Der auferstandene Rosenkranz. Denise Remisberger

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Der auferstandene Rosenkranz - Denise Remisberger

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euch nur auf, ihr Welterfahrenen.»

      «Ach, deine Erfahrungen machst du schon noch», spottete Amalia und zwinkerte Kuno zu.

      Der lief wieder mal rot an und sagte eine ganze Weile lang nichts mehr.

      11

      Frau Melchior und Frau Sandmann standen, zum Aufbruch gerüstet mit schicken Gehstöcken, fein karierten Jackenkleidern, hübschen Broschen und zierlichen Hüten, am Hauptbahnhof Zürich und warteten auf den Zug nach Sankt Gallen.

      Nachdem sie äusserst behutsam eingestiegen waren und sich am Fenster drapiert hatten, setzte sich das moderne Gefährt fast tonlos in Bewegung.

      Die Strecke Zürich – Sankt Gallen war nun wirklich nicht die schönste mit all den hässlichen Industriegebäuden, was die Damen dazu animierte, in den mitgebrachten Heften über Gesundheit und Krankenkassen zu lesen.

      «Was für ein Geheuchel. Die behaupten hier tatsächlich, die Prämien seien gleich bleibend. Dabei sind sie eben erst angestiegen. So eine Unverfrorenheit», schimpfte Hedwig Sandmann.

      «Das sagen sie jedes Jahr von Neuem. Und jedes Jahr wird es teurer», bekräftigte Line Melchior.

      In Sankt Gallen angekommen, stiegen die beiden Ausflüglerinnen in den Bus nach Sankt Georgen um und spazierten dann zum Friedhof, auf dem die Schwester von Line, Gerlinde Steiner, begraben lag.

      Als sie vor dem Grab angekommen waren, heulte Line plötzlich los: «Hier hätte Gerlinde nie ruhen wollen. Diese Ecke ist feucht. Die völlig falsche Seite.»

      «Line! Wir haben Januar. Kein Wunder, dass es hier feucht ist. Auch wenn heute ein ausgesprochen schöner frühlingshafter Tag ist mit einem völlig schneefreien Boden.»

      «Hier liegt sie trotzdem falsch!», blieb Line stur und trocknete sich die Tränen mit einem bestickten Stofftaschentüchlein.

      «Sollen wir sie vielleicht umgraben?», scherzte Hedwig, ohne zu ahnen, was sie damit für ein Durcheinander auslöste.

      «Genau, Hedwig, das machen wir. Los, gehen wir wieder runter in die Stadt und besorgen uns eine Schaufel, ein Stemmeisen und zwei Taschenlampen.»

      «Handschuhe haben wir.»

      «Handschuhe?»

      «Wegen der Fingerabdrücke.»

      «Das ist meine Schwester. Die kann ich aus- und wieder eingraben, so oft ich will.»

      «Das bezweifle ich ernsthaft.»

      Im Do-It-Yourself fanden die beiden Grabschänderinnen sofort eine Schaufel und zwei Taschenlampen.

      «Junger Mann», orderte Hedwig Sandmann einen Verkäufer zu sich, «wo befinden sich die Stemmeisen?»

      «Wofür brauchen Sie denn die?»

      «Geht Sie nix an! Also?»

      «Hier.» Der eingeschüchterte Verkäufer holte ein kleines Stück Eisen aus einem der Regale hervor.

      «Dieses winzige Ding?»

      «Grössere haben wir leider nicht. Und noch schwerere auch nicht», fügte der Verkäufer viel sagend hinzu.

      «Na gut. Geben wir uns halt mit dieser Attrappe zufrieden», murrte Hedwig Sandmann.

      Zurück auf dem Friedhof, kurz nachdem es dunkel geworden war, räumten die beiden Täterinnen zuallererst sorgfältig die Blumengestecke weg und gruben dann vorsichtig die kürzlich in die Erde gepflanzte immergrüne Schneeheide wieder aus.

      Dann schaufelten sie die Erde über dem Sarg auf einen Haufen neben das Grab.

      «Ein tieferes Loch für diesen Sarg hätten sie nicht buddeln können. Du meine Güte! Endlich», seufzte Hedwig, als ihre Schaufel auf Holz traf.

      Sie kniete selbst in der freigelegten Öffnung, direkt neben dem Sargdeckel.

      «Ich komm’ jetzt runter», flüsterte Line, die sich oben von der ersten Schaufeletappe ausgeruht hatte.

      Als beide einträchtig nebeneinander knieten, meinte Line: «Das Stemmeisen haben wir wahrscheinlich umsonst mitgeschleppt. Der Deckel ist bestimmt nur draufgelegt worden.»

      «Na, sicher ist sicher. Vielleicht gibt es einen inneren Mechanismus, der einrastet.»

      Mit vereinten Kräften hoben sie den Deckel an und schon leuchtete das wächserne Antlitz Gerlinde Steiners im Licht der Taschenlampen auf.

      «O je!», hauchte Line.

      «Sie sieht friedlich aus, Line.»

      «Ja, das tut sie tatsächlich.»

      «Willst du sie da wirklich herausholen? Es scheint ihr hier zu gefallen.»

      «Ja, Hedwig. Hier liegt sie gut. Lassen wir sie hier. Aber weisst du was? Diesen komischen Rosenkranz nehme ich mit. Zur Erinnerung.»

      «Dann nimm ihn, Line. Es ist elendiglich kalt auf dem Boden.»

      Line Melchior wickelte den «Purpurnen Kranz der heiligen Rosen» von Gerlindes Fingern, streichelte ihr kurz über die Wange und erhob sich.

      Der Deckel wurde zurückgelegt, die Öffnung wieder mit Erde aufgefüllt und die Immergrüne neu eingepflanzt. Zu guter Letzt stellten die beiden die vollen Vasen und das kleine Windlicht auf das Grab zurück, schüttelten ihre Röcke und Schuhe aus und machten sich auf den Weg zur Bushaltestelle.

      Dort standen sie ewig herum, bis an diesem Abend der äusserst reduzierte Samstagsfahrplan zum Einsatz kam und sie zum Bahnhof brachte.

      Auf den Zug nach Zürich, diesmal eines der älteren Modelle, mussten sie zum Glück nicht lange warten.

      Sie suchten sich einen Platz an der Heizung, die ziemlich viel heisse Luft ausströmte und tauten langsam auf.

      «Unsere Schuhe sind nicht gerade sauber», kicherte Line.

      «Meine Strumpfhosen haben ein Loch am Knie», lachte Hedwig und bürstete einige verbliebene Erdkrümel vom anderen Knie.

      Sie würden nicht gerade den vorteilhaftesten Eindruck vermitteln, wenn sie später am Portier vorbeischleichen würden, aber sicher den interessantesten.

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