MICHAEL STUHRS FANTASY-DOPPELBAND. Michael Stuhr

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MICHAEL STUHRS FANTASY-DOPPELBAND - Michael Stuhr

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Und siehe da: Es gab nicht nur ein genau passendes Stück Segeltuch in einer Kiste vor dem Mast, sondern das Dach des Verschlags war obendrein noch mit einer sinnreichen Klemmvorrichtung versehen, in welcher das obere Ende des Vorhangs befestigt werden konnte.

      Von da an war es um Tanas Laune wieder besser bestellt. Am Abend saß die ganze Familie unter dem festen Dach hinter der Plane, und alle fühlten sich so wohl dabei, dass sie im Sitzen einschliefen.

      Am nächsten Vormittag wurde es unruhig in der Stadt. Ein Händler, der auf dem Kai zu tun hatte, berichtete, dass die Harmuged-Leute begannen, sich vor dem Ofisa-Heiligtum zu sammeln. Sofort schickte der Kapitän einen seiner Leute an Land, der nach der Restfracht fragen sollte. Er hatte Order, dem Auftraggeber mitzuteilen, die `Sesiol' liefe auf jeden Fall mit der Abendflut aus, ob er nun geliefert habe oder nicht.

      Gegen Mittag hörte Teri einen vielstimmigen Schrei von jenseits der Hafenmauern. Immer wieder erbebte die Luft über Isco unter den Rufen einer gewaltigen Menschenmenge.

      Wachmannschaften sammelten sich am Hafen und stiegen dann zögernd die Stufen zur Stadt empor. Fliegende Händler räumten eilig ihre Stände ab und verschwanden in den winkligen Gassen. Hafenbewohner verbarrikadierten ihre Hauseingänge und Fenster mit Brettern und Balken.

      Teri saß auf dem Dach der Kabine und sah zu, wie sich der Hafenplatz leerte. Ab und zu hastete noch eine Gestalt über das Pflaster. Es schien Teri, als seien die Leute auf der Flucht.

      Ganz leise war es im Hafen geworden. Kein Lüftchen regte sich. Wie ausgestorben lag der Hafenvorplatz in der Mittagssonne. Nur das tausendstimmige Summen in der Luft drang über die Häuser hinweg. Manchmal verstummte es fast; dann hörte es sich wieder an wie ein Schwarm weit entfernter Insekten, bis sich die Leidenschaft der Masse wieder in einem tosenden Aufschrei entlud.

      Gespenstisch war es, das alles zu hören, aber nichts davon zu sehen. Jetzt bewegte sich im Hafenviertel absolut nichts mehr. Nur die Besatzungen der Schiffe standen auf den Decks und schauten besorgt auf den Kai hinaus. Mancher Kapitän wäre jetzt wohl gern ausgelaufen, aber daran war nicht zu denken. - Es war jetzt erst kurz nach der Tagteilung und die auflaufende Flut würde erst gegen Abend ihren Höchststand erreichen. Bis dahin saßen alle größeren Schiffe mit ihrem Kiel im Schlick des Hafengrundes fest.

      Plötzlich tönte ein dumpfes Grollen aus einer der tiefer gelegenen Gassen. In vollem Lauf kamen drei Männer mit einem großen Karren aus der Stadt, orientierten sich kurz und lenkten das Gefährt dann zu der `Sesiol'.

      Sofort begannen zwei von ihnen, mehrere kleine Kisten über die Laufplanke auf das Löwenboot zu schleppen, während der dritte dem Kapitän einen Lederbeutel in die Hand drückte. "Achthundert", sagte er hastig. "Wie besprochen. - Lauft so schnell aus, wie ihr könnt!"

      Der Kapitän grunzte nur unwillig. Offenbar hatte es ihm die Sprache verschlagen.

      "Die Harmuged belagern den Tempel der sprechenden Höhlen", berichtete der Fremde. "Sie fordern die Ofisa zum Kampf. - Der Tempel ist verschlossen. Die Ofisa haben sich dort versammelt. Sie wollen kämpfen bis zum Tod. Wenn sie die Tempeltore öffnen, dann wird Isco brennen! - Ich muß zurück in die Stadt. Ich muß meine Ware retten!"

      Mit diesen Worten drehte der Mann sich um und hastete über die Planke davon. Seine Gehilfen hatten die Kisten achtlos auf das Deck gestellt, wo sie gerade Platz fanden und waren mit dem Karren schon eilig zwischen den Häusern der Stadt verschwunden.

      Wieder begann das Warten auf die Flut. Ein leises Gluckern zwischen Bordwand und Kaimauer verriet, dass das Wasser in Bewegung war. Aber es würde noch Zeit vergehen, bis die `Sesiol' wieder frei auf dem Wasser des Hafens von Isco schwamm.

      Am späten Nachmittag endlich verriet ein Knarren im Schiffskörper, dass die `Sesiol' langsam aus dem Schlick gehoben wurde. Trotz der Windstille im Hafen begann der lange Mast ein wenig zu schwanken. Ein gutes Zeichen.

      Teri machte sich Gedanken um die Kraan. Traumverloren auf den leeren Kai schauend, kraulte sie geistesabwesend die Felldecke, das Geschenk Askas. Wie mochte es den Artisten wohl ergehen? Der Lärm in der Stadt war zu einem nichtendenwollenden, tausendstimmigen Schrei der Wut geworden. Er war, als tobe hinter den Häusern des Hafens ein gigantisches Ungeheuer in maßlosem Zorn.

      Teri dachte an den Armreif, den sie aus dem Stroh ihres Lagers für Aska geflochten hatte. Dieser Eine war ihr besonders gut gelungen, und stolz hatte sie ihn der alten Frau zum Abschied überreicht. Ob es den Reif wohl noch gab, oder ob er sich, wie all ihre früheren Werke, schon nach kurzer Zeit wieder in einzelne Halme aufgelöst hatte?

      Angst überkam Teri, wenn sie daran dachte, dass ihre Freundin und Lehrmeisterin irgendwo in dieser brodelnden Masse sein könnte, die auf dem Platz vor dem Tempel tobte und kreischte. Aber die Kraan waren ein kluges Volk. Sicher hatte Aska die drohende Unruhe rechtzeitig erkannt und ihre Gruppe an einen sicheren Ort geführt.

      Plötzlich schwoll der Lärm noch mehr an. Teri schrak aus ihren Betrachtungen auf. Undeutlich sah sie Bewegungen in den schmalen Gassen und auf den Treppen, die in die Stadt führten. Schnelle Schritte und einzelne Rufe drangen durch das fanatische Geheul, das immer näher kam. Unwillkürlich sprang Teri auf und wich einen Schritt zurück.

      Ungeordnet und in offenbar panischer Flucht stürzte ein gutes Hundert der Wachmannschaften auf den Hafenplatz. Hinter ihnen quoll aus allen Gassen eine unglaubliche Menge dunkel gekleideter Gestalten hervor, die in wilder Hast bemüht waren, sich heller gekleideten Angreifern, die ihnen nachsetzten, zu entziehen.

      "Ha! Die Ofisa hatten Waffen im Tempel!", rief der Kapitän aus. "Hab ich's doch gewußt! - Heilig tun sie! - Niemand etwas zuleide tun können sie! Aber ..."

      Jetzt sah auch Teri, dass die Hellgekleideten mit schweren Waffen ausgerüstet waren. Mit Spießen und Keulen, Wurfspeeren und sogar Schwertern stachen und schlugen sie auf ihre Widersacher ein. "Für Ofisa!", brüllten sie jedes Mal, wenn ein Gegner niedergestreckt wurde, wogegen das "Harmuged! - Harmuged!" der Schwarzgekleideten schon lange den Schreien der Angst und der Not gewichen war.

      Zwar blinkten in den Händen der Harmuged-Pilger ebenfalls Waffen. - Aber was waren Dolche und bronzebeschlagene Schlaghölzer schon im Vergleich zu dem Arsenal von blanken Langwaffen, das die Ofisa einsetzten.

      Teri sah, wie einem Mann ein Spieß durch den Hals getrieben wurde und wie ein anderer einen furchtbaren Schwerthieb in den Rücken erhielt. Eine dunkle Gestalt rannte in kopfloser Flucht genau in die Reihen der Gegner hinein.

      Wild aufeinander einschlagend und stechend, wälzte sich die Masse der ineinander verkeilten Leiber auf die Kaimauer zu.

      "Zieht die Laufplanke ein! Macht die Leinen los! Stoßt ab!", kommandierte der Kapitän. Darauf hatten seine Leute nur gewartet. Gleich zu viert rissen sie so stark am Ende der Planke, dass sie krachend auf das Deck flog. Zwei andere waren an Land gesprungen und hoben die schweren Trossen von den Pfählen. Mit großen Sätzen kamen sie mittschiffs wieder an Bord und halfen den anderen Matrosen, die `Sesiol' mit langen Stangen von der Kaimauer wegzudrücken. Kaum zehn Ellen weit war das Löwenboot von der Kaimauer entfernt, als seine Bewegung langsamer wurde und schließlich ganz aufhörte. Das Deck neigte sich ein wenig dem Hafenbecken zu. - Die `Sesiol' war im Schlick steckengeblieben.

      Teri sah, wie auch die Mannschaften der anderen Schiffe versuchten, das freie Wasser des Hafenbeckens zu gewinnen; die meisten hatten aber noch weniger Erfolg. Nur einige sehr kleine Schiffe trieben schon weitab von der Kaimauer in relativer Sicherheit.

      Nun griff auch die Stadtwache, die zuerst vor der alles niedertrampelnden Masse hatte fliehen müssen, in den Kampf ein. War sie ohne die Unterstützung der Ofisa

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