Der Kaiser von Elba. Ole R. Börgdahl

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Der Kaiser von Elba - Ole R. Börgdahl 2

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sogar zu Knochenbrüchen. Ich war jetzt sehr vorsichtig, weil ich annehmen musste, dass der arme Ponto einen Schädelbruch erlitten hatte. Ich suchte nach Hinweisen, drückte sanft und dennoch mit ausreichender Kraft, aber zum Glück gab der Knochen an keiner Stelle nach.

      Ich deutete auf die Beule an Pontos Schädel, die Philippe jetzt auch sehen konnte. »Wie ist das passiert?«

      »Ich weiß es nicht, ich habe ihn so gefunden, er lag hinter den Büschen dort.«

      Philippe zeigte in die Richtung. Es war in etwa die Stelle, an der ich den toten Hund gefunden hatte, unmittelbar bevor ich mich in den Kampf gegen die Räuberbande stürzte. Ich war mir sicher, dass der Hund tot war, und zwar mit aufgeschlitztem Bauch, da ja auch mein Pferd beim Geruch des Blutes zurückscheute. Oder hatte ich mich geirrt, war das Ponto, der aber noch lebte?

      »Lag da nicht auch ein toter Hund, dort vor dem Gebüsch?«, fragte ich Philippe.

      Er nickte. »Das war einer der Jagdhunde. Die Meute ist vor ein paar Tagen abgezogen, sie haben ihn zurückgelassen und jetzt ist er tot.«

      Ich verstand zwar nicht genau, was Philippe meinte, ich hatte mich aber wenigstens nicht geirrt. Jetzt widmete ich mich wieder dem armen Ponto, dessen Augen zu flackern begannen. Sie hatten ihn offensichtlich nicht mit ihren Messern erwischt, ihm dafür aber einen heftigen Schlag auf den Kopf zugefügt. Ich konnte keinen Knochenbruch feststellen, aber das bedeutete nicht, dass die Verletzung harmlos war. Pontos Zustand jedenfalls schien sehr ernst zu sein. Ich legte meine Hand noch einmal auf seinen Brustkorb und spürte wie das Herz in einem Moment raste und im nächsten fast still zu stehen schien.

      »Lass ihn uns wieder in die Scheune bringen«, sagte ich schließlich zu Philippe. »Er sollte sehr viel Ruhe bekommen. Suche eine geschützte, versteckte Ecke und stelle ihm reichlich Wasser hin. Vielleicht musst Du ihm auch zu trinken einflößen. Zu essen benötigt er vorläufig nicht, es sei denn, er kann wieder auf eigenen Beinen stehen.«

      Während Philippe in der Scheune alles vorbereitete, tastete ich Ponto ein zweites Mal ab, fand außer der Beule am Kopf erneut keine anderen Verletzungen. Ich streichelte das braungraue, zottelige Fell als Philippe wieder zu mir stieß, damit wir Ponto umbetten konnten.

      »Was ist das für eine Rasse?«, fragte ich.

      »Ein Laekenois, ein Hirtenhund, er kommt aus dem Wallonischen. Mein Großvater hat ihn mir geschenkt, er darf nicht sterben.«

      »Er wird auch nicht sterben«, sagte ich. »Du musst ihn jetzt in Ruhe lassen und nur darauf achten, dass er sein Wasser bekommt.«

      Ich wusste nicht, ob mein Rat das Leben des Hundes rettete, aber ich spürte, dass meine Worte Philippe beruhigten. Ich ließ mir die Stelle in der Scheune zeigen und legte Ponto dort nieder. Philippe stellte eine flache Schüssel vor die Schnauze des Hundes und füllte sie bis zum Rand mit frischem Wasser aus dem Brunnen im Hof. Wir standen noch ein paar Minuten andächtig vor Pontos Lager, zogen uns dann zurück. Philippe ging ins Haus, während ich mich zu einem Spaziergang Richtung Orangerie aufmachte.

      *

      Ich hoffte Madame Durant in der Orangerie anzutreffen, unternahm vorher aber noch einen Umweg über das Schloss Versailles, da ich mich bei der preußischen Kommandantur nach neuen Befehlen erkundigen wollte. Ich befand mich immer noch in der Rolle eines Beobachters. Die Gemeinsamkeit zwischen mir und den Preußen unter Generalfeldmarschall Barclay de Tolly bestand allerdings darin, dass wir zur Nordarmee unter dem schwedischen Kronprinzen Karl Johann gehörten, dem ehemaligen französischen Maréchal Jean Baptiste Bernadotte, meinem zukünftigen König.

      Versailles war weiterhin vom Korps Bülow besetzt. In einem Seitenflügel des Schlosses waren einige Büros eingerichtet und mir kam die rege Geschäftigkeit der Stabsoffiziere sehr bekannt vor. Ich traf auf einen jungen Hauptmann, der mich über die Lage in Kenntnis setzte. Paris war gefallen und in der Hand der Koalition. Dies hatte ich selbst miterlebt, hatte selbst im Gefecht gestanden, aber wir hatten nicht gegen den Kaiser der Franzosen gekämpft, sondern gegen seine Maréchaux de Marmont und Mortier, die noch rechtzeitig in die Hauptstadt zurückgekehrt waren, um uns die Einnahme von Paris mit viel Blut bezahlen zulassen.

      »Bonaparte sitzt jetzt und heute in Fontainebleau«, klärte mich der Hauptmann auf. Er legte eine Karte auf den Tisch und wir beugten uns darüber.

      »Wie weit ist das?«, fragte ich.

      »Gut fünfunddreißig Meilen von Paris entfernt. Es reicht also ein Tagesmarsch und die Schlacht entbrennt von neuem.«

      Der Hauptmann tippte mit der Spitze eines Brieföffners auf die Karte und zog einen Bogen.

      »Wir könnten ihm den Weg abschneiden, aber wie es derzeit aussieht, also was wir so aus Fontainebleau hören …« Er zögerte.

      »Sie können frei sprechen«, forderte ich ihn auf, »ich gehöre zu Major Kungsholms Leuten.«

      Er nickte. »Jedenfalls haben wir Nachrichten aus Fontainebleau. Napoléon hat seine Maréchaux um sich versammelt, die, die es noch zu ihm geschafft haben. Jedenfalls scheint sich die Lage zu verändern.«

      »Was meinen Sie damit?«

      Der Hauptmann zog eine Depesche aus der Schublade des Schreibtisches und gab sie mir. Während ich las, klärte er mich über den Inhalt auf.

      »Ney hat sich ihm entgegengestellt. Sein Kaiser wollte gegen Paris ziehen, aber Ney hat auf ihn eingeredet. Ich denke sie haben Napoléon die Gefolgschaft verweigert. Es gibt keinen Marsch auf Paris, wir bleiben weiter hier und warten ab.«

      »Und Sie meinen nicht, dass das eine Finte ist?« Ich bemühte die Karte. »Ein Gewaltmarsch, ein großer Bogen, das sind höchsten sechzig Meilen, die ein Napoléon in zwei Tagen schafft. Er kommt dann von Norden nach Paris und wir rennen von Versailles aus ins Leere.«

      Der junge Hauptmann schüttelte den Kopf. »Unsere Nachrichten sind sicher. Napoléon soll bereits an den Bedingungen arbeiten, unter denen er der Koalition eine Abdankung anbietet.«

      Ich zögerte, nickte dann aber. »Sie werden recht haben. Ich muss jetzt auch Korrespondenz mit meinem Vorgesetzten halten. Vielleicht bekomme ich neue Befehle oder ist schon etwas für mich eingegangen?«

      »Mir liegt nichts vor und der Bote aus dem Hauptquartier ist heute Morgen bereits da gewesen. Wenn Sie sich beeilen, lasse ich ihn zurückhalten, damit er etwas von Ihnen mitnehmen kann.«

      Der Hauptmann deutet auf einen der Schreibtische und bot mir dort neben einem Platz auch Papier, Feder und Tinte an. Ich setzte mich auch sofort hin und begann meinen Eindruck von der Lage in Versailles niederzuschreiben. Alles andere, was ich von dem Hauptmann erfahren hatte, brauchte ich nicht zu berichten, da ich davon ausging, dass diese Nachrichten längst Major Kungsholm und den Stab des Kronprinzen erreicht hatten.

      Ich beendete mein Schriftstück, schlug es ein und verwendete ein Siegel unserer preußischen Verbündeten. Ich war dabei, als der Bote meinen Brief in seiner Dokumententasche verstaute und der Mann sofort sein Pferd bestieg und los ritt. Ich verabschiedete mich vom Hauptmann und trat endlich meinen Weg zur Orangerie an. Ich fand einen Durchgang, kam hinter das Schloss und nahm eine der flachen Treppen, die links und rechts hinunter auf die Ebene des Orangeriegartens führten.

      Ich befürchtete schon, Madame Durant nicht mehr anzutreffen. Und ich musste sie tatsächlich in dem Gewirr aus Gängen und Gewächshäusern suchen. Denn obwohl ich nach ihr fragte, erhielt ich nur unzureichend Auskunft von den zumeist sehr zurückhaltenden Arbeitern,

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