Der Herr des Krieges. Peter Urban

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Der Herr des Krieges - Peter Urban Warlord

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hatte eingesehen, daß es unmöglich war, die spanische Höchste Junta, was militärische Fragen anbetraf, zur Vernunft zu bringen. Die mehr als 50.000 Mann starke La Mancha-Armee unter General Areizaga wußte er verloren, noch bevor es zu einem Zusammenstoß mit Soult gekommen war, und auch für den Duque Del Parque hatte er jede Hoffnung aufgegeben. Sollten die Spanier doch ihre große Schlacht in einer weiten, deckungslosen Ebene im Frontalangriff schlagen und anschließend im französischen Kanonenfeuer verbluten. Sie waren so oder so nicht in der Lage, aus der Geschichte des Krieges zu lernen: Niemand schien sich in diesem stolzen Land je die Mühe gemacht zu haben, aus Fehlern der Vergangenheit Schlüsse zu ziehen! Doch er hatte aus seinem gemeinsamen Sommerfeldzug mit diesen unruhigen Verbündeten viel gelernt. Er würde sich jetzt einfach darauf konzentrieren, die französischen Streitkräfte, die auf der Iberischen Halbinsel ins Unermeßliche zu wachsen schienen und bereits auf fast 300.000 Mann aufgestockt worden waren mit einer Politik der kleinen Nadelstiche zu zermürben. Wenn Don Antonio die Guerilla hatte überreden können – und Wellington war sich des Erfolges der Mission seines portugiesischen Freundes sicher –, dann würden alleine die Guerilleros und ihre erbarmungslosen, langen Messer gut die Hälfte aller französischen Truppen im Land binden und tagtäglich beschäftigen. Diese Aktionen würden ebenfalls die Kommunikationslinien der Adler untereinander und mit dem Kaiser so stören, daß ein geregelter Fluß an Informationen unmöglich gemacht wurde. Übrig blieben dann noch etwa 150.000 Franzosen gegen knapp 30.000 Briten und Portugiesen. Wellington wußte, daß diese 1:5-Ratio militärisch unmöglich war. Aber er hoffte, daß sich die uneinigen Marschälle wieder, wie schon so oft zuvor, mehr um ihre eigenen Belange kümmern würden als um die gemeinsame Sache. Nur wenn der Kaiser selbst in Spanien auftauchen sollte, dann konnte seine Lage wirklich hoffnungslos werden, denn Napoleon Bonaparte würde es gelingen, seine zerstrittene und selbstsüchtige Bande zu einen und gemeinsam gegen die Briten und Portugiesen zu führen. Aus diesem Grund existierte auch Arthurs dritter Wall von Torres Vedras, direkt um Lissabon und den Hafen. Wenn der Kaiser wirklich kommen sollte, dann würde er, der Sepoy-General, wohl kampflos aufgeben müssen. Sollte Napoleon sich aber nicht bemühen, dann konnte er einfach mit Frankreichs Marschällen so lange Verstecken spielen, bis irgendeiner von ihnen einen Fehler machte!

      Arthur hatte sich hoch und heilig geschworen, erst dann wieder eine Schlacht zu schlagen, wenn er absolut sicher war, einen totalen Sieg über seinen Gegner davonzutragen! Nach Talavera hatte er geschworen, sich nie wieder von irgend jemand zu einem Waffengang drängen zu lassen, und wenn es Englands Schutzpatron, der Heilige Georg selbst sein sollte. Nur wenn er alleine Herr des Krieges war, dann würde seine dünne, rote Linie feuern!

      Am 23. November 1809 erreichte Lord Wellington in Tomar endlich die schreckliche und trotzdem so ersehnte Nachricht einer totalen Niederlage General Areizagos. Es war die schlimmste Demütigung, die je eine Armee auf ihrem eigenen Hoheitsgebiet hatte hinnehmen müssen: Mehr als 56.000 Spanier waren von einer bunt zusammengewürfelten Truppe aus 30.000 Franzosen, Polen und Deutschen bei Oçaña, wenige Meilen vor Aranjuez aufgerieben worden. Spanien hatte 18.000 Mann Verluste zu beklagen, viele durch Desertion und Flucht vor dem Feinde. Del Parque, der in der Zwischenzeit mit mehr Glück als Verstand Salamanca genommen hatte, konnte die Stadt einfach nicht halten und wurde nur wenige Tage nach Oçaña verheerend bei Alba geschlagen. Spanien hatte seine beiden letzten, großen Feldheere durch eigenes Verschulden völlig aufgerieben. Nun war das Land verloren und dem französischen Kaiser auf Gedeih und Verderb ausgeliefert! Nun endlich hatte Arthur Wellesley den ersehnten Vorwand, um sein eigenes Feldheer aus Badajoz und Merida über die Grenze nach Portugal verschwinden zu lassen. Die Adler bedrohten endlich wieder frontal Englands ältesten Verbündeten. Nicht einmal die Zwietracht in Whitehall, der Krieg in den Commons und das Fiasko Chathams und Strachans in Hollands Sümpfen konnte einen 400 Jahre alten Vertrag zwischen zwei Nationen vergessen machen!

      Wegen des Wintereinbruches beschützte nun die Natur Lissabon und gab Wellington eine weitere Verschnaufpause bis März oder April 1810. Der Tejo führte Hochwasser und war völlig unpassierbar für den französischen Feind geworden. Lediglich der schmale Korridor zwischen Ciudad Rodrigo und Almeida entlang des Douro bis Viseu, durch das Mondego-Tal über Coimbra und Pombal bis hinunter nach Lissabon mußte geschützt werden. Die letzte Stellung in dieser langgezogenen Verteidigungsposition war – Torres Vedras! Seine 30.000 Mann reichten hierfür aus. Das neue Hauptquartier der Briten sollte bis zum Frühjahr Viseu werden, eine alte Stadt, die spektakulär auf einem Hochplateau in den Bergen der Beira lag: Ein Adlernest, von dem aus man alles sehen und beobachten konnte, ohne selbst gesehen zu werden, eine unangreifbare Position.

      Am 1. Dezember tauchte Arthur überraschend aus dem Nichts in Badajoz auf. Auf die aufgeregten Fragen seiner Freunde und Untergebenen, wo er so lange gewesen sei, gab er keine Antwort. Rowland Hill, der in der Zitadelle ausgeharrt und tagtäglich einen Spießrutenlauf durch die Gänge der Politik im fernen London und im nicht ganz so fernen Sevilla unternommen hatte, fiel Wellington vor Erleichterung fast um den Hals. Auf dem Arbeitstisch des Generals lag ein gigantischer Haufen Post aus England, Lissabon und Sevilla. Hill hatte versucht, soviel er konnte im Namen und im Sinne seines Freundes zu beantworten, doch vor den pikanteren Schriftstücken hatte der General aus Shropshire kapituliert. Arthur sah sich den Schriftverkehr kurz an und winkte dann nach Somerset: „So, Rowland! Jetzt werden wir den Rest dieser wichtigen Fragen regeln! Somerset, bringen Sie mir bitte einen großen Papierkorb!” Der General griff sich den ganzen Stapel und warf ihn schwungvoll in das angeforderte Behältnis. Dann zeigte er mit dem Finger auf das Feuer im offenen Kamin: „Klassifizieren Sie’s, Somerset! Sofort und endgültig!”

      Der erstaunte, junge Offizier wollte etwas erwidern, doch bevor er den Mund auch nur öffnen konnte, fauchte Arthur ihn an: „Tun Sie, was ich Ihnen befehle, Sir!”

      Die Schriftstücke gingen in Flammen auf: „So, jetzt fühlen wir uns alle wieder besser, nicht war! Also, meine Herren, an die Arbeit!“ Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch und schrieb in weniger als zehn Minuten vor den erstaunten Augen aller Anwesenden 20 Marschbefehle für das britische Feldheer aus: „Somerset, Campbell, Don Antonio, Sie verteilen diese Dinger jetzt sofort. Morgen früh rücken die ersten Einheiten ab, nächste Woche will ich keinen einzigen britischen Soldaten mehr innerhalb der Grenzen Spaniens sehen! Und Craufurd soll in spätestens einer Stunde hier bei mir aufkreuzen! Wie er das anstellt, ist mir egal! Los, verschwindet!”

      Die drei Offiziere waren so von ihrem Kommandeur überrumpelt worden, daß sie aus dem Arbeitszimmer stoben wie aufgeregte Hühner. Schwungvoll warf der General hinter ihnen die Tür ins Schloß. Hill und Robertson sahen sich verwundert an. Dann nahm Hill seinen ganzen Mut zusammen: „Bist du völlig übergeschnappt, Wellesley! Du hast gerade sämtliche Befehle aus London verbrannt und Gott weiß wie viele Briefe von Bart Frere und Henry Wellesley aus Sevilla, von deinem Bruder Mornington, von Castlereagh etc.”

      „Welche Befehle? Ich habe keine gesehen! Das britische Feldheer zieht sich nach der vernichtenden Niederlage von General Areizago bei Oçaña blitzartig vor der französischen Übermacht nach Portugal zurück. Da geht schon mal was verloren. Selbst bei einem ordnungsliebenden Menschen wie mir!“

      „Willst du uns nicht endlich erzählen, was du in den letzten zwei Monaten getrieben hast und was du jetzt vorhast? Ich glaube, auch wir haben ein Recht zu erfahren, was gespielt wird!” Hill war fürchterlich wütend auf seinen Freund, weil dieser ihn nicht nur schrecklich überrumpelt hatte, sondern auch, weil Arthur ihn acht lange Wochen mit allem Ärger und dem gesamten Feldheer alleine gelassen hatte. Er malte sich in seinem Inneren schon in den schlimmsten Farben aus, wie Whitehall und die Horse Guards alle Beteiligten in Stücke reißen würden. Robertson schwieg sich aus, denn der lange Arm der katholischen Kirche hatte dieses Mal nicht ausgereicht, um ihn mit dem zu versorgen, was für ihn so notwendig war, wie die Luft um zu Atmen: Informationen. Er hatte die dumpfe Befürchtung, daß das Schwert mit dem Schild spielte. Der Priester haßte dieses Gefühl, denn er erkannte, daß die Fäden ihm entglitten und er nur noch eine Schachfigur war, wo er sich zuvor als Spieler gesehen hatte. Es kratzte grauenvoll an seinem Selbstwertgefühl.

      Der

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