Parcours d`amour. Jacques Varicourt

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Parcours d`amour - Jacques Varicourt

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faszinierte ihn offensichtlich. Er erkundigte sich bei mir ob ich ihm etwas Stoff besorgen könnte, er wollte es mal testen, nur mal so... als ich mir Michael in dem Moment ansah, wie er da saß mit seiner Stirnglatze, seiner uralten, ergrauten Second Hand Jacke, seinen angesoffenen Augen, seinem sichtlich angeschlagenen Bewegungsrhythmus, da dachte ich mir: „Ja, warum sollte Michael, der mich seit meiner Finanzkrise aufopfernd mitdurchschleift - kneipentechnisch gesehen, nicht ruhig einmal Hasch ausprobieren, denn in seinem Gehirn kann man sowieso nicht mehr viel beschädigen.“ Einer wie er, der sein gesamtes Leben den Kneipen in Hamburg und Umgebung gewidmet hat, der braucht etwas Neues zum Genießen. Geld hatte er ja genug. Seine wohlhabenden, etwas einfältigen Eltern versorgten „ihn“ den Dauerarbeitslosen, reichhaltig mit Euros, damit Michael seinen Lebensstandard, trotz so mancher unangenehmer, wirtschaftlichen Krise, aufrecht erhalten konnte. Und er war darüber hinaus immer großzügig, das war auch der einzige Vorzug den er hatte. Ja, ohne überheblich wirken zu wollen muss ich zugeben, dass Michael Jürf, im Gegensatz zu mir, ein gern gesehener Gast in Hamburgs Kneipen war und ist. Er war sympathisch aufgrund seiner Primitivität, er furzte, er rülpste und er benahm sich in jeder Hinsicht wie ein Prolet. Aber Michael hatte die Geldmittel, die ihm ermöglichten, so ein Verhalten immer wieder neu und drastisch zu kompensieren. Das heißt, Michael sucht(e) eigentlich eine Freundin, aber er weiß selbst, dass man mit solchen Suffauftritten, die er sich fast täglich leistete, nicht nur Eindruck im positivsten Sinne macht, sondern, dass man auch zum Kneipenheini mutiert. Ob man dann noch für voll genommen wird, gerade von einer reizenden Frau, ist eher fraglich. Aber nichts desto Trotz, wir waren und sind einander gut bekannt. Wir haben denselben Humor, und uns zieht es immer wieder zur Reeperbahn, ins verruchte St. Pauli, zu den Mädchen der Nacht, zu dem Rotlicht, welches alle Makel und alle düsteren Gedanken überdeckt, und welches außerdem eine Illusion hervorruft, die ich als „wahnsinnig geil“ beschreiben würde. Michael Jürf wurde hier auch regelmäßig wahnsinnig, im krankhaftesten Sinne den man sich vorstellen kann, er war und ist seelengestört. Der Kiez hat zwar seinen eigentlichen Charme verloren, Gewalt und Mord dominieren dort seit Jahren, aber es ist trotzdem immer wieder erlebenswert die Herbertstraße zu durchwandern, um sich dann an den wohlgeformten Körpern der schönen Frauen zu erfreuen, zu ergötzen, und dabei den steif gewordenen Schwanz zu spüren, wie er sich gegen den Reißverschluss der Hose drückt. Man ist wie berauscht von der makellosen Symmetrie der Brüste, der Beine und des knackigen Gesamteindrucks, den diese, von Gott geschaffenen Geschöpfe herzeigen. Eine neue Generation von Frauen ist zurzeit der Anziehungspunkt der allgemeinen Lust. Sie sind ca. 18 bis 25 Jahre alt. Ein Wunder an Sexappeal, und sie sind die wahre Sünde, sie sind die Sünde: Die von den Religionen verteufelt wird, aber es ist eine besondere Sünde, der kein Mann widerstehen kann. Leider sind die Preise dementsprechend hoch. Leider, leider, leider,... Michael und ich planten trotzdem einen etwas größeren Kiezbesuch in ferner Zukunft. Denn der Frühling stand vor der Tür, die Hormone drohten mal wieder verrückt zu spielen, und wir konnten den Anblick der Frauen einfach nicht vergessen. Wir redeten uns gegenseitig heiß. Denn man schwärmt nicht nur vom Kiez, man erlebt ihn, man genießt ihn, man lässt sich führen und man wird letzten Endes verführt. Michael wurde aufgrund dessen, aufgrund meines Erzählens, wieder nüchtern. Er stimmte mir zu, dass wir den nächsten Kiezbummel ausführlicher gestalten sollten, denn beim letzten Besuch der Herbertstraße, war Michael derartig angesoffen gewesen, dass er laut keuchend, stöhnend und einen brumpfenden Hirsch imitierend, durch die dunkle Gasse der sündigen Meile gezogen war, und das direkt an meiner Seite. Ich lachte, alle in der kleinen Straße lachten, nur die Mädchen hinter ihren Fenstern warfen dem dahintorkelnden Michael Jürf einen verächtlichen, kopfschüttelnden Blick zu. Aber das interessierte ihn nicht. Er ignorierte es ganz einfach, weil er nichts mehr merkte. Michael war in seinem Element gewesen, in jenem, vielleicht sogar schon, historischen Moment für ihn. Besoffen, laut, fernab jeden guten Geschmacks, schleppte er sich an den erleuchteten Fenstern, der leicht bekleideten Schönheiten vorbei. Jeder Busen, jeder leicht gebräunte Körper, jedes hübsche, vor allem jedes junge Gesicht, fand seine begeisterte Anerkennung. Die Begeisterung der Mädchen, in Bezug auf Michael, war allerdings sehr verhalten. Sie hielten ihn für einen durchgeknallten, aus der Kontrolle geratenen, Idioten. Und damit lagen sie gar nicht mal so fern - allerdings im erfreulichsten Sinne, muss man hinzufügen. Ich ging daraufhin, etwas Abstand haltend, hinter ihm her... Und so sollte es wieder sein, so lustig, - beim nächsten Mal, nur nüchterner. Dieses und vieles mehr besprachen wir in der Altengrab-Kneipe in Harburg und der Termin rückte in der Tat immer näher. Es war ein Sonntag, an dem wir spontan beschlossen, zum Kiez zu fahren, so geschah es auch. Dort angekommen, stürzte sich Michael heißhungrig auf eine nahegelegene Imbissbude. Michael entschied sich für Fettes und Nahrhaftes vom Grill. Die Bedienung erfolgte prompt. Schinkenwurst und Pommes frites schmatzend, erklärte Michael dem Inhaber des Imbisses, im Groben, die Unterschiede zwischen Frikadelle, Schinkenwurst und Currywurst. Der Besitzer des Imbisses sah mich erstaunt an. Auch ich war durchaus überrascht, was dieser Anfall von Bildung seitens Michael bedeuten sollte. Aber diese Bildungslücke blieb für mich und für den Imbissbudenbesitzer ungeklärt, denn Michael schmatzte lustig, munter weiter, er ersparte uns eine detaillierte Erklärung seiner Analyse. Doch dann, nachdem Michael vorerst gesättigt war, gingen wir weiter zum Silbersack, eine der bekanntesten Kneipen auf St. Pauli. Der durstige Michael bestellte Bier und Korn, um so seinen gedehnten Magen zum Entspannen zu bewegen. Hastig und unkontrolliert ließ er den Alkohol durch seine Kehle fließen. Der Abend verlief ausgesprochen harmonisch. Nicht nur, weil Michael, allen Erwartungen zum Trotz, friedlich, um nicht zu sagen „menschlich“, auftrat, nein, er hatte sich richtig im Griff. Allzu viele Nackenschläge, Verbalentgleisungen und unangenehme Primitivfehltritte in der Vergangenheit, hatten ihre Wirkung gezeigt - von anderen, die ihn zurechtgewiesen hatten. Michael Jürf war auf dem besten Wege, sich zu einem normal trinkenden Zeitgenossen zu entwickeln. Eine begrüßenswerte und vielleicht erfreuliche Tatsache, auch wenn diese Entwicklung letzten Endes bei ihm fehlschlug. - Am darauffolgenden Montag trafen wir uns, zum Nachtrunk, in der etwas schummrigen Bahnhofskneipe von Ingo Wilff. Mitten im Harburger S-Bahnhof gelegen. Klein, dunkel, klebrig, unsauber und ein bisschen gammelig. Das Besondere an dieser Kneipe sind die Angestellten. Mit nur einer Ausnahme arbeiteten hier ausschließlich Menschen die es im Leben zu rein gar „nichts“ gebracht haben. Allen voran eine gewisse Christiana. 46 Jahre alt, ketterauchend, ungepflegt, schlechte Zähne, affenähnliche Gesichtszüge, aggressiv und eine Intrigantin aller erster Güte. Sie sieht aus wie eine ehemalige Heroinabhängige, die es mit Mühe und Not (Methadon-Programm) geschafft hat, in der Gesellschaft der Gestrandeten, dennoch wieder einen Fuß auf die Erde zu setzen. Vielleicht ist sie auch HIV-positiv? Ich will da nichts behaupten, aber aussehen tut sie auf jeden Fall so. Christiana ist asozial, hinterhältig, schleimig und gewöhnlich, im negativsten Bild das man sich vor Augen halten kann. Sie mischt sich in jedes Gespräch ein, und erhebt für sich den Anspruch „etwas Besseres“ zu sein, weil sie es ja aus ihrer Sicht wieder geschafft hat - glücklich ist, wer vergisst. Sie versammelt innerhalb der Bahnhofskneipe, immer mal wieder, in der sogenannten warmen Ecke, „die Männer“ um sich herum, die alleinstehend, und sich, sexuell gesehen, in sogenannten Orientierungsprozessen befinden. Befinden? Was? Oh ja! So mancher Kerl wird auf seine alten Tage schwul, das ist nun mal so. Christiana selbst, die durch ihr maskulines Auftreten, Gehabe und Getue inbegriffen, viel Verständnis für die bestimmten Herren zeigt, fühlt sich in dieser Rolle (als die Verständnisvolle) durchaus wohl. Sie genießt ihre angeborene Zwittrigkeit, sowie ihr stark männliches Gebaren, welches mehr als offensichtlich ist. Es ist ihr eigenartiges Aussehen, das sie aus der Masse des Normalen heraushebt. Ihre alte, runzelige Gesichtshaut ist bereits zu Leder geworden, und ihr Bauch wölbt sich unter einer viel zu engen, sowie, viel zu alten Jeanshose hervor. Die Fingernägel sind brüchig, dreckig, abgekaut und unansehnlich geworden, das Nikotin tut sein Übriges. Auch ihr Friseur hat es allem Anschein nach aufgegeben, ihr eine vernünftige und moderne Frisur zu verpassen, denn zerzaustes, selbst gefärbtes Haar, so wie sie es bevorzugt, sieht nicht bei jeder Altersgruppe gut aus. Und ihre Gesichtszüge entwickeln darüber hinaus immer wieder neue, abstoßende, ekelerregende Variationen. Ääähhh... Im Umgang mit der Kundschaft fällt der schlechte Eindruck den sie macht besonders auf. Ja, es liegt beinah die Vermutung nahe, dass sie wieder voll auf Droge ist - es aber gut verbergen kann. Trotzdem, ihre Augen sind immer leer, unfreundlich, beängstigend, sowie böse und aus medizinischer Sicht gesehen „krankhaft belastet“. Christiana hatte mehrfach, auch in meinem Beisein, Michael Jürf geraten, für mich

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