Begegnung der vierten Art. Jay Baldwyn
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»Ja, das würde mir gefallen. Vielen Dank für den Tipp. Stehen Sie ihr privat nahe? Wenn ich fragen darf. Ich meine, sie ist eine sehr attraktive Frau.«
»Das ist sie ohne Zweifel, aber ich bin verheiratet und verkehre nur freundschaftlich und kollegial mit ihr.«
Umso besser, dachte Kaden, sagte aber: »Gut, dann hätten wir das auch geklärt.«
»So, du willst mir also diesen italienischen Amerikaner auf den Hals hetzen«, sagte Basilio Barbieri zu seiner Tochter.
»Sei bitte nicht melodramatisch, Vater. Er ist ein sehr netter Mann und hat nur ein paar Fragen an dich. Du bist nicht verpflichtet, sie ihm zu beantworten.«
»Er gefällt dir, nicht? Habe ich vielleicht doch noch eine Chance, Großvater zu werden?«
»Ich kenne ihn seit zwei Tagen, da kann keine Rede von einer Heirat sein.«
»Du glaubst doch an die Liebe auf den ersten Blick. Denke nicht, dass ich das vergessen habe.«
»Also Vater, wirklich. Er ist nur ein Kollege, sonst nichts.«
»Und deshalb kochst du für ihn? Ein Glas Wein hätte doch auch gereicht.«
»Ich koche in erster Linie für dich. Und da ich immer etwas reichlich bemesse, reicht es auch noch für einen Gast. Aber pscht jetzt. Ich höre ihn bereits kommen.«
»Buonasera!«, sagte Kaden und überreichte Kamile einen Blumenstrauß. »Ich hätte nicht erwartet, dass es so schnell klappt, Ihren Vater zu treffen.«
»Ich koche öfter für ihn. Und da dachte ich, es wäre das Einfachste, Sie dazuzubitten. Sie mögen hoffentlich Cassoeula – Wirsingeintopf mit Schweinefleisch?«
»Ich liebe diese lombardische Spezialität.«
»Na fein. Darf ich bekannt machen? Kaden Muller, mein Vater, Basilio Barbieri.«
»Ich bin hoch erfreut, Signore.«
»Sie scheinen einen Stein im Brett bei meiner Tochter zu haben. Zu unserem Abendessen lädt sie selten jemanden ein. Schon gar keine fremden Herren.«
»Vater, bitte. Signore Muller hat einen Tagesausflug nach Capo di Ponte hinter sich, um die Felsbilder in Augenschein zu nehmen. Für eine warme Mahlzeit war da bestimmt kaum Zeit. Bitte machen Sie es sich gemütlich. Ich habe noch in der Küche zu tun.«
»Du kannst uns schon mal ein Glas Grumello einschenken. Dann ist die Luft nicht so trocken«, feixte Basilio.
Nach dem zweiten Glas Wein traute sich Kaden, die Frage zu stellen, die ihn am meisten interessierte. »Wollen Sie mir erzählen, was Sie damals auf dem Monte Musinè erlebt haben, Signore Barbieri?«
»Das Ganze ist jetzt über vierzig Jahre her, aber ich habe keine Sekunde davon vergessen. Sehen Sie die Narben in meinem Gesicht? Die hat uns unsere Neugier eingebracht.«
»Sie sind mit einem Freund nach oben gegangen, richtig?«
»Ja, mit Luca Santoro. Wir waren jung und voller Tatendrang. Wir sind beide mit den Sagen dieser Region aufgewachsen. Es hieß, auf dem Monte würden Werwölfe und Zauberer wohnen. Es sollte Höhlen mit Goldschätzen geben, und eine davon, in dem es einen riesigen Edelstein gebe, solle von einem Drachen bewacht werden. Nachdem wir schon mehrmals seltsame Lichterscheinungen über dem Berg gesehen hatten, wollten wir an einem Sommerabend des Jahres 1978 der Sache auf den Grund gehen.«
»Haben Sie sich gar nicht gefürchtet? Sie hätten ja auf sonst was treffen können.«
»Nein, überhaupt nicht. Wie gesagt, wir waren jung. Die Quittung haben wir dann recht schnell bekommen.«
»Was ist passiert?«
»Auf der Hälfte der Strecke wurden wir plötzlich von einem gleißenden Licht geblendet, sodass wir die Augen schließen mussten. Als ich sie wieder öffnete, war Luca verschwunden. Ich fand ihn später völlig verwirrt etwas weiter weg.«
»Was hat er gesagt, wo er in der Zwischenzeit war?«
»Angeblich in einem Raumschiff über uns. Was er dort erlebt hat, darüber wollte oder konnte er nicht sprechen.«
»Haben Sie dieses Raumschiff auch gesehen?«
»Nein, aber ich habe ihm geglaubt. Luca war kein Fantast und hat mich nie angelogen. Leider lebt er nicht mehr, sodass Sie ihn nicht befragen können.«
»Wie ging es dann weiter?«
»Wir hatten beide verbrannte Gesichter und ein paar Tage später eine Bindehautentzündung. Ich bin nie wieder auf den Berg gegangen. Aber die Lichterscheinungen sind bis heute geblieben.«
»Das müssen doch auch andere Leute gesehen haben. Warum hat man Sie anschließend verteufelt?«
»Weil es immer wieder Leute gibt, die so etwas nicht wahrhaben wollen. Doch diese Ignoranten sind mir inzwischen egal. Zum Glück habe ich Freunde, die nicht die Augen verschließen und wissen, wovon ich spreche.«
»Darf ich die Herren dann zu Tisch bitten?«, fragte Kamile. »Ihr könnt ja später noch weitersprechen.«
Kaden genoss dann das vorzügliche Essen und den guten Wein. Zum Dessert gab es noch eine kleine Käseauswahl, bestehend aus Gorgonzola, Lodigiano und Belpaese. Leiblich und geistig gesättigt trat er bald darauf den Weg zum Hotel an. Den Wagen ließ er stehen. Ein Grund mehr, am nächsten Morgen wieder vorbeizukommen.
2. Kapitel
Als Kaden am nächsten Morgen seinen Wagen abholen wollte, schaute Kamile aus dem Fenster und winkte ihn heran.
»Guten Morgen. Signore Ferri hat angerufen. Er ist heute leider verhindert und muss den Termin absagen. In zwei Tagen könnte er Sie treffen.«
»Ja gut. Ich wüsste schon, was ich mit dem freien Tag anfangen könnte. Allerdings würde ich dazu Ihre Hilfe benötigen.«
»Hätten Sie zunächst Lust auf ein zweites Frühstück?«
»Nichts lieber als das.«
Bei Milchkaffee, frischem Brot, Salami, Mortadella und Käse sah Kamile Kaden erwartungsvoll an.
»Nun, was haben Sie mit mir vor?«, fragte sie lächelnd.
»Ich würde mir gern die Felsspiralen auf dem Hügel von Monbatero und die Steinräder im Wald von Il Marometto ansehen. Fürchte aber, beides allein nicht zu finden. Wenn ich Sie ein paar Stunden von Ihrer Arbeit abhalten darf?«
»Gut, mein Essay kann ich auch morgen beenden. Beide Fundstellen sind ja nicht allzu weit von hier entfernt, denn sie liegen ebenso wie Caselette am Fuß des Monte Musinè.«
Sie fuhren zuerst zum Dorf Monbatero, wo Kaden die Spiralen im Fels