Der auferstandene Rosenkranz. Denise Remisberger

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Der auferstandene Rosenkranz - Denise Remisberger

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zu tun hatte.

      In der Nähe der wilden Sihl und der kanalisierten Limmat schwenkte Pfarrer Jacques auf einen kleinen Parkplatz ein und stieg aus.

      Im Altersheim «Flussmatte» wurde er freudig begrüsst, allen voran von den Pflegerinnen, für die der Anblick eines so gut aussehenden, noch nicht mal ganz vierzigjährigen Mannes eine willkommene Abwechslung darstellte.

      Acht Frauen und ein Mann erhoben sich, stützten sich teils auf ihre Gehstöcke, teils auf ihre Sturheit, schwatzten alle durcheinander und folgten ihrem Pfarrer hinaus.

      Beim Anblick des geblümten Busses brachen sie alle wie auf Kommando in ein in verschiedenen Tonlagen vorgetragenes Gegacker aus, zeigten mit ihren zittrigen Fingern auf das Gefährt und stiegen trotz vehementem Zweifel an dessen Fahrtüchtigkeit ein.

      Da geschah es.

      Zwei Augenpaare trafen sich, verengten sich augenblicklich zu Schlitzen und die Stimmung zwischen den beiden siebzigjährigen Herren wurde eisig.

      «Was ist?», flüsterte Frau Lammschein Signore Luciano ins Ohr.

      «Ach, nichts. Ich kenne diesen Mann von früher.»

      «Sie kennen sich von früher?», hatte Frau Gerlind ihre Ohren gespitzt, die immer noch optimal funktionierten, ganz im Gegensatz zu ihrem sechsten Sinn, der noch nie viel hergegeben hatte.

      «Ja, lange her», knirschte Herr Ferdin mit den Zähnen.

      «Können wir?», wollte Jacques vom Fahrersitz aus wissen, wobei er interessiert in den Rückspiegel starrte.

      Irgendetwas stimmte hier absolut nicht. Seiner Meinung nach. Zwischen Signore Luciano und Herrn Ferdin herrschte Kalter Krieg. Dieser Ausflug würde heiter werden. Und diese Seniorengruppe hier hatte er für ewig am Hals. Na ja, bis sie tot umfielen, versteht sich.

      4

      «Wir sind da», rief Pfarrer Jacques und parkierte auf dem grossen Platz zwischen dem Arboner Metropol und dem Jumbo, direkt am Bodensee.

      Die Sonne schien warm auf die am Rand aufgetürmten Schneehaufen und inspirierte Frau Sandmann gleich zu einer kritischen Bemerkung über die bräunlich-schwarze Verfärbung des Schnees.

      «Deine Zähne sehen auch nicht anders aus, Hedwig!», krähte Frau Melchior daraufhin.

      «Dafür sind es meine!», giftete Frau Sandmann in geübter Manier zurück.

      Nachdem endlich alle aus dem Blumenbus ausgestiegen waren, wurde gemächlich spaziert, die beiden Streithähne Ferdin und Luciano möglichst weit voneinander entfernt.

      «Meine Schwester haben sie letzte Woche begraben, in Sankt Gallen, auf dem Friedhof Sankt Georgen», seufzte Frau Melchior.

      «Gerlinde Steiner? Die mit dem katholischen Tick?», vergewisserte sich Frau Sandmann.

      «Ja, ja. Sie liess sich mit dieser Reliquie in Händen begraben.»

      «Mit welcher Reliquie?», drehte sich Pfarrer Jacques hellhörig zu den beiden Frauen um.

      «So ein altertümlicher Rosenkranz, dem nachgesagt wird, seine Perlen bestünden aus dem Holz des Kreuzes Christi.»

      «So ein Unsinn», kommentierte Frau Sandmann. «Damals gab es noch gar keine Rosenkränze.»

      «Und woher hatte Ihre Schwester diesen Rosenkranz?» Pfarrer Jacques’ Alarmglocken schrillten ganz laut.

      «Aus dem Vatikan. Von einem ehemaligen Kardinal, den sie von früher kannte.»

      «Der ‹Purpurne Kranz der heiligen Rosen›», dachte Pfarrer Jacques und wusste bereits, an wen er diese Information bald weitergeben würde.

      5

      An einem verschneiten Montagabend war ausnahmsweise mal richtig was los in der Nicht-Grossstadt Sankt Gallen.

      Amalia hatte sich mit Kuno und Berian im Engel getroffen zwecks späteren Besuchs eines Konzertes im Palace.

      Die beiden Männer arbeiteten gerade an einem Kunstprojekt und an ihrem Vitamin B, welches sie noch nicht so ganz gezielt einsetzen konnten.

      Amalia war Kunstmalerin und suchte erst gar nicht nach etwaigen Nährstoffen. Sie berief sich ausschliesslich auf ihre mediale Verbindung zu einer ganzen Reihe Verstorbener und teilte denen ihre wenigen, aber konkreten Lebenswünsche mit, die sich dann jeweils zum richtigen Zeitpunkt erfüllten.

      Das mit dem richtigen Zeitpunkt erforderte manchmal ein Warten von einigen Jahren, also ein Nichtaufgeben der Ziele während einer ganz schön langen Zeit. Ein Dranbleiben am eigenen Selbstbewusstsein.

      Und das konnte Amalia.

      Um zweiundzwanzig Uhr standen die drei im Konzertraum zwischen den Stühlen, die sich als etwas hinderlich erwiesen, vor allem, da sich die meisten aus dem Publikum gar nicht setzen wollten.

      «A Place to Bury Strangers» begannen zu spielen und verliehen dem ehemaligen Kinosaal eine nostalgische Atmosphäre, welche die schwarz gekleideten Gemüter erfreut zurückliess.

      6

      Als das mit dem Display letzten Schreis ausgestattete Handy mit einem kirchlichen Liedchen klingelte, hielt es sich Prior Hans-Peter zu Klostern Sankt Gallen mit stolzer Miene ans parfümierte Ohr.

      «Priorat?», intonierte er mit Fistelstimme.

      «Das würde ich mich auch fragen, Hans-Peter. Guten Abend.»

      «Jacques! Wie geht’s, wie steht’s? Ich hab’ ein neues Handy. Ich sage dir, einfach genial. Ich habe die ersten Seiten der Gebrauchsanweisung bereits studiert.»

      «Studiert. Aha. Hans-Peter. Etwas ganz anderes. Du kennst die Reliquie der ‹Purpurne Kranz der heiligen Rosen›?»

      «Klar, Jacques. Was ist damit?»

      «Ich weiss, wo sie ist. Und ich könnte sie besorgen.»

      «Was?!»

      «Hättest du Interesse?»

      «Natürlich, Jacques. Natürlich. Wow. Der ‹Purpurne Kranz der heiligen Rosen›. Ja. Ich hab’ da einen Bischof aus Deutschland zur Hand. Ein leidenschaftlicher Sammler.»

      «Gut, Hans-Peter. Ich komme morgen bei dir vorbei, um die Konditionen zu besprechen. Sagen wir, zwei Uhr nachmittags?»

      «Gut. Ich erwarte dich. Bis dann, Jacques.»

      «Bis dann, Hans-Peter.»

      7

      Um dreizehn Uhr fünfundfünfzig suchte Pfarrer Jacques mit seinem grossen, weissen Camper, dem einzigen Fahrzeug, das er besass, verzweifelt einen Parkplatz

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