Durchgeknallte Weihnachten. Katie Volckx

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Durchgeknallte Weihnachten - Katie Volckx

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das nicht Paulina da hinten?«, zeigte Emmy zwanzig Minuten später mit dem Finger auf eine gackernde Gestalt vor dem offenen Eingang des Cafés, die sich dabei an der Schulter ihres Begleiters festhielt. Vermutlich brach sie vor Lachen jeden Moment zusammen.

      Ich verschluckte mich beinahe an dem letzten Schluck meines Kaffees, der schon ekelhaft erkaltet war. (Mit Emmy vergaß ich einfach die Zeit.) »Sieht ganz danach aus«, raunte ich bitter, mehr ihres Begleiters wegen: Thor (Ja, so heißt er wirklich!) - Ein Grund unseres Streits.

      »Ich habe sie nicht gleich erkannt. Sie sieht ... ganz anders aus«, sprach Emmy hinter vorgehaltener Hand, als hätte Paulina sie aus dieser Entfernung hören können.

      »Ganz anders« bedeutete in diesem Fall, dass Paulina sich die Haare blond färben (vor drei Wochen waren sie noch haselnussbraun) und bis zur Taille verlängern lassen und ihre sonst so sportliche Kleidung gegen hohe Stiefel und einen knieumspielten Mantel aus braunem Fellimitat eingetauscht hatte. Und ihre Schminkgewohnheiten hatten sich natürlich auch massiv verändert. Plötzlich waren Smokey Eyes sexy (früher völlig widernatürlich) und rot bemalte Lippen und Fingernägel sinnlich (früher total billig).

      »Ganz anders« bedeutete in diesem Fall also: nuttig.

      »Ganz anders« bedeutete in diesem Fall allerdings auch: Der zweite Grund unseres Streits.

      Ich machte mich klein auf meinem Stuhl und betete, dass sie mich nicht entdeckte. Ihre Aufmachung war einfach zu beschämend und ich wollte mit dem, was diese aussagte, nicht in Verbindung gebracht werden.

      Doch da war es schon zu spät.

      »Ach, sieh mal einer an«, keifte Paulina vom Eingang aus durch das Café. Ich tat so, als wäre nicht ich gemeint. Dennoch lief ich hochrot an. Plötzlich fühlte ich mich von jedem im Raum angeglotzt, dabei glotzte ein jeder (inklusive der Pudel einer älteren Dame) vollkommen entrüstet zu Paulina. »Neue beste Freundin gefunden?«

      Ich hatte noch eine reelle Chance, einigermaßen heil aus dieser Nummer herauszukommen, denn sie hatte noch nicht meinen Namen gerufen, sodass automatisch alle Augenpaare nach der betroffenen Person suchen würden. Denn wenn sie das erst einmal täte, wüssten alle ganz genau, wer Leonie Sophia Pfeiffer war (sie hatte die dusselige Angewohnheit, meinen vollen Namen auszusprechen, wenn sie verärgert war oder ich sie aus verschiedenen Gründen nicht beachtete, was äußerst unvorteilhaft war, wenn ich mich an einem öffentlichen Ort wie dem jetzigen aufhielt und mir alle Anwesenden gänzlich fremd waren), schließlich gäbe es nur eine einzige Person in diesem Café, die ihr glühend rotes Gesicht verzweifelt hinter den Händen zu verstecken versuchte. Und die rothaarige Frau würde sich ganz sicher in den Hintern beißen, weil sie sich von einer solchen Thusnelda wie mir hatte einschüchtern lassen. Wie könnte man mich auch ernst nehmen mit einer Erscheinung wie Paulina (im gegenwärtigen Zustand) an meiner Seite?

      »Bedienung?«, näselte Emmy mit einem Mal gespielt schnippisch. »Könnten Sie bitte diese wüste Gestalt entfernen? Ich fühle mich in meinem Frieden gestört.« Auf der Stelle wollte ich in Gelächter ausbrechen, doch ich biss mir auf die Lippen, um es nicht noch schlimmer zu machen – für Paulina. Immerhin war sie nach wie vor meine beste Freundin, nahm ich jedenfalls an.

      Ein junger Mann kam hinter der Theke hervor. Er erweckte den Anschein, dass ihm der Laden gehörte, aber auch, dass er bereits vor Emmys Aufforderung auf dem Weg zum Eingang gewesen war. »Ich bitte Sie ...«, wies er wie ein Verkehrspolizist mit einer Hand vom Café weg, mit der anderen berührte er Paulinas Arm sanft.

      Thor baute sich mit seinen ein Meter achtundneunzig und dem muskelbepackten Oberkörper vor dem Cafébetreiber auf, der weder in der Höhe noch in der Breite mit ihm mithalten konnte. »Nimm deine Schmalzfinger von ihr.«

      Entwaffnend hob der Cafébetreiber die Hände. »Die Gäste wünschen nur, in Ruhe gelassen zu werden.«

      »Sind wir etwa keine Gäste?«, schrillte Paulina.

      »Im Augenblick machen Sie mir nicht den Eindruck, nein.«

      Paulina wollte sich an dem Cafébetreiber vorbeidrängen. »Okay, das können wir ändern.«

      Doch er versperrte ihr den Weg. »Ich fordere Sie erneut auf zu gehen.«

      Thors Gesichtszüge verfinsterten sich. Ich sah den Cafébetreiber schon bewusstlos und völlig verknotet in einer Ecke liegen, doch Thor machte nur einen raschen Schritt nach vorn, um ihn in Schrecken zu versetzen.

      Da verhielt sich Paulina weitaus giftiger. »Passen wir etwa nicht in dein High-Snobiety-Lokal, oder was?«

      »Wenn Sie so auftreten, nicht!« Ich hatte immer gedacht, ich wäre mutig, aber der Cafébetreiber belehrte mich heute eines Besseren.

      »Ha!«, rief sie. »Was willst du damit sagen? Dass ich aussehe wie eine Nutte?« Dass sie das Thema zuweilen von sich aus anschnitt, lag lediglich daran, dass sie, seit ihrem Imagewechsel, alle naselang darauf aufmerksam gemacht wurde, und nicht daran, dass es ihr tatsächlich bewusst war.

      »Wer redet denn von Ihrem Erscheinungsbild?«, wunderte er sich anscheinend ernsthaft und machte ein Gesicht, als hätte sich Paulina gerade vor seinen Füßen übergeben. »Ich rede von Ihrem Geschrei von eben.«

      Und irgendwie hatte diese Antwort gesessen, denn sie sah plötzlich zerstreut aus, so, als hätte er ihr gerade eröffnet, dass ihre Mutter zu Tode gekommen war. Das bemerkte auch der Cafébetreiber und wandte sich wieder entspannt seiner Arbeit zu. Wir alle konnten wohl damit rechnen, dass der Tumult nun vorüber war.

      Ehe sie mit ihrem Thor sprachlos von dannen zog, trafen sich unsere Blicke, und wenn mich nicht alles täuschte, standen ihr Tränen in den Augen.

      Ich war noch immer erschrocken von Paulinas respektlosem und aufständischem Verhalten, als Emmy mir zuflüsterte: »Also, Benehmen ist in letzter Zeit wirklich Glücksache bei ihr, was?«

      Ich grinste halbherzig. »Ich weiß auch nicht, was dieser Thor an sich hat, dass sie sich so umbiegen lässt.«

      »Er sieht aus wie ein Zuhälter. Vielleicht ...«

      »Das ist er nicht«, fuhr ich ihr ins Wort, »das habe ich schon überprüft. Es ist etwas anderes.«

      »Es ist sehr schade um sie. Sonst ist sie so nett. Etwas zickig, aber nett.« Gelegentlich hatten Emmy, Paulina und ich zusammen etwas unternommen oder uns einfach nur für einen gemütlichen DVD-Abend bei mir zu Hause versammelt, wenn Matz mit seinen Jungs am Wochenende losgezogen war. Daher wusste Emmy, wovon sie redete.

      »Danke übrigens.«

      »Wofür?« Offensichtlich durchforstete Emmy ihr Unterbewusstsein nach einem wertvollen Hinweis, der ihr die Antwort vor mir gab.

      »Na ja, du hast vermieden, dass sie meinen Namen wieder raus krakelt.«

      Emmy lachte. »Eigentlich kannst du froh sein, dass sie nicht auch noch deine Adresse und Telefonnummer hinten anfügt.«

      »Und du hast die Leute hier glauben gemacht, dass du diejenige bist, die Paulina angesprochen hat.«

      Darüber schien sich Emmy nicht ganz klar gewesen zu sein. »Oh!«, brachte sie daher nur hervor.

      Nun musste ich lachen.

      »Meinst du wirklich?«

      Demonstrativ

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