Milly con Carne. Carola Käpernick
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Milly con Carne - Carola Käpernick страница 3
„Wer sein Fahrzeug liebt, der schiebt.“ Das muss eine ziemlich weit verbreitete Volksweisheit in Emmenburgstedt sein, denn Maria bekam das alle zwei Minuten zu hören. Irgendwann klappte sie die Ohren zu und überdachte ihre Situation. Leider spielte ich vorerst nur eine sehr untergeordnete Rolle in ihren Gedanken. Noch war Lukas zu präsent, als dass ein nichtmal kniehohes Tier ihn verdrängen konnte. Doch als sie gerade wütend genug auf ihren „Nunaberwirklichrichtigen Ex“ war, gelangte sie geistig zum Unfall und ich hopste geradewegs in ihre Gedanken, um mich da einzunisten.
Die kurze Hoffnung, dass der Ex zum Exex werden könnte, zerschlug sich, als Maria die vier Nachrichten von ihrem Anrufbeantworter abhörte. Statt reumütigen Entschuldigungen von Lukas, fanden sich Nachrichten von ihrem Bruder Laurenz und ihren Freundinnen Bianca und Tamara darauf. Die vierte Nachricht war von Benedikt, der vermeldete, dass ich gut untergebracht war und es mir auch gesundheitlich gut ginge. Maria solle sich keine Sorgen machen. In meinem nächsten Leben werde ich Benedikts Zahnarzt und räche mich für diesen Anruf, das steht mal fest. Ich war gar nicht gut untergebracht. Lauter andere Hunde um mich herum und das Essen wurde mir auch zugeteilt. Ok, es war etwas wärmer wie auf der Straße und es gab sauberes Wasser, aber so schlimm ist das aus der Pfütze Saufen gar nicht.
Glücklicherweise glaubte Maria dem Tierarzt nicht. Oder wie sonst, soll ich es mir erklären, dass sie am nächsten Tag schon vormittags im Tierheim stand und darauf bestand, mich zu sehen und mir ein mitgebrachtes Putensteak geben zu dürfen? Das hat mich vielleicht Überwindung gekostet, das nicht gleich mit purer Begeisterung zu fressen. Sollte Maria ruhig denken, dass ich den Unfall noch nicht verkraftet hatte. Und tatsächlich dachte sie das dann ja auch und versprach, nachmittags noch einmal vorbei zu schauen und mir noch einmal etwas Leckeres mitzubringen.
So ging das mit uns dann drei Tage lang. Dann war Maria das hin und her fahren wohl zu blöd. Jedenfalls meinte sie am dritten Tag, wenn sich bis jetzt niemand gemeldet hat, der mich vermisst, dann wollte sie sich doch um mich kümmern und mich zu sich nach Hause mitnehmen. Benedikt untersuchte mich noch mal zum Abschluss und entließ mich, als völlig gesund. Er gratulierte Maria zu der Entscheidung. Eigentlich hätte er allerdings mir gratulieren müssen. Aber nee, stattdessen piekste der mich dermaßen fies, dass ich laut quietschte. „So und einen Chip hat sie nun auch. Hier sind die Daten, ich würde Milly bei Tasso anmelden, wenn sie mal verloren geht, kann dann schnell festgestellt werden, wo sie hingehört.“ Maria versprach, sich sofort darum zu kümmern. Die Vorstellung, dass ich verloren gehen könnte, fand sie doch zu schrecklich und sie empörte sich schrecklich über meine früheren Halter. Mir war es recht, auch wenn Silke mir leidtat. Ich bin mir sicher, sie hätte nicht gewollt, dass Gregor mich einfach aussetzt, aber Maria konnte das ja nicht wissen und so nutzte ich ihre emotionale Situation etwas für meine Altersvorsorge aus.
Einzug
Spontane Entscheidungen bedauert man meistens nachts. So auch Maria. Denn sie hatte für mich ja gar kein Hundebett, keine Näpfe und war eigentlich überhaupt nicht auf einen Mitbewohner eingestellt. Bis zum Schlafengehen, konnten wir uns mit Provisorien sehr gut behelfen. Mein Wasser und Futter bekam ich aus Dessertschalen, aus denen Maria sonst das Eis löffelte, dass sie sich bei Liebeskummerschnulzenfilmabenden reinschaufelte. Beim Futter improvisierte sie sogar ziemlich zu ihrem eigenen Nachteil. Sie hatte eine Hühnersuppe gekocht. Nun ja. Das Fleisch habe ich bekommen und sie trank die Brühe. Von mir aus darf das gerne eine Tradition werden.
Als Maria dann irgendwann schlafen gehen wollte, drapierte sie eine Decke auf dem Boden vor ihrem Bett. Hieß das etwa, ich sollte auf dem Boden schlafen? Das gewöhnen wir Maria gar nicht erst an. Ich miepte und quengelte also rum, bis sie mich zu sich ins Bett holte. Besser. Viel besser! Perfekt sogar, würde ich sagen.
Maria las noch und ich kuschelte mich in ihre Kniekehlen und schlief seit Langem mal wieder richtig gut. Die Sicherheit, die einem die Anwesenheit eines Menschen gibt, der dich zwar erst über den Haufen fährt, dich aber dann nicht einfach liegen lässt, die ist Gold wert. Und da ich kein Gold habe, wiege ich das in Liebe auf.
In den ersten Tagen musste ich Maria noch ziemlich viel beibringen. Sie hatte ja von nichts eine Ahnung, was Hunde anging. Was sie allerdings sehr genau wusste, das war der Fakt, dass Hundehaufen aufzusammeln waren. In Ermangelung von echten Hundekotbeuteln, nahm sie durchsichtige Frühstückstüten mit auf die ersten Gassirunden. Daraufhin bekam sie sehr seltsame Blicke von anderen Passanten zugeworfen. Ich gab mir große Mühe, meine Ausscheidungen in Konsistenz und Farbe, kreativ wirken zu lassen. Trotzdem, irgendwann fiel Maria auf, dass andere Hundehalter bunte und vor allem blickdichte Tütchen mit sich herumtrugen und so steuerten wir zusammen einen Zooladen an. Wer sich mit Hundehaltung nicht auskennt, aber Kinder hat, muss sich das in etwa so vorstellen, als wenn man als frischgebackenes Elternteil in einen Toys R‘us kommt. Die Augen laufen einem über und man will alles kaufen. Alles! Marias Hundemutterhormone diskutierten gar nicht erst lange mit ihrer Kreditkarte, sondern zwangen sie regelrecht dazu, mit ausgebreiteten Armen an den Regalen vorbeizulaufen und alles in den Einkaufswagen zu schaufeln. Bei Leckerli, Spielzeug und Futter, erfreute ich mich sehr an ihrer Kaufwut. Als wir dann in den Bereich Hundeshampoo, Zeckenmittel und Darmkur kamen, versuchte ich Marias Aufmerksamkeit umzulenken. Leider gelang es mir nicht und sie griff auch hier viel mehr ab, als wir brauchten, jedenfalls wenn sie nicht vorhatte, sich selbst auch zu behandeln. Zum Glück waren wir mit dem Auto da. Auf der Vespa hätten wir das ja gar nicht transportieren können. Mir war, als wenn ich aus den Augenwinkeln wahrgenommen habe, dass die nach uns den Laden geschlossen und den Mitarbeitern freigegeben haben, weil der Wochenumsatz von diesem einen Einkauf erreicht war.
Zu Hause hatte ich jetzt also mehrere Hundebetten. Eins auf dem Balkon, eins in der Küche und eins im Wohnzimmer. Ich verstehe zwar nicht, wieso in einem Zimmer, in dem sich auch Bett oder Sofa aufhalten, ein Hundebett liegen muss, aber Maria war ja angeblich der denkende Part von uns. Das im Wohnzimmer blieb jedenfalls ungenutzt, bis das auf dem Balkon irgendwann kaputt ging.
Einen Vorteil hatte Marias Unwissenheit in puncto Hunde allerdings. Sie hielt es für zwingend notwendig, mir Abwechslung beim Futter zukommen lassen zu müssen. Solche Leckerbissen hatte ich eine Ewigkeit nicht. Solche Blähungen allerdings auch nicht. Und eben diese waren der Grund, warum Silke, mein früheres Frauchen, mir nur noch bestimmte Sorten Fleisch gegeben hatte und dies sogar selbst zubereitete. Maria war noch nicht soweit und wenn es nach mir ginge, dürften ihr derartige Einsichten auch gerne erspart bleiben. Aber ich hatte die Rechnung ohne Benedikt gemacht.
Es war ja nicht so, dass ich permanent Durchfall hatte oder Maria in ihre hübsche Wohnung gekotzt hätte. Ich fraß das Futter auch mit Begeisterung und Genuss. Nur Maria hatte ein Problem damit, dass ich aus dem Hals roch, wie Möwenfraß und ihr meine Flatulenzen die Tränen in die Augen trieben. Also rief sie bei Benedikt an und fragte nach den Ursachen. Der stellte direkt die Ferndiagnose: „Das liegt am Futter.“ Und da frage ich mich doch, ist das überhaupt erlaubt, dass ein Tierarzt so eine telefonische Sprechstunde abhielt, zum Nachteil einer kleinen hungrigen französischen Bulldogge? Dass ich hier nicht die Tierärztekammer eingeschalten hab, liegt nur an der Empfehlung, dass Maria ausprobieren soll, was ich vertrage und was nicht. Dadurch änderte sich erst mal nicht viel. Ich fraß, was sie mir gab und sie notierte, wann meine verdauende Anwesenheit sie nicht ganz so stark olfaktorisch leiden ließ. Dann sortierte sie die Hundefutterdosen durch und wir nahmen gelegentlich welche mit, wenn wir spazieren gingen und gaben sie im Tierheim ab.
Dort trafen wir hin und wieder auch den Tierarzt, der sich sehr freute, dass ich es so gut getroffen hatte mit Maria. Wenn der wüsste… Maria hatte zwei Freundinnen, Bianca und Tamara.