Der Herr des Krieges. Peter Urban
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„Wir melden uns wieder, wenn es Neuigkeiten über die Franzosen gibt! Der Ire braucht sich keine Sorgen zu machen. Die Männer Navarras stehen auf eurer Seite. Schickt uns einen Kurier durch die Berge über Bilbao, wenn es irgendwo brennt. Jeden Abend um Punkt zehn Uhr ist ein Verbindungsmann von El Minas in der Bodega ‚Kiruri Jatetxea‘. Euer Mann soll sich an der Theke ein Glas Chivite und eine Portion Txangurro bestellen. Die stehen nicht auf der Speisekarte und der Wirt wird unseren Kontakt holen!”
„Wie bitte?“ Jose hatte Don Antonio ein paar baskische Worte an den Kopf geworfen, die nur aus Umlauten zu bestehen schienen.
„Tut mir leid, hab vergessen, daß hier keiner Euskera versteht! Also, Kiruri Jatetxea, das ist die einzige Kneipe am Ostufer der Nerbioi-Mündung, direkt am Hafen von Santurtzi. Der Besitzer heißt Guridi. Schreib besser mit! Und Txangurro ist überbackene Seespinne! Hast du’s?“
„Danke!” Don Antonio hatte sorgfältig jedes Wort mitgeschrieben. Egal wie viele Franzosen sich in dieser Kneipe aufhalten würden, Baskisch war besser als jeder Geheimcode. Etchegaray schwang sich in den Sattel des Schimmels und stob davon. Mit diesem Pferd würde er in weniger als einer Woche bei El Minas sein. Der britische General hatte ihn mit seiner Geste nicht wenig erstaunt. Der Andalusier, den er nun ritt, mußte mindestens 20 Pfund Sterling gekostet haben. Das waren fast zwei Jahre Sold eines britischen Soldaten.
Kurz vor dem Weihnachtstag schickte Wellington auch noch die Stabsoffiziere und seine Adjutanten aus Badajoz nach Portugal. Er versprach Don Antonio spätestens am Neujahrstag bei ihm in Coimbra zu sein. Da er seit dem Tag seiner Landung in Lissabon keine ruhige Minute mehr gehabt hatte, wollte er zumindest den Weihnachtstag friedlich und nur mit Sarah verbringen. Der Winter in der Estremadura war genauso beißend kalt, wie der Sommer glühend heiß. Doch die bewohnbaren Teile der Zitadelle verfügten über riesige Kamine und John Dunn sorgte dafür, daß alles gut beheizt und heimelig warm war. Bevor er auf den Markt ging, kochte er für Lady Lennox eine große Kanne Tee und stellte sie ihr mit einem Teller selbstgebackener Weihnachtsplätzchen in den Salon. Die junge Frau saß in einem großen Ohrensessel, eine Decke über den Knien und ein dickes Buch in Händen. Ihre letzten Patienten hatten vor ein paar Tagen Badajoz verlassen und waren nach Coimbra und in das Hospital von Belem bei Lissabon gebracht worden. Auch die letzten Verwundeten von Talavera konnten nun als gesund betrachtet werden und bedurften keines Arztes mehr. Sie genoß die Ruhe und den Frieden, die im Hauptquartier eingekehrt waren. John füllte ihr eine Porzellantasse mit Tee und ließ einen Löffel Honig darin zerfließen. Dann schenkte er sich selber ein: „So, mein Kind, jetzt wo wir unsere Ruhe haben! Was möchten Sie am Weihnachtsabend essen? Auf dem Markt gibt es wieder alles reichlich, seit die Franzosen und unsere Rotröcke aus der Gegend verschwunden sind.”
„Mh, wie wäre es mit einer leckeren Gans, gefüllt mit Äpfeln, Rosinen und Kastanien und mit einem schönen, großen Schokoladenkuchen zum Nachtisch?” Sarah knabberte zufrieden an einem Weihnachtsplätzchen und trank ihren Tee in kleinen Schlucken. „Haben Sie unseren Sepoy-General schon gefragt?“
Dunn winkte ab: „Das ist vergebene Liebesmüh, Lady Sarah! Solange sein Magen nicht knurrt, ist die Speisekarte kein Thema, für das ich ihn irgendwie begeistern kann. Außerdem finde ich ihn einfach nicht. Ich kann mir keinen Reim darauf mache, wo Sir Arthur sich herumtreibt. Kopenhagen steht auch nicht im Stall!”
„Wie er sich bei dieser Kälte nur freiwillig vor die Tür wagen kann, anstatt hier vor dem warmen Kamin zu faulenzen?” Die junge Frau schauderte schon bei dem Gedanken, in ein paar Tagen bereits durch die Alentejo-Berge nach Coimbra zu reiten. Sie malte sich lebhaft aus, wie sie eingehüllt in einen schweren Mantel durch hohen Schnee stapfen würde, mit blaugefrorenen Ohren und Eiszapfen an der Nasenspitze, während hinter jedem Stein ein ausgehungerter Wolf nur auf sein Mittagessen lauerte. Badajoz lag etwa 200 Meter über dem Meeresspiegel, die Berge hinter der spanischen Grenze aber erhoben sich auf bis zu 1200 Meter Höhe.
Als John Dunn sich aufmachte, den Markt in der Altstadt von Badajoz zu besuchen und Sarah Lennox noch tiefer unter ihrer kuschelig warmen Decke verschwand, war Lord Wellington endlich am Ziel seiner kleinen Reise angelangt. Er hatte die Zitadelle in den frühen Morgenstunden noch vor Tagesanbruch verlassen und war durch die winterliche Kälte nach Jerez de los Caballeros in der Sierra Morena geritten. Diesem Ausflug war ein langer, geheimnisvoller Briefwechsel vorausgegangen, von dem weder der alte Dunn, noch Lady Lennox etwas mitbekommen hatten. In Jerez gab es einen bekannten Züchter lusitanischer Pferde, der mehrere Jungtiere mit edelster Abstammung zum Verkauf anbot. Arthur hatte sich schon seit Wochen überlegt, welches Weihnachtsgeschenk er Sarah machen sollte. Jedesmal, wenn er in den Stall des Hauptquartiers ging, um Kopenhagen zu satteln, betrachtete er mißmutig das Pferd der jungen Frau. Die grobknochige, dunkelbraune Stute hätte jedem Kutschergaul in Kildare Ehre gemacht. Sie war bestenfalls zur Zucht geeignet, aber nicht als sicheres, leichtfüßiges Reittier für einen Feldzug. Er hatte eine Weile nachgedacht, ob er ihr nicht seinen dunkelbraunen Elmore schenken sollte, doch diesen Gedanken verwarf er bald. Seine Pferde waren für den Krieg ausgebildet worden und gemeingefährlich. Manchmal wurde selbst ihm angst und bange, wenn der eine oder der andere der beiden Hengste einen Anfall schlechter Laune hatte. Auch ein kräftiger und erfahrener Reiter konnte diese Tiere nur mit Mühe zur Raison bringen.
Der Ritt durch diese von herber Kargheit und Einsamkeit geprägte Landschaft wurde von Zeit zu Zeit durchbrochen von mittelalterlichen Burgen und Überresten antiker Siedlungen, die in der Provinz Lusitania noch zahlreich vorhanden waren. Die Zeit schien an diesen Orten spurlos vorübergegangen zu sein. Antike Stadtmauern und Adelspaläste hatten die Jahrhunderte und viele Kriege und Raubzüge fast unbeschadet überstanden. Die grüne Gebirgs- und sanfte Hügellandschaft durch die er ritt, war die Heimat seltener Tiere und Pflanzen. Immer wieder durchquerte Arthur weitläufige Waldgebiete. Manchmal sah er in der Ferne stahlblau die klaren Wasser eines Bergsees leuchten. Trotz des Winters nisteten noch viele Störche in diesem Teil der Estremadura. Diese Gegend besaß einen ruhigen, unaufdringlichen Charme, der den Iren magisch anzog. Doch gleichzeitig erschütterte ihn die bittere Armut, die er immer wieder in den Dörfern sah, durch die sein Weg ihn führte und die nicht nur eine Folge der französischen Raubzüge war.
Der Criador de Cavallos, Don Fernando Cabrrera de Ortiz besaß eine der besten Pferdezuchten ganz Spaniens. Seine Hazienda erstreckte sich über mehr als 800 Hektar zwischen der Stadt Jerez de los Caballeros selbst und Frenegal de la Sierra. Die Silhouette der drei Barocktürme der Stadt lag schon weit hinter dem General. Jerez selbst zählte zu den malerischsten Flecken der Estremadura. Ganze Stadtteile aus dem Mittelalter und der Renaissance waren noch vollständig erhalten und er hatte hier eine kleine Pause eingelegt um die Torre Sangriente, eine Burg aus dem frühen Mittelalter zu betrachten. Die drei Kirchen San Bartolome, San Miguel und San Maria de la Encarnaçion waren ebensoprächtige Bauwerke. Außerdem hatte der Entdecker des Pazifiks, Vasco Nuñez de Balboa in Jerez de los Caballeros das Licht der Welt erblickt und schon um ihrer historischen Bedeutung Willen hatte sich dieser Besuch gelohnt. Von der Estremadura aus eroberten viele Konquistadoren die Neue Welt und das Gold, das sie zurückgebracht hatten, war reichlich in die prachtvollen, kirchlichen Institutionen geflossen. Doch die Franzosen hatten während ihrer Besetzung dieser Provinz, jenseits des Duoro viele dieser Schätze geraubt und man konnte auch in Jerez deutlich die Spuren der Zerstörung erkennen. Nun ritt Wellington schon seit fast einer Stunde an sorgsam eingezäunten Weiden vorbei, auf denen friedliche Mutterstuten mit ihren Jährlingen grasten. Auch im Winter war die Sierra Morena durch die Bergfront im Westen gut vor den Stürmen und der Kälte der Atlantikwinde geschützt und bekam durch den Golfstrom bei Cadiz mildes Wetter zugetragen. Das Gras war satt und grün. Kopenhagen spitzte die Ohren und wieherte immer wieder schrill zu den Weiden hinüber. Er war gespannt, wie ein Bogen