Mo Morris und der Staat der Flüchtlinge. Benedict Dana

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Mo Morris und der Staat der Flüchtlinge - Benedict Dana

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greift?“

      Mary hielt inne, da sie die Haustür ins Schloss fallen hörte. Kurz darauf kam Dr. Watson herein geschossen und sprang mit einer solchen Wucht auf Mos Schoß, dass er etwas von dem Inhalt seiner Kaffeetasse direkt auf Marys Jeansrock goss. Genau in dem Moment, als er instinktiv begann mit seiner Hand auf dem Rock hin und her zu reiben, als wären die Folgen des Missgeschicks noch zu vermeiden, trat Mrs. Higgins herein. Das Bild, das Mos Hand auf Marys Oberschenkeln ergab, wurde von ihr als ein intimes Techtelmechtel interpretiert, was sie genauso zu erfreuen wie zu beschämen schien. Die kluge und gesittete Mary Kelly war in ihren Augen genau die richtige Frau für Mo, dessen Junggesellendasein viel zu viele Spleens und Eigenwilligkeiten mit sich brachte. Betty Cadena hingegen, das kleine „Luder“, das viel zu jung und attraktiv für ihn war, hatte nach ihrem Empfinden einen negativen Einfluss auf ihn, der seinen Charakter schon jetzt unvorteilhaft verändert hatte. Eine dieser Veränderungen zeigte sich für sie etwa in der Form des angeberischen Chevrolets, der in der Garage parkte. Sie errötete leicht und wollte die Tür schon wieder zuziehen, doch Mo rief:

      „Kommen Sie nur her, Ruth, es ist nicht so, wie Sie denken! Es hat nur mal wieder einen meiner kleinen Unfälle gegeben.“

      Ruth schob ihre korpulente Gestalt mit einem noch immer beschämten Lächeln hinein. Sie steckte wie so oft in einem altmodisch geblümten Kleid, das sie zusammen mit ihren, grauen, dauergewellten Haaren etwas omahaft aussehen ließ, obwohl sie mit ihren 65 Jahren noch nicht übermäßig alt war. Ihr etwas grob wirkendes, fülliges Gesicht drückte grundsätzlich ein genauso großes Maß an Strenge wie Gutmütigkeit aus, was ihr widersprüchliches Wesen exakt widerspiegelte. Die Strenge, mit der sie Mo manchmal gegenüber auftrat, verwandelte sich regelmäßig in einen Anflug von Unterwürfigkeit, durch den sie ihren latent herrschsüchtigen Charakter immer wieder selber zu korrigieren versuchte.

      „Darf ich Ihnen irgendetwas bringen?“, verfiel sie in Marys Anwesenheit in eine artige Servilität, die nicht ihrem üblichen Ton entsprach.

      „Nein, nein, danke, wir haben uns bereits selbst bedient“, wehrte Mo sofort ab. „Ich wollte übrigens mit Dr. Kelly gerade darüber reden, wie Sie mir in Zukunft in der Detektei helfen könnten.“

      „Ich? Nun, ich werde Ihnen natürlich unter die Arme greifen, so gut es geht, aber so viel kann ich ja eigentlich nicht tun. Oder soll ich vielleicht den Umgang mit Waffen lernen und mit Ihnen da draußen auf Verbrecherjagd gehen? Eine Kampfsportausbildung wäre vielleicht auch nicht schlecht!“

      Sie lachten alle drei gemeinsam über den kleinen Scherz, was sie dazu bewog, näher zu treten und zu bedenken zu geben:

      „Ihre neu gegründete Detektei hat Ihnen ja noch nicht einen einzigen Auftrag eingebracht oder irre ich mich da?“

      „Noch nicht, aber ich bin sicher, dass sich das bald ändern wird. Es ist doch fast jedes Jahr dasselbe Spiel: Immer dann, wenn an der Uni der große Summer Break beginnt, steht bald irgendwer vor der Tür, der mir ein paar erholsame Wochen Semesterferien verderben will. Letztes Jahr war es Jayden Miller und dieser Baker vom FBI und das Jahr davor ein gewisser Carter von einer großen Versicherung. Sie erinnern sich, es ging um einen größeren Betrugsfall, bei dem man mich um Rat gebeten hat.

      Das Problem wäre wohl erst dann gelöst, wenn ich den Dienst an der Uni quittiere. Dann wird dieses armselige Spiel endlich aufhören und niemand kann mehr meine Semesterferien stören. Allerdings gäbe es dann auch gar keine Ferien mehr. Außerdem ist Dr. Kelly heute hier aus einem Grund erschienen, der diesen ganzen Plan nicht mehr aufgehen lässt. Sie möchte mich nämlich überreden, weiterhin in den Diensten der Universität zu bleiben. So hat es ihr jedenfalls angeblich Rektor Cunningham aufgetragen.“

      „Ich finde es sehr gut, dass Sie ihn dazu überreden wollen, Dr. Kelly. Die Sicherheit einer Anstellung würde Dr. Morris als freier Detektiv schnell vermissen, auch wenn er mittlerweile genügend Geldmittel zur Verfügung hat.

      Und überhaupt frage ich mich, ob es sehr klug ist, die Detektei ausgerechnet hier in Rutherford zu eröffnen. Hier ist doch nichts los und jeder, der einen wirklich guten Privatdetektiv sucht, geht sofort nach New York…“

      Ausgerechnet bei dieser Behauptung wurde Ruth durch das Rasseln und Scheppern der alten Klingel unterbrochen. Sie gehörte zu den wenigen Dingen, die noch nicht von dem großen Renovierungsfieber erfasst worden waren, und hauchte dem Haus hin und wieder etwas von seinem früheren Geist leichter Verwahrlosung ein. Dr. Watson, der inzwischen mitten auf einem runden Orientteppich lag, sprang auf und begann heftig zu bellen, was Mo als ein untrügliches Zeichen dafür interpretierte, dass das Läuten etwas Wichtiges ankündigte.

      Als Ruth zur Haustür eilte und kurz darauf einen Unbekannten hereinführte, stieg plötzlich die Wahrscheinlichkeit sprunghaft an, dass es sich um den ersten Klienten von Morris Investigations handeln könnte. Damit schien nun tatsächlich wieder dasselbe einzutreten, was wie durch irgendeine höhere, unerklärliche Fügung jedes Jahr pünktlich zum Beginn der Semesterferien geschah: Ein neuer Fall kündigte sich an. Der etwa 40jährige, große, schlanke Mann, der an Ruths Seite stand, trug einen legeren Anzug ohne Krawatte und schmückte sein glattes, braun gebranntes Gesicht mit einem exakt getrimmten, kleinen Bärtchen. Die extravagante Frisur seines schwarzen, streng gescheitelten, an den Seiten kurz rasierten Haares trug neben dem Bart maßgeblich zu seiner auffällig modisch wirkenden, attraktiven Erscheinung bei. Er zählte definitiv nicht zu den unauffälligen Vorstadttypen, die man in New Jersey traf, sondern war ein Mann von Welt, dessen gewohntes Revier wahrscheinlich mitten in der New Yorker City lag.

      Während Ruth sich zurückzog, wies Mo ihm einen Platz auf einem der beiden Besucherstühle zu, wobei er sich um eine besondere Höflichkeit bemühte. Falls dieser Mann wirklich der erste Klient von „Morris Investigations“ sein sollte, war es quasi ein historischer Moment und er wollte um jeden Preis einen guten Eindruck auf ihn machen. Als sich der Fremde als „Dr. Timothy Goldsworthy“ vorstellte, war das Erstaunen in Mos und Marys Gesichtern groß. Weder der Name noch der Doktortitel passte zu ihm und es war nicht leicht zu glauben, dass dieser attraktive, herausgeputzte Kerl, der wie ein Model für Kleider oder Aftershaves aussah, promoviert haben sollte.

      Als Mo ihm Mary vorstellte, warf Goldsworthy der hübschen „Dr. Kelly“ ein paar schmachtende, männlich interessierte Blicke zu und leitete dann sofort sehr zielstrebig zu seinem Anliegen über. Sein ganzes Wesen ließ dabei erkennen, wie sehr er aus Prinzip darauf drängte, sich unkompliziert und geradlinig zu geben.

      „Ich war so frei hier unangekündigt zu erscheinen, nachdem ich von der Neueröffnung Ihrer Detektei hörte. Ein persönliches Gespräch bringt den Vorteil mit sich, dass ich Ihnen am Telefon keine vertraulichen Dinge mitteilen muss.

      Ich möchte herausfinden, ob Sie Interesse an einer ungewöhnlichen Art von Auftrag haben. Ich muss mich vorsichtig an den Kern der Sache herantasten, denn ich befinde mich in einem Dilemma: Verrate ich Ihnen zu viel und Sie übernehmen den Auftrag hinterher nicht, wäre das sehr schlecht, weil dieser Auftrag der Geheimhaltung unterliegt.“

      „Grundsätzlich wird niemals etwas von dem, was hinter diesen vier Wänden besprochen wird, nach außen dringen. Dieser Punkt steht für mich ganz oben auf der Liste der grundlegenden Prinzipien, die zu meinem Berufsethos zählen!“, versicherte Mo dem ersten Klienten von „Morris Investigations“ mit heiligem Ernst.

      „Sie haben ohne Zweifel ein ausgezeichnetes Renommee, Dr. Morris. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum ich mich an Sie wende. Ein weiterer hat unter anderem mit Ihrer Vielseitigkeit zu tun. Wir benötigen niemanden, der bloß ein paar einfache Recherchen betreibt und verdächtige Personen beschattet. Mit so etwas könnte man jeden durchschnittlichen Privatdetektiv beauftragen, der heimlich an der Flasche hängt. Sie können eine ungewöhnliche Vita vorweisen und verfügen über eine umfassende, interdisziplinäre

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