Der Kaiser von Elba. Ole R. Börgdahl

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Der Kaiser von Elba - Ole R. Börgdahl 2

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jener, in dem Madame Durant auf so schändliche Weise festgehalten und gequält worden war. Ich schob das Möbel in die äußerste Ecke des Raumes, sah mich stattdessen nach zwei Stühlen um und bot Mutter und Sohn die neuen Plätze an.

      »Ich danke Ihnen für Ihr Verständnis.«

      Sie ließ ihren Sohn auf einem der Stühle Platz nehmen, trat selbst aber vor mich und reichte mir die Hand.

      »Ich muss mich Ihnen doch zunächst einmal vorstellen und mich entschuldigen, dass ich gestern nicht mehr auf Ihre Nachricht geantwortet habe, Herr Kapten Hanson.« Sie räusperte sich. »Mein Name ist Bellevie Charlotte Durant und das ist mein Sohn Philippe.«

      Der Junge erhob sich hastig von seinem Stuhl und machte erneut einen Diener und setzte sich wieder. Madame Durant lächelte über den Eifer ihres Sohnes.

      »Philippe ist sehr beeindruckt von Ihrer Tat.«

      »Oh, Madame, ich glaube, ich muss mich eher bei Philippe bedanken. Die Pistole des Schurken war bereits auf mich gerichtet, als durch sein Eingreifen der tödliche Schuss umgelenkt wurde.« Ich verbeugte mich vor dem Jungen, der verlegen seine Mutter ansah.

      Madame Durant schüttelte den Kopf. »Nein, wir sind in Ihrer Schuld, da Sie es gewagt haben … aber ich will es mir nicht wieder in Erinnerung rufen, es hat uns doch sehr mitgenommen, weshalb wir uns auch so schnell zurückgezogen haben.«

      »Ich bitte Sie, Madame, dafür habe ich vollstes Verständnis, es war auch für mich ein aufregendes Ereignis. Ich habe mir erlaubt, der Obrigkeit Bericht zu erstatten. Dieser Ort hier steht unter Kriegsrecht und ich möchte nicht, dass Sie noch weitere Unannehmlichkeiten haben, wenn hier eine Untersuchung stattfindet.«

      »Eine Untersuchung?«, wiederholte Madame Durant. »Ich verstehe nicht.« Sie räusperte sich und wandte sich an ihren Sohn. »Philippe, würdest du bitte zu Julie in die Küche gehen. Sie darf dir zu Essen geben, wenn du hungrig bist.«

      Der Junge gehorchte sofort, erhob sich von seinem Stuhl, vollzog einen weiteren, artigen Diener in meine Richtung und verließ den Raum. Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, sah Madame Durant mich wieder an, wobei sie einen ernsten Gesichtsausdruck annahm.

      »Glauben Sie, dass wir Schwierigkeiten bekommen? Es sind immerhin Menschen gestorben, der arme Paul, ich weiß gar nicht, was ich seiner Familie sagen soll. Er hat eine alte Mutter, für die er gesorgt hat und …« Sie stutzte. »Entschuldigen Sie, aber mir gehen so viele Gedanken durch den Kopf.«

      »Nein, nein, das ist schon in Ordnung, dafür habe ich vollstes Verständnis, Madame, und darum habe ich die Angelegenheit für Sie auch schon geregelt, wenn das überhaupt möglich ist.«

      »Ich weiß nicht, es ist alles so schrecklich. Wir haben kein Geld und es gibt auch nichts von Wert im Haus und dafür musste der arme Paul sterben und nicht nur er.«

      »Es ist Krieg«, sagte ich. »Machen Sie sich keine Gedanken, warum das geschehen ist, es hätte jeden treffen können. Es wird sicher noch etwas dauern, bis die Zeiten wieder ruhiger werden.«

      Sie nickte, sah mich dabei mit ihren hellblauen Augen eindringlich an, so dass ich beinahe verlegen wurde.

      »Aber verzeihen Sie«, sagte sie plötzlich. »Ich habe noch gar nicht gefragt, wie es Ihnen geht. Sie wurden verletzt, ich sehe doch die schlimmen Verbrennungen in Ihrem Gesicht. Sie müssen mir sagen, was Sie sonst noch im Kampf mit diesen Männern davongetragen haben.«

      »Es ist nicht so schlimm.« Ich berührte die Stellen in meinem Gesicht. Die Verbände hatte ich bereits abgenommen, aber es haftete noch die Salbe auf meiner Haut.

      »Nein, es ist schlimm, ich sehe es doch.« Sie überlegte. »Ich habe bereits erfahren, dass die Preußen in Versailles sind, Truppen, sehr viele Soldaten, und alles sucht Quartier. Wenn es Ihnen genügt, können Sie sich auch in den kommenden Nächten in der Bibliothek einrichten.«

      »Das kann ich nicht annehmen«, sagte ich, ohne es wirklich so zu meinen. »Ich finde ganz bestimmt woanders Quartier und außerdem werde ich bald wieder nach Paris beordert. Ich gehöre schließlich nicht zu Barclay de Tollys Leuten.«

      »Sie sind Schwede, Herr Kapten, stehen denn auch schwedische Truppen in Paris?«

      »Die Koalition steht in und vor Paris«, antwortete ich zögerlich, weil ich sofort an ein Verhör dachte, aber dennoch davon überzeugt war, dass Madame Durants Frage harmlos war. »Sie wissen sicherlich, dass die Koalition aus Russen, Preußen, Österreichern und auch aus Schweden besteht.«

      Sie nickte zögerlich. »Ich bin nicht so gut informiert, wie Sie vielleicht glauben. Und ich biete Ihnen Quartier aus Selbstschutz. Mit Ihnen im Haus fühlen mein Sohn und ich uns sicherer. Sie können auch einige Ihrer Leute in der Scheune unterbringen, das wäre mir sogar sehr recht.«

      »Dann sage ich zu, muss Ihnen aber leider mitteilen, dass ich alleine bin. Aber was heißt alleine, die preußische Armee sorgt hier jetzt für Ordnung, wenn es notwendig ist. Und falls ein Großteil der Kontingente auch abgezogen wird, weil Ihr Kaiser noch nicht kapituliert hat, dann verbleiben aber immer noch genug Truppen in Versailles.«

      »Der Kaiser, Napoléon Bonaparte? Dann ist der Krieg noch nicht vorüber?«

      »Ich versichere Ihnen, Madame Durant, es ist vorüber, es ist nur noch eine Sache von Verhandlungen. Napoléon hat die Bedingungen für einen Frieden ganz sicher schon erhalten, aber das ist Politik, von der ich auch nicht viel verstehe. Die nächsten Tage werden ganz sicher Klarheit über die Zukunft Frankreichs bringen.«

      »Die nächsten Tage?« Sie nickte. »Dann müssen Sie bis dahin zusagen, meinem Sohn und mir beizustehen und bei uns Quartier nehmen. Bitte, Herr Kapten Hanson, sagen Sie zu.«

      *

      Es fiel mir nicht schwer, ihrer Bitte zu entsprechen, denn Madame Bellevie Durant war wirklich eine sehr schöne Frau und erinnerte mich schon bei unserer ersten dramatischen Begegnung an eine unglückliche Liebe, der ich wenige Monate zuvor in Lübeck nachgehangen hatte. Damals war ich Louisa Brinckhoff in der Buchhandlung ihres Vaters begegnet, hatte mich sofort in sie verliebt, musste dann aber schmerzlich feststellen, dass sie sich bereits einem anderen Mann versprochen hatte.

      Und dies nicht genug, verstand Louisa mein ungeschicktes Werben falsch und zog mich in eine Intrige hinein. Denn Louisas Auserwählter, den ich damals so beneidete, fand bei ihrem Vater keine Zustimmung. So wurde ich als Bräutigam ausgegeben, um den Vater zu erpressen, weil ich mit meiner Frau selbstverständlich von Lübeck in meine schwedische Heimat ziehen würde. Und genau diese Trennung von der Tochter sollte für den Vater schlimmer sein, als einen nicht standesgemäßen Schwiegersohn zu akzeptieren.

      Ich ließ mich auf Louisas Spiel ein, trat dann aber von der Bühne dieses im Grunde gemeinen Stücks ab. Ich musste Lübeck für ein paar Wochen verlassen, um an der Belagerung Glückstadts teilzunehmen. Nach meiner Rückkehr erfuhr ich, dass die Dinge einen ganz anderen Lauf genommen hatten. Louisa hatte mit ihrer wahren Liebe Lübeck verlassen, war vor dem Vater geflüchtet, der seinerseits das Paar in Richtung Berlin verfolgte. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem auch ich Lübeck endgültig verlassen musste, erfuhr ich nicht, was aus dem Drama geworden war.

      Und jetzt war es Madame Durant, die mir nicht mehr aus dem Kopf ging. Sie hatte das gleiche faszinierende Blau in ihren Augen wie jene Louisa Brinckhoff und auch dieses üppige, dunkle Haar, das bei ihr allerdings nicht tief schwarz, sondern dunkelbraun war und dabei im Sonnenlicht in einem reizvollen Rotton glänzte. Aber was machte ich da, dass

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