Mo Morris und der Staat der Flüchtlinge. Benedict Dana

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Mo Morris und der Staat der Flüchtlinge - Benedict Dana

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in einem Bürogebäude in der Nähe stattfinden wird. Sie werden über die technische Ausstattung, die Sie dort antreffen werden, erstaunt sein. Unser Hauptsitz hier am United Nations Plaza ist bereits mit einer gewissen historischen Patina überzogen, doch dort werden Sie das moderne Gesicht der UN kennen lernen. Sie werden eine dreidimensionale Animation erleben, die Ihnen alles Wesentliche zeigt, was Sie nach Ihrer Ankunft in Ihrem Zielgebiet erwarten wird.“

      „In der Tat haftet den Räumen hier nach rund 70 Jahren bereits etwas Historisches an. Die Architektur dieses Saales hat in meinen Augen fast etwas Kultisches oder Religiöses an sich…“

      Mo lachte und wies dabei zu dem Platz des Präsidenten der UN-Generalversammlung, der ihn bereits kurz nach dem Betreten des Saales an einen Altar erinnert hatte.

      „In vielen großen Ideen ist erheblich mehr enthalten, als man bei alltäglicher Betrachtung auf Anhieb erkennen kann“, fiel Lozano mit einem enigmatischen Lächeln dazu ein. Der vieldeutig klingende Satz blieb unkommentiert stehen, da Goldsworthy nach einem schnellen Blick auf seine Uhr Aufbruchsstimmung verbreitete.

      „Auf Mr. Lozano und mich wartet ein Meeting im Sekretariatshochhaus. Wir wollten uns nur kurz versichern, dass die Teilnehmer der Arbeitsgruppe zu ihrem ersten Treffen vollzählig erschienen sind. Wir werden uns vor Ihrer Abreise noch einige Male begegnen. Die Vorbereitung wird ja noch etwa 10 Tage in Anspruch nehmen und ich selber werde nächste Woche vor Ihnen allen einen Vortrag über die UN-RN halten.“

      Als sich die Beiden daraufhin bereits abwenden wollten, schob Goldsworthy noch hinterher:

      „Haben Sie sich eigentlich schon mit Miss Merizadi unterhalten?“

      Der Klang seiner Stimme und sein Lächeln signalisierte Mo genau, wie sehr in dieser Frage eine besondere Bedeutung lag.

      „Ja, warum?“, entgegnete er mit einem forschendem Blick.

      „Ach nur so, ich wollte es nur wissen. Sofia ist eine wunderbare Frau. Sie leistet beim Treuhandrat eine fabelhafte Arbeit. Ich arbeitete früher schon einmal in Genf mit ihr zusammen. Sie ist sehr ehrgeizig und engagiert, was auch erklärt, warum sie sich vorübergehend für die Arbeit als verdeckte Ermittlerin beworben hat. Ihr Vater war im Iran ein bekannter Atomwissenschaftler, der in die USA auswanderte. Ihre Mutter stammt aus Syrien, weswegen sie sowohl persisch als auch arabisch spricht. Das sind natürlich die idealsten Voraussetzungen für den Job.

      Sie ließen durchblicken, Sie hätten einige Spanisch- und Französischkenntnisse, Dr. Morris? Ich denke, drei Sprachen dürften insgesamt mehr als genügen, um im Flüchtlingsstaat zurechtzukommen.“

      Goldsworthy und sein hochrangiger Begleiter warteten eine Antwort hierauf nicht mehr ab und ließen ihn mit einem letzten Gruß allein. Mo stellte zufrieden fest, dass Mayfield seine Ausführungen über den großen Kuppelsaal mittlerweile beendet hatte und im Begriff war, die Gruppe in Richtung des Ausgangs zu führen.

      Als sie schließlich wieder in das Foyer des Besucherzentrums gelangt waren, wurde ihnen der Beginn der Mittagspause verkündet und sie stiegen die Treppe zur Cafeteria hoch. Bei ihrem Betreten wurde Mo sofort von den hohen Panoramascheiben angezogen, die direkt auf den East River hinauswiesen. Er schaute versonnen über das Sonnen beschienene Wasser zu einigen Grünflächen am gegenüberliegenden Ufer hinüber und bemerkte dabei nicht, wie sich ihm nach einiger Zeit Sofia Merizadi von hinten näherte. Erst als sie ihn an der Schulter berührte, wurde er aus seinen Gedanken aufgeschreckt.

      „Ah, da sind Sie ja schon wieder! Sie haben es wohl auf mich abgesehen!“, scherzte er mit einem breiten Grinsen, um sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr er ihre Gesellschaft insgeheim vermisst hatte.

      „Der Grund, warum ich Ihre Nähe suche, liegt für fast jeden hier auf der Hand, nur Sie haben ihn noch nicht begriffen!“

      Bevor er seine Vermutung, dass zwischen Merizadi und ihm eine Zusammenarbeit vorgesehen war, offen aussprechen konnte, kam sie ihm mit einer erstaunlichen, alles auf den Punkt bringenden Feststellung zuvor:

      „Es ist ganz einfach, Dr. Morris: Ich bin Ihre zukünftige Frau!“

      Im Gegensatz zu seiner bisherigen Schwerfälligkeit, die an das Versagen seiner berühmten Intuition grenzte, hatte er den gesamten Sinn der Aussage innerhalb einer Millisekunde erfasst. Hätte er es nicht getan, hätte er sie für verrückt halten müssen. Er musterte mit anerkennender Miene ihre äußerst ansprechende Erscheinung von oben bis unten und hätte dabei fast irgendeine anzügliche Bemerkung gemacht. Er unterließ es natürlich, da die schöne Feministin höchstwahrscheinlich mit besonderer Empfindlichkeit auf männliche Anzüglichkeiten reagierte.

      „Sie meinen, der Plan ist, uns als Ehepaar in die UN-RN einreisen zu lassen? Oder soll das hier etwa ein etwas voreiliger Heiratsantrag sein? Ich bin überzeugter Junggeselle und möchte meine Prinzipien nicht aufgeben, nur weil Sie zufällig sehr gut aussehen.“

      Sie bewies Humor und reagierte mit einem Lachen darauf. Danach wartete allerdings sofort eine kalte Dusche auf ihn, indem sie ihn von vornherein gründlich in die Schranken wies.

      „Sie wurden mir als ein Profi beschrieben, Dr. Morris. Ein Mann mit Fähigkeiten, Bildung und Prinzipien. Humor haben Sie angeblich auch. Ich erwarte von Ihnen, die Umstände nicht auszunutzen und mir die üblichen frivolen Männerwitze zu ersparen!“

      Er war schlau genug, darauf lieber nichts mehr zu erwidern, und schaute sich in der modern eingerichteten Cafeteria um. Die Übrigen der Gruppe hatten sich zu zweit an den kleinen Tischen zusammengefunden und erst bei dieser Beobachtung fiel es ihm endlich wie Schuppen von den Augen: All diese Zweierpärchen waren absichtlich einander zugewiesen worden und bestanden aus je einer Frau und einem Mann.

      Merizadi schob ihn am Ellenbogen zu einem Platz in der Nähe der großen Panoramascheibe und meinte dabei:

      „Ich denke, es ist nicht ungewöhnlich, wenn Ehepaare zusammen Mittagessen, oder? Wir sollten uns so schnell wie möglich an die Rolle gewöhnen, die wir zu spielen haben. Das ist eine offizielle Forderung an uns. Dazu gehört natürlich auch, uns beim Vornamen zu nennen. Heute können wir von mir aus noch davon absehen. Es war nicht meine persönliche Idee, dass uns beide das Schicksal auf diese Weise zusammenführt. Aber es hätte ja durchaus auch schlimmer kommen können…“

      Sie deutete mit einem vielsagenden Lächeln zu einem der Nachbartische, und als er sich umwendete, schreckte er instinktiv zurück. Er blickte direkt in das Gesicht einer sehr unansehnlichen Frau, die ihm bereits während der Führung immer wieder aufgefallen war. Er musste an Goldsworthy denken. Er hätte ihn früh genug über alles aufklären können, aber er hatte sich offenbar einen Spaß daraus gemacht, ihn vor der Unterzeichnung des Vertrages über gewisse Details in Unkenntnis zu lassen. Das spezielle Rollenspiel, das ihm der Auftrag auferlegte, versprach an der Seite der schönen Feministin genauso reizvoll wie kompliziert zu werden und so stellte er sich auf anstrengende Wochen ein.

      Er erhob sich, um sich etwas zu Essen zu holen, und als er sich bereits ein paar Meter entfernt hatte, hielt er plötzlich mit einem hörbaren Seufzen inne und kehrte an den Tisch zurück.

      „Darf ich dir etwas mitbringen?“, fragte er mit einer betonten, ironischen Höflichkeit, die seine Lernwilligkeit bezüglich seiner neuen Rolle als braver und aufmerksamer Ehemann zum Ausdruck bringen sollte.

      „Uns bleiben genau zehn Tage Zeit, Ihnen in einem Crash-Kurs Manieren beizubringen und Ihnen Ihren Junggesellen-Egoismus auszutreiben. Ich hätte gern einen Kaffee und ein Käsesandwich, mehr nicht.“

      Die trockene Ironie, die aus ihren Worten sprach, rief als

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