MICHAEL STUHRS FANTASY-DOPPELBAND. Michael Stuhr

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MICHAEL STUHRS FANTASY-DOPPELBAND - Michael Stuhr

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in der Tür. Etwas wehmütig nahm er Abschied von dem Haus am Rande der Stadt und vor allem von der Liebe seines Lebens. - Ach, hätte das alles doch nur für immer so weitergehen können!

      Adiv eb Aser wartete geduldig, bis Llauk sich von Sajai verabschiedet hatte, dann gingen die beiden Männer, begleitet von einer Eskorte, zum Hafen hinunter.

      "Seid nicht betrübt, Stoffmacher", versuchte der Dramile Llauk zu trösten. "Wenn Ihr erst Gouverneur von Thedra seid, könnt Ihr Eure Geliebte ja nachkommen lassen."

      Llauks Kopf ruckte herum. Plötzlich war aller Abschiedsschmerz vergessen. Gouverneur sollte er werden? So hoch hatte er in seinen kühnsten Träumen nicht zu greifen gewagt. `Llauk, Gouverneur von Thedra und Estador', wie gut das klang. Vielleicht würden die Dramilen es dulden, dass er sich so ganz nebenbei auch noch Vizekönig nannte, oder auch nur König? Llauk ging wie auf Wolken. Schon sah er sich am Ziel, das seine wildesten Machtphantasien bei weitem übertraf. - Doch vor den Titel hatten die Dramilen die Überfahrt nach Thedra gesetzt ...

      Stolz in Gang und Gebärde, jeder Fingerbreit ein erfolgreicher Kaufmann, betrat Llauk den Kai von Sordos und schaute wohlgefällig auf die Menge, die ihn bewundernd musterte, wie ihm schien. - Ob die Leute wohl schon von seiner Ernennung wußten?

      Plötzlich stockte Llauks Schritt. Er hatte an der Kaimauer etwas erkannt, das seinen Herzschlag stocken ließ. Dieses Schiff, dieser kleine Zweimaster, das war doch nicht etwa ...?

      "Was zögert Ihr, Stoffmacher?", wollte Adiv eb Aser von ihm wissen. "Hat Euch die `Große Geliebte' nicht gut und sicher nach Sordos getragen?"

      Llauks Knie drohten nachzugeben. Diese massige Gestalt dort an Deck, dieser hünenhafte Mann, der seinen Kopf so merkwürdig schräg hielt ...

      "Kommt!", drängte sein Begleiter. "Kapitän Sed eb Rea wartet nicht gern. Wir wollen ihn nicht unnötig reizen. - Schaut nur, wie Ihr ihn zugerichtet habt mit Eurem Messer!"

      Das war also die Teufelei gewesen, die Llauk insgeheim die ganze Zeit gefürchtet hatte. Mehr als zwanzig Tage lang sollte er diesem Unmenschen ausgeliefert sein, der schon vor seiner Verwundung durch Llauk kein Erbarmen gekannt hatte.

      In einem angstvollen Reflex wirbelte Llauk herum und wollte fliehen. Aber die Männer seiner Eskorte waren darauf vorbereitet und hatten ihn schon nach dem ersten Schritt gepackt. Erstes Gelächter drang aus der Menge.

      "Nun, Gouverneur, geht Ihr freiwillig? - Oder müssen wir Euch die Laufplanke hinaufpeitschen?", raunte Adiv eb Aser ihm zu. "Das würde Euren schönen Kleidern sicher nicht bekommen."

      Llauk gab auf. Willenlos trottete er über das Hafenpflaster zur `Großen Geliebten' hinüber. Unglaublich groß und gefährlich kam der Kapitän ihm vor, wie er so unbeweglich wartend auf dem Deck stand. Der schiefliegende Kopf unterstrich in Llauks Augen nur noch den bedrohlichen Eindruck. Sein Dolch war es gewesen, der die Muskeln und Sehnen im Nacken dieses Mannes durchtrennt hatte. Der Kapitän würde es ihm tausendfach vergelten auf der langen Fahrt.

      Sed eb Rea schaute geringschätzig auf das Häufchen Elend herab, das sich ängstlich und widerstrebend die Laufplanke heraufwand. "Kommt nur, Stoffmacherlein", lud er Llauk mit grollender Stimme ein. "Wir werden eine lustige Überfahrt haben."

      Llauk hätte fast das Gleichgewicht verloren. Gequält stöhnte er auf. `Lustige Überfahrt'? - Er hatte da so seine Zweifel.

      KAPITEL 8 - DIE `SESIOL'

       Jeder Herr sollte besonders auf diejenigen seiner Diener achten, die seinen Namen am lautesten preisen.

      "Wir sind gekommen, euer Geld zu stehlen und eure Weiber zu verführen! Wir wollen eure Haustiere schlachten und eure Kinder mit uns in die Wüste schleppen!"

      Wieder stand Bgobo auf dem tragbaren Podest und sprach vor dem Publikum im Hafen von Isco die `Böse Verheißung'. Immer neue Ungeheuerlichkeiten schleuderte er den Stadtbewohnern entgegen, die seinen Dreistigkeiten, je nach Temperament feixend, oder vor Vergnügen johlend, zuhörten.

      "Seid sicher, dass wir auf euren Märkten stehlen und euer Vieh verderben wollen! In Brand setzen werden wir eure Häuser und die Tore der Stadt dem Feind öffnen! - Wie? - Der Feind steht nicht vor den Toren? Dann senden wir eben Verräter aus und holen ihn!"

      Die Menge kreischte vor Vergnügen.

      "Zuerst aber werden wir euch alle mit dem lähmenden Fieber und dem stinkenden Aussatz überziehen! Und weil ihr dann sowieso nicht mehr sprechen könnt, sagt mir lieber jetzt sofort, ob wir in eurer Stadt willkommen sind!"

      Ohrenbetäubender Applaus beendete Bgobos Rede, der geschickt von der Plattform heruntersprang und einem Jongleur Platz machte. Sieben umherwirbelnde Holzstäbe ließen die Umstehenden die Köpfe einziehen, und wieder umkreisten die Wurfhölzer der Frauen die Masten der Schiffe. Langsam setzte sich der Zug der Gaukler in Bewegung.

      Teri lag leise vor sich hin schluchzend in dem kleinen Zelt auf dem Vorschiff der Kao-lad. Tief hatte sie ihr Gesicht in das weiche Fell der Decke gepresst, die die Kraan ihr zum Abschied geschenkt hatten. Warum war Reisen nur mit so viel Abschiednehmen verbunden? Warum fand man Freunde, die man gleich darauf wieder verlor?

      Teri hatte sich fest vorgenommen, der Einladung der Kraan zu folgen und sie in Wajir, der geheimnisvollen Stadt in der Steppe hinter der Wüste zu besuchen. Aber bis sie das tun könnte, würde noch so viel Zeit vergehen, so unendlich viel Zeit.

      "Teri, komm jetzt." Sachte berührte Tana die Schulter des Mädchens. Die Trommeln und Ratschen der Artisten waren verklungen. Wahrscheinlich waren sie auf einem Zug durch die Gassen der Stadt, um für ihre erste Aufführung zu werben.

      Langsam bewegte Teri sich und rieb ihre verquollenen Augen mit den Handballen.

      "Komm, Schatz!" Tana war ungeduldig. "Die `Sesiol' wartet schon. Wir können gleich an Bord."

      "Gehen wir nicht ins Fremdenhaus?" Heimlich hatte Teri darauf gehofft, die Kraan am Abend doch noch einmal wiederzusehen.

      "Wir sind hier in Isco. Hier gibt es kein Fremdenhaus", erinnerte Tana.

      "Ach ja", fiel es Teri wieder ein. Bgobo hatte ja erzählt, wie trefflich es sich bei den Herbergswirten von Isco feiern ließ. Besonders von einer jungen Wirtin hatte er geschwärmt, die er unbedingt wieder hatte besuchen wollen. Teri sprach inzwischen leidlich die Sprache der Kraan, und Bgobo hatte das wohl nicht bedacht. Jedenfalls hatte sie genau gehört, was Bgobo, ihr Bgobo, mit dieser Frau machen wollte.

      Teri war das gar nicht recht gewesen. Aus einem Grund, der ihr selbst unerklärlich war, war sie plötzlich aufgesprungen und davongelaufen. Stumm hatte sie an der Reling der Kao-lad gestanden und auf die Wellen hinausgestarrt, als Bgobo neben sie getreten war.

      Lange hatte er wortlos dagestanden. Dann, nach einer Weile, hatte er seine Hand auf Teris Schulter gelegt und sie ganz sanft gedrückt. Ohne ein Wort zu sagen, war er dann wieder zu seinen Leuten gegangen.

      Da hatte Teri gewußt, das Bgobo sie sehr mochte und dass er es nicht böse gemeint hatte. Mochte er nur zu der Wirtin gehen und mit ihr herumalbern und seine Spiele spielen - das machte nichts aus. Mit ihr, Teri, hatte er auf das Meer geschaut und geschwiegen - und das war sehr viel mehr.

      Tana wartete.

      Schnell raffte Teri ihre Sachen zusammen und stopfte sie achtlos in ihr Bündel.

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