem Mund deines Vaters, aber für mich klingt dein Verhalten absolut logisch: Du warst ein junger Mann, du hattest einfach andere Dinge im Kopf.“

      „Sina“, sagt er etwas zu schnell, etwas zu laut.

      „Ja?“, frage ich leicht irritiert.

      „Können

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