Die chinesische Kreuzigung. Und andere Schauergeschichten. Hanns Heinz Ewers

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Die chinesische Kreuzigung. Und andere Schauergeschichten - Hanns Heinz Ewers

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Weg ging nun zwischen breitblätterigen Agaven daher, die ihre verholzten Blütenschäfte dreimannshoch in die Luft streckten. Wir hörten des Darro brausen, der hinter dem Berge über die Felsen sprang.

      Drei Kerle kamen auf uns zu, in braunem, zer­lumptem Mantel; sie grüßten schon von weitem meinen Begleiter.

      »Wachtposten«, sagte der Pope. »Bleiben Sie hier stehen, ich will mit ihnen reden!«

      Er schritt auf die Männer zu, die ihn erwar­tet zu haben schienen.

      Ich konnte nicht verstehen, was sie sprachen, doch handelte es sich augen­scheinlich um meine Person. Der eine der Männer gestikulierte lebhaft, sah mich misstrauisch an, schleuderte die Arme in der Luft herum und rief immer wieder: »Ojo el Caballero!«

      Aber der Pope beruhigte ihn; schließlich winkte er mich selbst heran.

      »Sea usted bienvenido, Caballero!«, begrüßte er mich und zog seinen Hut.

      Die beiden anderen Späher blieben auf ihrem Posten zurück, der dritte begleitete uns.

      »Es ist der Patron, sozusagen der Manager der Geschichte«, erklärte der Pope.

      Nach einigen hundert Schritten kamen wir zu einer Höhlenwohnung, die sich durch nichts von den hunderten anderen der Bergabhänge Grana­das unterschied. Vor dem Türloch war, wie ge­wöhnlich, ein kleiner Platz geebnet, von dichten Kaktushecken umgeben. Dort standen einige zwanzig Kerle herum – doch war kein Zigeuner dabei. In der Ecke brannte ein kleines Feuer zwi­schen zwei Steinen; darüber hing ein Kessel.

      Der Pope langte in die Tasche, zog einen Duro nach dem andern heraus und gab sie unserem Begleiter.

      »Die Leute sind so misstrauisch«, sagte er, »sie nehmen nur Silber.«

      Der Andalusier kauerte sich an das Feuer und prüfte jedes einzelne Geldstück. Er warf sie auf einen Stein und biss mit den Zähnen darauf. Dann zählte er – hundert Peseten.

      »Soll ich ihm auch Geld geben?«, fragte ich.

      »Nein!«, sagte der Pope. »Wetten Sie lieber, das wird Ihnen hier eine größere Sicherheit geben.«

      Ich verstand ihn nicht.

      »Eine größere Sicherheit?«, wiederholte ich. »Wieso denn?«

      Der Pope lächelte: »O – Sie machen sich dann mehr gemein und mehr – schuldig mit diesen Leuten!«

      »Sagen Sie mal, Reverend«, rief ich, »weshalb wetten Sie dann nicht?«

      Er hielt meinen Blick ruhig aus und antwortete nachlässig: »Ich? – Ich wette niemals: Das Wetten beein­trächtigt die reine Freude am Schauen.«

      Inzwischen war noch ein halbes Dutzend höchst verdächtiger Gestalten gekommen, alle in das unvermeidliche braune Tuch gehüllt, das die Andalusier als Mantel benutzen.

      »Worauf warten wir noch?«, fragte ich einen der Leute.

      »Auf den Mond, Caballero«, erwiderte er, »er muss erst untergehen.«

      Dann bot er mir ein großes Glas Aguardiente an. Ich dankte, aber der Engländer schob mir das Glas in die Hand.

      »Trinken Sie, trinken Sie!«, drängte er. »Es ist das erste Mal für Sie – vielleicht werden Sie es nötig haben!«

      Auch die anderen sprachen dem Branntwein reichlich zu; doch lärmte man nicht, nur ein ha­stiges Geflüster, ein heiseres Tuscheln drang hin­aus in die Nacht. Der Mond barg sich im Nord­westen hinter der Cortadura, man holte lange Pechfackeln aus der Höhle und brannte sie an. Dann baute man mit Steinen einen kleinen Kreis in der Mitte: Das war die Arena; ringsherum stieß man Löcher in den Boden und steckte die Fackeln hinein. Und in dem roten Feuerschein entkleideten sich langsam zwei Männer. Nur die ledernen Hosen behielten sie an, dann traten sie in den Kreis hinein, setzten sich einander gegen­über und kreuzten die Beine, wie die Türken tun. Nun erst bemerkte ich, dass in dem Boden zwei starke Balken waagerecht eingelassen waren, deren jeder zwei eiserne Ringe trug. Zwischen diese Ringe hatten die beiden Kerle sich hingesetzt. Jemand lief in die Höhle und brachte ein paar dicke Seile mit, umschnürte den Leib der Män­ner und ihre Beine und band einen jeden an sei­nen Balken. Sie staken fest wie im Schraubstock; nur den Oberkörper konnten sie frei bewegen.

      Sie saßen da, ohne ein Wort, sogen an ihren Zigaretten oder leerten die Branntweingläser, die man ihnen immer von Neuem füllte. Sie waren zweifellos schon stark betrunken, ihre Augen stierten blöde auf den Boden. Und rings herum im Kreise zwischen den qualmenden Pechfackeln lagerten sich die Männer.

      Plötzlich hörte ich hinter mir ein hässliches Kreischen und Knirschen, das die Ohren zerriss. Ich wandte mich um: An einem runden Schleif­stein schliff jemand sorgfältig eine kleine Na­vaja. Er prüfte das Messer am Nagel des Dau­mens, legte es weg und nahm dann ein anderes.

      Ich wandte mich an den Popen: »Diese Salsa ist also eine Art – Duell?«

      »Duell?«, antwortete er. »O nein, es ist eine Art – Hahnenkampf!«

      »Was?«, rief ich. »Und aus welchem Grunde unternehmen die Männer da diese Art – Hah­nenkampf? Haben sie sich beleidigt – ist es Eifersucht?«

      »Keineswegs«, sagte ruhig der Engländer, »sie haben gar keinen Grund. Vielleicht sind sie die besten Freunde – vielleicht kennen sie einander gar nicht. Sie wollen nur – ihren Mut beweisen. Sie wollen zeigen, dass sie hinter den Stieren und den Hähnen nicht zurückstehen.«

      Die hässlichen Lippen versuchten ein kleines Lächeln, als er fortfuhr: »So etwa – wie bei Ihren deutschen Studen­tenmensuren.«

      Ich bin – im Auslande – immer Patriot. Das habe ich längst von den Briten gelernt: Right or wrong – my country!

      So antwortete ich ihm scharf: »Reverend – der Vergleich ist albern! – Sie können das nicht beurteilen.«

      »Vielleicht doch«, sagte der Pope. »Ich habe in Göttingen sehr schöne Mensuren gesehen. – Viel Blut, viel Blut –«

      Inzwischen hatte der Patron uns zur Seite Platz genommen. Er zog ein schmutziges Notizbuch aus der Tasche und einen kleinen Bleistift.

      »Wer wettet auf Bombita?«, rief er.

      »Ich!« – »Eine Peseta!« – »Zwei Duros!« – »Nein, auf Lagartijillo will ich wetten!« – Die Branntweinstimmen krächzten durcheinander.

      Der Pope fasste mich am Arm.

      »Richten Sie Ihre Wetten so ein, dass Sie ver­lieren müssen«, rief er, »legen Sie lange Odds, man kann nicht vorsichtig genug sein mit der Bande.«

      Ich hielt also eine ganze Reihe der angebotenen Wetten, und zwar immer drei zu eins. Da ich auf alle beide setzte, musste ich so notwendigerweise verlieren. Während der »Manager« mit schwer­fälligen Zeichen alle Wetten zu Papier brachte, reichte man die scharfgeschliffenen Navajen her­um, deren Klingen etwas über zwei Zoll lang waren. Dann gab man sie zusammengeklappt den beiden Kämpfern.

      »Welche willst du, Bombita Chico, mein Hähn­chen?«, lachte der Schleifer.

      »Gib her! Gilt mir gleich!«,

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