Mörderische Schifffahrt. Charlie Meyer

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Mörderische Schifffahrt - Charlie Meyer

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als die verantwortliche Servicekraft der Libelle den Mund wieder zuklappte.

      »Sie lag auf der Theke, weil der Kerl an der Theke gestanden und Sekt getrunken hat. Übrigens ohne zu bezahlen, der Schmarotzer. Er hat tatsächlich geglaubt, er könne sich hier auf Kosten der Firma durchtrinken. Also habe ich mit ihm erst mal Tacheles geredet. Eine Piccolo Sekt kostet immerhin fünf Euro, und dieser Schnorrer von Rattenfänger wollte sie geschenkt. Ich weiß, es ist böse und pietätlos, über Tote schlecht zu reden, aber so eine Anspruchshaltung regt mich wirklich auf. Entschuldigung!« Aufregen tat es sie tatsächlich, wie man unschwer sah.

      Gott, dachte Alice, ohne jemandem im Besonderen zu meinen. Da säuft das Schiffsvolk den Sekt des Chefs kaffeebecherweise, und der Rattenfänger von Hameln wird gnadenlos abgezockt.

      »Er hat also bezahlt?«

      »Eben nicht. Er ließ die Klarinette da und verschwand. Ich wollte, dass er sein Geld holt und gleich bezahlt, aber er sagte, jemand habe seine Kabine abgeschlossen, sodass er nicht an sein Portemonnaie käme. Dann zog er beleidigt ab. Ich meine, klar, Eddie hatte die Kabine abgeschlossen, warum auch immer, und wenn weniger los gewesen wäre, hätte einer von uns nach oben ins Steuerhaus gehen können, um den Schlüssel zu holen. Aber so ... Als Eddie jedenfalls dran dachte, die Kabine wieder aufzuschließen, so gegen kurz nach halb drei, lagen die zivilen Klamotten des Rattenfängers natürlich alle noch auf dem Bett. Nur der Rattenfänger war eben verschwunden und die Klarinette ebenfalls. Folglich sind wir an Bord davon ausgegangen, er sei eben in seinen Rattenfängersachen nach Hause gegangen und habe die Klarinette mitgenommen, ohne den Sekt zu bezahlen.« Ging es etwa darum? Um die Piccoloflasche Sekt, die nicht bezahlt worden war? Inga erinnerte sich, an jenem Abend eine Strichliste geführt zu haben, weil die Computerkasse tagsüber schon zweimal abgestürzt war und erst von einem EDV-Fachmann überprüft werden sollte. »Geht es um die Charterabrechnung. Habe ich mich vertan?«

      Alice lächelte unbestimmt. »Die Klarinette lag also noch auf der Theke, nachdem der Rattenfänger verschwunden war? Und wo ist sie abgeblieben?«

      Inga zuckte die Schultern. »Ich habe nicht den geringsten Schimmer. Eben lag sie noch da, plötzlich war sie weg. Genau wie der Rattenfänger.«

      »Also könnte sie geklaut worden sein?«

      »Glaube ich nicht. Ich habe sie ...« Inga hielt abrupt inne. Ach du liebes Lieschen, es ging um die verdammte Klarinette. Ganz plötzlich kam die Erinnerung wieder. Sie selbst hatte sie vom Tresen heruntergenommen und unter das Regal mit den Gläsern gelegt, weil sie sich Sorgen gemacht hatte, einer der Kunden könnte sie klauen. Na ja, eigentlich nicht ganz. Sie hatte die Klarinette als Pfand einbehalten für den Fall, dass der Rattenfänger von Bord gehen wollte, ohne die Piccoloflasche Sekt zu zahlen. Irgendwann danach war das Instrument jedoch spurlos verschwunden, und jetzt schrien mit Sicherheit die Angehörigen der Leiche Zeter und Mordio.

      »Du hast sie was?«, hakte Alice nach.

      »Ich habe sie nichts. Ich habe sie liegen gelassen, schließlich dachte ich, der verdammte Kerl kommt jeden Moment wieder und bezahlt seine Schulden bei mir«, fauchte Inga und überlegte krampfhaft, welcher ihrer Kollegen oder Kolleginnen Klarinetten stahl. Eddie verscherbelte nebenbei Sachen aus Wohnungsauflösungen auf dem Flohmarkt, Chris trat ab und an auf der Kinderstation des Krankenhauses als Clown auf und sammelte für bedürftige Kinder Spielzeug und Spenden. Und hatte Mareike nicht eine Schwester, die an der Musikhochschule in Hannover studierte und drei oder vier Instrumente gleichzeitig spielte?

      Wer war an dem Abend noch dabei gewesen?

      »Wer ist an dem Abend noch bei der Charter gewesen? Eddie und Chris. Du und wer noch? Lina?«

      Inga schüttelte den Kopf. »Nein, Lina hatte Dünnpfiff, die saß zu Hause auf dem Pott. Mareike stand mit mir hinter der Theke. Gelaufen sind Ruth und Kirsten und zwei Mitarbeiter vom Caterer.« Ruth musste man zwar von Pralinen, nicht aber von Klarinetten fernhalten, da war sie sich sicher, es sei denn, sie hatte die Klarinette gestohlen und verkauft, um ihre Pralinenvorräte wieder aufzufüllen. Und Kirsten? Inga hatte keine Ahnung, woher Kirsten kam, wohin sie ging und was sie in ihrer Freizeit so trieb. Sie arbeitete nur in den Ausnahmefällen auf der Libelle, in denen alle anderen Aushilfskräfte verhindert waren. Kirsten studierte irgendetwas und sah auf die anderen herab, das schuf kein gutes Arbeitsklima. Wie sie, Inga immer zu sagen pflegte: Die Chemie muss stimmen, Erbse und Prinzessin vertragen sich nicht miteinander. Lara und Thorben, die beiden anderen Läufer im Service waren Angestellte des Caterers gewesen. Von denen kannte sie nicht einmal die Telefonnummern.

      »Hey, ihr Schlüpfer da drüben, seid ihr bald fertig?«, brüllte Eddie von der Backbordseite herüber.

      »Schnauze!«, brüllte Inga zurück. »Schwingt die Hufe, ihr Transusen, und putzt die Klos. Und dann ab in den Hafen, wenn’s recht ist. Ich hab’ heut noch was vor.«

      Alice lachte. Der raue Ton auf See, dachte sie, und zwei Seebären, die sich herumkommandieren lassen und brav die Klos putzen gehen. »Du hast sie gut im Griff«

      »Muss ich auch, sonst geht hier nix mehr. Die beiden hecken nur Unsinn aus, und wenn du nicht wie ein Luchs aufpasst, fahren sie los, ohne das Kabel vom Landstrom auszustöpseln. Eins kann ich dir verraten: Bis zur Radfahrerbrücke über den Hafen reicht das Kabel nicht, das haben Eddie und Chris schon mehrfach ausgetestet. Außerdem laufen volle Wasserbunker unweigerlich über, wenn man den Schlauch längere Zeit aus den Augen lässt. Und neulich hätten wir beinahe das Wehrpatent gemacht, weil die beiden oben im Steuerhaus eine Wette darüber laufen hatten, wie weit man an die Wehrkante heranfahren kann, ohne auf Grund zu laufen. Männer eben!«

      »Schlüpferheinis!«

      Eine Sekunde lang lächelten sich die beiden Frauen verschwörerisch an, dann verpuffte der magische Moment auch schon wieder im Nichts.

      »Ich bräuchte die Telefonnummern von allen Servicekräften an dem Abend. Und die Telefonnummer des Bankers, der die Charterfahrt in Auftrag gegeben hat. Am besten alle Informationen, die du über die Charter hast.« Alice blickte an Inga vorbei. Am Fenster des Schiffes drückte sich von außen ein glatzköpfiger Mann die Nase platt, und einen erwartungsvollen Augenblick lang hoffte sie, Jansen zu erkennen. Aber es war nur ein neugieriger Tourist, der auf der Weserpromenade spazieren ging. Enttäuscht wandte sie sich wieder Inga zu. Okko Jansen mochte zwar ein knickriger Knauser und ein schwuler Macho mit einer fürchterlichen Lache sein, aber er sah toll aus. Zum Anbeißen geradezu. Alice dachte an Romeo und seufzte.

      »Wieso bekommst du die Telefonnummern nicht über das Büro?« Ingas Misstrauen war erneut geweckt. Der ganze Aufwand für eine einzige geklaute Klarinette? Oder, schlimmer noch, für eine nicht bezahlte Piccoloflasche Sekt? Sollten alle Servicekräfte und alle Banker des besagten Abends einzeln dazu verhört werden, oder wofür brauchte diese Alice die Telefonnummern?

      Alice räusperte sich, während sie krampfhaft überlegte. »Das Büro hat von meinem Auftrag hier an Bord keine Ahnung«, gab sie zögernd zu, »und es liegt in deinem eigenen Interesse, es dabei zu belassen. Für das Büro bin ich die Aushilfe Alice, und so soll es auch bleiben.« Bitte, fügte sie in Gedanken hinzu.

      Inga starrte sie verblüfft an. Das Büro wusste nichts vom Spion des Chefs? Ach du jemine, was wohl so viel hieß, dass auch das Büro überprüft wurde. Eine Art Rundumschlag. Und der Herr sprach, es werde Licht, und es ward Licht. Ihre Neugier wurde weiter angeheizt. Was auf den Schiffen im Argen lag, wusste sie, weil sie und ihre Kollegen für einen Teil des Argen persönlich sorgten, aber was gab es im Büro zu vertuschen? Ging es etwa um eine Umstrukturierung der Firma, bei der zwecks Abspeckung der eine oder andere Kopf rollen musste? Bei den Büroköpfen hatte niemand vom Schiff etwas gegen das Rollen einzuwenden, was sie produzierten, war

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