Begegnung der vierten Art. Jay Baldwyn
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»Ich vertrete nicht die Meinung, dass es sich um eine keltische Triskele handelt, obwohl der Gedanke nahe liegt. Haben doch die Kelten einst von hier aus das Römische Reich erobert. Die Triskele ist zwar das am häufigsten verwendete Symbol in der keltischen Kunst, aber eine Dreier Spirale, die eng mit dem Dreiecksknoten verwandt ist. Diese drei Spiralen sind jedoch nicht miteinander verwoben.«
»Welche Bedeutung könnten sie stattdessen haben?«
»Die Form der Spirale findet man überall in der Natur. Bei Schnecken, Muscheln, Pflanzen, Bäumen und Spinnenetzen. Sogar im Universum. Selbst unsere DNS ist spiralförmig. Die Spirale symbolisiert den stetigen Kreislauf und Wandel – alles fließt und bewegt sich. Sie ist auch ein Zeichen der inneren Umkehr des Menschen, seiner geistigen und körperlichen Erneuerung. In der Physik beschreibt sie das Verhalten von Licht.«
»Das ist hochinteressant. Es kann sich also durchaus um kosmische Symbole handeln. Das passt in diese außergewöhnliche Gegend.«
»Wenn Sie so wollen, ja.«
Noch geheimnisvoller und mythologischer wurde es dann bei den Steinrädern, die auf einem Plateau aus dem Fels gehauen waren. In unmittelbarer Nähe von uralten, halb verfallenen Mauern, die älter als Rom sein sollten.
»Der Sage nach gründete das mythologische Wesen Phaeton, der Sohn des Helios Turin zu Ehren des Apisstieres«, erklärte Kamile. »Phaeton sei mit einem feurigen Wagen vom Himmel gekommen, heißt es. Bei seiner Rückkehr habe er die Räder zurückgelassen, die auch Räder des Wissens genannt werden. Er gilt als Überbringer der Technologie.«
»Wow, in der Prä-Astronautik wird der feurige Himmelswagen als Raumfahrzeug angesehen«, rief Kaden aus.
»Ich weiß. Einige vermuten sogar, dass es sich bei Phaeton und Ptah um ein und dieselbe Person handelt. Die beiden Namen sind ja ohnehin sehr ähnlich. Der ägyptische Gott Ptah gilt ebenso als Gott der Technologie, der Schmiedekunst und der Alchemie. Da er immer mit grüner Hautfarbe dargestellt wird, könnte man ihn für einen Außerirdischen halten.«
»Verstehe, der Gedanke drängt sich auf.«
»Einige gehen sogar so weit, diese Steinräder und die alten Mauern für Relikte einer verlorenen, hochzivilisierten Stadt hier im Susatal zu halten. Nicht so weit hergeholt, wenn Sie mich fragen. In diesem Tal gibt es mehrere energetische Schwerpunkte wie den Monte Musinè. Leider gibt es keinerlei Aufzeichnungen über diese Stadt.«
»Glauben Sie, die vielen Ufo-Sichtungen seit Jahrhunderten deuten darauf hin, dass die Besucher womöglich noch immer hier sind?«, fragte Kaden aufgeregt.
»Es gibt Leute, die glauben an eine geheime, unterirdische, außerirdische Basis. Mehrere seltsame Vorkommnisse geben jedenfalls zu denken. Und damit meine ich nicht nur das Erlebnis meines Vaters und seines Freundes. Im selben Jahr wurden allein in Italien 2000 Sichtungen gemeldet. Fünf Jahre zuvor hat ein Alitalia-Pilot eine leuchtende Kugel gesehen. Und innerhalb von nur zwei Wochen gab es sechs weitere Sichtungen. Zum Beispiel schilderte ein Pilot derselben Fluggesellschaft auf dem Weg von Mailand nach London, er würde ein fliegendes Objekt vor sich sehen. Auf die Frage an den Fluglotsen, ob er etwas auf dem Schirm sehe, antwortete dieser: »Ja, ich sehe ein unbekanntes Objekt zehn nautische Meilen hinter Ihnen«. Ähnliche Berichte gibt es noch viele.«
»Soll hier nicht schon 1933 ein Ufo abgestürzt sein?«
»Ja, in der Nähe von Mailand. Angeblich eine Metallscheibe mit 130m Durchmesser. Mussolini hat den Vorfall untersuchen lassen. Später ist alles vertuscht worden. Es ist nie irgendwo ein Trümmerteil aufgetaucht.«
»Sind Ihnen noch weitere Vorkommnisse bekannt?«
»Si, zum Beispiel hat 2018 ein Kampfjet über Corio, das ist nur 32km von hier entfernt, eine Lichtkugel bzw. ein Flugobjekt mit etwa 60m Durchmesser verfolgt. Immerhin hat die Luftwaffe bei einer Ufokonferenz in San Marino zugegeben, dass es zirka 200 mysteriöse Berichte in den Akten gebe. Und 2014 kam ein Buch heraus, verfasst von zwei italienischen Journalisten, die Zugang zu bis dahin geheimen Ufo-Akten der italienischen Luftwaffe hatten. Das Buch umfasst 338 Seiten, und die Sichtungen reichen bis in die siebziger Jahre zurück.«
»Das muss ich mir unbedingt besorgen«, meinte Kaden. »Wissen Sie, wie es heißt?«
»Ich glaube, UFO I DOSSIER ITALIANI. Schauen Sie mal ins Internet. Da gibt es ganze Seiten über dieses Thema.«
»Sie hat ja der Himmel geschickt.«
»Nicht ganz. Schließlich sind Sie zu mir gekommen.«
»Ja, der beste Einfall, den ich seit Jahren hatte. Und dass ich dabei auch noch so eine reizende Frau kennenlerne …«
»Genug, genug, Signore Muller. Ich werde ja rot.«
»Wie lange haben Sie vor zu bleiben?«, fragte Kamile, als sie später in ihrem Haus Kaffee tranken.
»Ich will morgen noch das Treffen mit Signore Ferri durchführen, mich dann aber bald auf den Rückweg nach Rom machen. Ich nage nicht gerade am Hungertuch, aber auf Dauer wird mir die Hotelunterkunft zu teuer.«
»Dann mache ich Ihnen den Vorschlag, bei mir zu wohnen. So können Sie noch ein paar Tage länger bleiben.«
»Das ist reizend von Ihnen, aber das kann ich doch nicht annehmen.«
»Doch, das können Sie. Mein Haus ist groß genug, und unter Kollegen sollte man sich helfen. Sie können sich gern revanchieren, wenn ich mal nach Rom komme.«
Kaden zierte sich nicht lange und nahm das Angebot gern an. Schon allein, um der charmanten Frau nahe zu sein. Nachdem er seine Sachen aus dem Hotel geholt hatte, kaufte er unterwegs noch ein paar Flaschen Wein und einige Lebensmittel ein. Dann zog er in das gemütliche Gästezimmer.
»Das wäre aber wirklich nicht nötig gewesen«, sagte Kamile.
»Doch, einmal will ich Ihre Gastfreundschaft nicht überstrapazieren, und heute möchte ich für Sie kochen.«
»Fein, ich lass mich auch mal gern verwöhnen.«
Kaden bereitete dann Römisches Hähnchen – Pullum Frontonianum – zu, das auf ein Rezept des Römers Apicius zurückging. Er nahm dazu Hähnchenbrustfilets, die in einer Soße aus einem Rotwein-Salz-Gemisch, Olivenöl, Lauchzwiebeln, Kräutern und Honig in einer Auflaufform gegart wurden. Zum Nachtisch gab es Römische Globuli – Süße Quark-Grießbällchen in gehackten Mandeln, Pistazien oder Mohn gewälzt. Ebenfalls ein antikes Rezept. Kamile ließ es sich schmecken und lobte Kaden ausgiebig.
»Sie kochen mindestens ebenso gut wie ich«, sagte sie.
»Leider habe ich nicht allzu oft Gelegenheit dazu. Für mich allein ist mir der Aufwand zu groß, aber hin und wieder lade ich ein paar Freunde zum Essen ein.«
»Ja, mir geht es ähnlich. Aber ich habe ja noch meinen Vater.«
»Was ist eigentlich mit Ihrer Mutter, wenn ich fragen darf?«
»Die ist leider schon vor Jahren von uns gegangen. Der Krebs, wissen Sie. Doch Vater kommt erstaunlich gut allein zurecht. Das hätte ich anfangs nicht für möglich gehalten. Und Ihre Eltern leben beide noch?«
»Ja,