Mörderische Schifffahrt. Charlie Meyer

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Mörderische Schifffahrt - Charlie Meyer

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fragte Eddie verständnislos.

      »Ich sagte, ich kastrier dich beim nächsten Versuch. Das kannst du auch deinem Kumpel Chris ausrichten.«

      »Ach so.« Eddie presste sich erneut die Hand aufs Auge und schlurfte von dannen. Der Kranz weißer Haare stand empört von seiner tomatenroten Platte ab.

      Später, als sie ihre Sachen aus der Kabine holte, hörte sie, wie Eddie zu Chris in der Küche sagte: »Sie sieht ja ganz schnuckelig aus, aber wenn man sie nicht mal anfassen darf ...«

      »Wahrscheinlich ne Lesbe«, sagte Chris, der Kinderkrankenhausclown, und stopfte sich ein kaltes Würstchen in den Schlund.

      »Bis morgen«, brüllten beide Männer im Hafen am Senator-Meyer-Weg, als sie in ihre Autos einstiegen und davonbrausten. Das heißt, Eddie machte noch einmal eine Vollbremsung, fuhr zurück, kurbelte das Fenster herunter und starrte Alice aus eineinhalb Augen an. »Und nicht vergessen, einen frischen Schlüpfer anzuziehen.«

      Dann war er weg, Chris ebenfalls und so wie es aussah, hatte sich auch Inga mit ihrem Roller bereits in den Feierabend verabschiedet, ohne ihrer neuen Aushilfe, Gottes Spionin, wenigstens Auf Wiedersehen zu sagen.

      Und nun?, fragte sich Alice und blickte die unwirtliche Straße hinunter, die mehrere Schienenstränge der ehemaligen Hafenbahn kreuzten. Weit und breit kein Taxi, weit und breit keine Bushaltestelle, nur Silos und Fabrikhallen auf der einen Seite und der verlotterte Hafen auf der anderen. Alice seufzte und kramte nach ihrem Handy - bis ihr einfiel, dass es noch auf dem Schiff hinter dem Tresen lag.

      14

      »Na Supermaus, was macht die Geisterjagd?« Alice stöhnte, entledigte sich ihrer Schuhe und zog sich einen Stuhl für die brennenden Füße heran. Vom Hafen zur Klütstraße war es ein langer taxiloser Weg gewesen.

      Es war kurz nach neunzehn Uhr, und im Besprechungsraum der Detektei brannte bereits Licht. Für die Zeit, in der Alice auf dem Schiff recherchierte, fanden ihre täglichen Besprechungen abends um sieben statt, was keinem so recht passte. Fred sah aus, als schliefe er im Sitzen, und Mellie war so hibbelig, als flösse pures Adrenalin durch ihre Adern.

      »Ich glaube, er wird verfolgt, aber ich bin mir nicht sicher«, stieß sie nervös hervor. »Erst war da ein Mann, mittelgroß, Anfang zwanzig, ein eher schlaksiger Typ, der ihm gefolgt sein könnte, als Hajo zur Post ging, dann noch mal zwei Typen etwa im selben Alter, als er nachmittags durch den Bürgergarten spazierte. Jedes Mal, wenn er sich umdrehte, haben sie versucht, ihre Gesichter abzuwenden. Ich meine rein theoretisch könnten sie ihm gefolgt sein. Diese Nachbarn von ihm, Rosenbuschs, habe ich allerdings schon wieder nicht gesehen.«

      Für kurze Zeit blieb es still am Tisch. Alice bewegte nachdenklich ihre Zehen auf dem Stuhl, und Fred Roderich stützte auf der Tischplatte die Ellenbogen ab und hielt seinen Kopf mit beiden Händen fest, die Augen fast geschlossen.

      »Ganz sicher?«, murmelte er.

      »Sag ich doch, nein!«, wiederholte Mellie ungehalten. »Aber es könnte möglich sein.«

      »Fotos?«, fragte Alice, und versuchte, nicht vorzeitig schadenfroh zu grinsen. Sie hatte den Akku der Digitalkamera im Blick, der immer noch im Aufladegerät an der Steckdose hing.

      »Du wirst es nicht glauben, aber ja, ich habe Fotos geschossen. Von allen Dreien. Trotz der Aggressivität, mit der sie die Worte hervorstieß, schien irgendetwas nicht zu stimmen.

      Alice blickte von ihren Zehen auf, die von der vielen Lauferei in den engen Schuhen dick und gerötet aussahen. Fred öffnete die Augen, richtete sich stöhnend auf und tastete auf der Tischplatte nach seiner Brille mit der eckigen schwarzen Fassung.

      »Wieso vermisse ich dann die Begeisterung bei dir? Du glaubst also, deinem Klienten folgt jemand. Warum, bitte schön, bist du dann nicht Feuer und Flamme, denjenigen zu erwischen? Ich meine, ich persönlich bin mehr als nur skeptisch, weil mir permanent diese Hilfe meine Nachbarn bestrahlen mich Story von ihm einfällt. Aber gut, okay, vielleicht folgt ihm ja tatsächlich jemand. Beweis es uns. Ein vielleicht oder könnte sein reicht mir einfach nicht. Du hast, wie du sagst, Fotos geschossen, obgleich ich beim besten Willen nicht weiß wie, denn da drüben neben dem Elektroherd hängt der Akku noch an der Steckdose. Okay, gehen wir einfach mal davon aus, du hast Fotos geschossen, wie auch immer. Wo liegt das Problem?«

      Alice stieß ein Ächzen aus, das durchaus als mühsam unterdrücktes Lachen interpretiert werden konnte.

      Melanie von Rhoden schossen die Tränen in die Augen. »Dank euch weiß ich jetzt wenigstens, wie sich Hajo Claus fühlen muss, wenn er seine Story jemandem erzählen soll, meinen besten Dank auch. Außerdem habe ich nur gesagt, er wird vielleicht verfolgt, nicht, dass ihn seine Nachbarn bestrahlen.« Es hatte schon immer Phasen in ihrem Leben gegeben, in denen Schlimmes geschah, Menschen aus ihrer Umgebung verunglückten, zu Tode kamen wegen ihrer, Mellies, schwarzen Aura. Verwandte, Freunde, sogar weitläufige Bekannte. Erst erfasste ein Auto ihren Vater, als er mit ihr als Fünfjährige das Überqueren stark befahrener Straßen übte und sie »Jetzt, Papa!« rief, ohne sich selbst vom Fleck zu rühren. Keine Chance für den armen Kerl, der den Bus fuhr. In der zweiten Klasse stürzte ihre beste Freundin aus acht Meter Höhe kopfüber aus ihrem Kinderzimmerfenster in die Tiefe, nachdem Mellie versprochen hatte, sie an den Beinen festzuhalten. Als Susi längst tot auf dem Pflaster lag, hielt sie, über der Fensterbank hängend, noch immer Susis Stiefelchen mit dem Fellrand in Händen. Und so gab es während ihrer Kindheit und Pubertät und sogar später in den Jahren als Erwachsene in unregelmäßigen Abständen Todesfälle, an denen sie in irgendeiner Weise beteiligt war. Zufall, unglückliche Verkettung von Umständen – oder doch ihre Aura, die so tiefschwarz sein musste, dass ihr der Tod nicht widerstehen konnte? Bevor sie im Büro zu arbeiten anfing, hatte sie eine Reiki-Meisterin gebeten, Fred und Alice gegen ihre todbringende Aura mit einem Bannspruch zu schützen.

      »Jetzt krieg dich mal wieder ein und zeig uns die Fotos«, sagte Fred genervt. »Es ist Viertel nach sieben und mein ganz privates Sofa steht keine zehn Meter von hier entfernt. Vielleicht könnten wir unser Meeting einfach schnell hinter uns bringen und dann zum Wesentlichen übergehen – dem Feierabend. Außerdem wird es wohl noch erlaubt sein, eine derart abstruse Geschichte, wie sie dir Herr Claus aufgetischt hat, anzuzweifeln. In aller Bescheidenheit maße ich mir ein gutes Urteilsvermögen an, und seine Verfolgungsarie schreit nicht minder zum Himmel wie seine Bestrahlungsarie.«

      »Du meinst, in etwa so wie die Story mit mir und dem toten Rattenfänger ohne Arme?«, warf Alice in neutralem Tonfall ein. »Wenn Rattenfänger in Schiffsschrauben geraten und Katzen in Taubenschläge, liegt es da nicht im Bereich des Möglichen, dass Herr Claus in irgendetwas Dubioses reingeschliddert ist und nun, warum auch immer, Gott weiß wen auf den Fersen hat?« Sie drehte den leeren Becher in Händen, auf dem Today is the first day of the end of your life stand. Ein Geburtstagsgeschenk von Fred zum Dreißigsten. Kalter Kaffee wäre jetzt gar nicht mal so übel.

      Melanie Gesumme hörte erst auf, als sie die unwilligen Blicke der andern spürte. »Entschuldigung, ich dachte gerade an Patrizia Müller und ihre Gottallergie. Wollt ihr die Fotos sehen?«

      Ich kenne auch jemanden mit einer Gottallergie, lag Alice schon auf der Zunge, obgleich sie nicht im Mindesten ahnte, worum es ging, hielt aber dann doch den Mund.

      »Nur zu«, seufzte Fred. »Ist das dein Fotoapparat oder der von der Detektei?«

      »Meiner, deshalb brauchte ich auch den Akku nicht. Also hier ist das erste von zwölf

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