MICHAEL STUHRS FANTASY-DOPPELBAND. Michael Stuhr

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MICHAEL STUHRS FANTASY-DOPPELBAND - Michael Stuhr

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betrogen. Was war das bloß für ein Volk? Wut stieg in Llauk hoch. Für einen Augenblick stieg etwas von seinem alten Stoffmachertemperament in ihm hoch. "Gib mir mein Geld zurück, dramilischer Narr!", schrie er voller Zorn. "Ich werde dich umbringen! Warte nur, bis ich ..." Plötzlich fiel es Llauk ein, dass es in seiner derzeitigen Situation nicht angebracht schien, seinen Gastgeber zu erzürnen. Schnell verlegte er sich aufs Bitten: "Kommt zurück, Herr! Bringt mir Licht! Ihr habt es versprochen, Herr! Ich habe bezahlt, Herr! Bitte kommt doch!"

      In Llauks Rücken tobte der grausige Schmerz von dem tückischen Schlag des Dramilen. Doch das war nicht das Schlimmste. Schon jetzt, wenige Augenblicke nach dem Schließen der Tür, drang die Dunkelheit auf ihn ein, als würden sich die Wände der Zelle nach innen verschieben.

      Llauk wagte es nicht mehr, sich zu bewegen. Das Atmen fiel ihm schwer. Die Stimme versagte ihm den Dienst. Dunkelheit! Der Schrecken aller Schrecken hatte ihn ereilt. Dunkelheit! Absolute Finsternis! - Der Sturz ins Nichts und in ein Universum voller Schrecken zugleich. Was konnte die Dunkelheit nicht alles verbergen. - Was brachte sie nicht alles hervor ...

      Löcher im Boden, die einen Menschen schon beim ersten Schritt in bodenlose Tiefe stürzen ließen. - Schlangen, die sich in den Ecken des Raumes ringelten und bald auf ihn zu gleiten würden. - Spitze Stäbe, die in der Wand steckten und auf die Augen zielten.

      Verzweifelt keuchend sank Llauk an der Tür des Kerkers in sich zusammen. Diesen Platz würde er nicht mehr verlassen. Was immer in der Dunkelheit lauerte, mochte zu ihm kommen. Suchen gehen würde er es nicht.

      Schützend legte Llauk seine Hände über dem Kopf zusammen und zog die Knie an das Kinn. Die Finsternis hatte ihn an seinen Platz gebannt, umgab ihn wie fester Stein. Seine Augen starrten weit geöffnet in die unendliche Leere und seine Phantasie gaukelte ihm immer neue, immer schrecklichere Gefahren vor, die auf ihn lauerten.

      Llauk hockte gepreßt atmend an der Kerkertür und krümmte sich vor Angst so weit zusammen, wie sein Körper es nur zuließ. Hier starb er seinen ersten Tod, den Tod eines verängstigten Kindes.

      "Nun, Herr, was liegt Ihr hier vor der Tür herum? Ich wähnte Euch bei vergnügterem Tun. Habt Ihr die schöne Cilia noch nicht gefunden?" Der Kerkermeister hatte doch Wort gehalten. Mit einer frischen Fackel stand er in der Tür des Verlieses und wehrte Llauk lachend ab, der ihn immer wieder ansprang wie ein junger Hund, der freudig seinen Herrn begrüßt. Immer wieder versuchte der Stoffmacher den Griff der Fackel zu erhaschen. Immer wieder wurde er zurückgestoßen.

      "Ihr seid nicht sehr galant, Herr." Der Wärter lachte. "Denkt immer nur an Eure Fackel! - Vielleicht mag die arme Cilia überhaupt kein Licht. Bedenkt Herr, dass manche Frauen bei Dunkelheit nur gewinnen."

      Llauks Bewegungen wurden langsamer. Was redete der Mann da? Sollte es wirklich eine Cilia in diesem Kerker geben? Irritiert sah er sich um. - Tatsächlich! In der äußersten Ecke des Raumes sah er im schwachen Schein der Fackel eine Frau in dramilischer Tracht kauern. Unverkennbar die Robe aus grauem, grobem Tuch. Ebenso unverkennbar die enganliegende Kappe mit den langen Bändern.

      Hastig griff Llauk nach der Fackel, die der Kerkermeister ihm plötzlich willig überließ. Mit schnellen Schritten ging Llauk auf die Frau zu. - Da hatte dieses Gefangenenflittchen doch die ganze Zeit über hier in der Ecke gehockt und über seine Angst gelacht. Llauk war empört. - Das war nun wieder typisch dramilisch! Sich am Leiden armer Kreaturen ergötzen, das konnte dieses Volk! Aber dieser Frau würde er es zeigen! - Llauks ganzer Haß auf alle, die ihn verhöhnt und gedemütigt hatten, konzentrierte sich plötzlich auf sie. Ihm blieb noch Zeit. Viel Zeit! Er würde sie bezahlen lassen. Sie würde noch bereuen, dass sie über ihn gelacht hatte!

      "He, du! Hast du deinen Spaß gehabt? Warte nur, bis wir allein sind, dann werde ich meinen Spaß haben!" Grob stieß Llauk die Frau an ihrer Schulter an, so dass der Kopf ihr in den Nacken flog.

      "Nein!" Entsetzt starrte Llauk in das Totenschädelgrinsen einer Unseligen, die man hier vielleicht vor Monaten vergessen hatte.

      "Nein!" Llauk wich zurück. Der Kerker, die Dunkelheit - das war alles furchtbar gewesen. Aber ihn mit diesem modernden Leichnam zusammenzusperren - das war unmenschlich!

      "Nein!" Llauk drehte sich um und wollte losrennen. Nur fort hier! Den Wärter über den Haufen rennen und fort.

      "Benehmt Euch nicht wie ein Bauerntölpel, der vor der Schönheit einer Prinzessin flieht. Sie ist Euer." Die Stimme der Kerkermeisters war kalt wie Stein. Die Spitze seines Spießes war genau auf Llauks Magen gerichtet.

      "Sie, sie ist tot", stotterte Llauk. "Bei allen Göttern, Ihr habt mich zu einer Toten gesperrt."

      Der Wächter warf einen kurzen Blick auf den Leichnam. "Ach, das tut mir Leid, Herr", schüttelte er bedauernd den Kopf. "Da ist Eure Gespielin wohl tatsächlich ein wenig angefault. - Aber immerhin ist sie besser als gar keine Gesellschaft. Versucht nur Euer Glück bei ihr, Herr. Es ist ihr verboten, sich zu wehren." Damit drehte er sich um und zog die Tür hinter sich zu.

      Furchtsam und verlassen stand Llauk mit der Fackel in der Hand in der Mitte des Raumes. Scheu sah er sich um, wobei er es ängstlich vermied, in Richtung der toten Frau zu blicken.

      Llauk bemerkte, wie sich sein Brustkorb wieder zusammenkrampfte. Jetzt hatte er Licht, doch was er sah, war ein Bild von solcher Trostlosigkeit, dass er sich wünschte, er hätte es nicht gesehen.

      Grauschwarze Steine, fast nahtlos verfugt, umgaben ihn von allen Seiten. Nicht die kleinste Abwechslung störte die Ebenmäßigkeit des Raumes. Nicht ein Vorsprung, nicht eine Nische unterbrach die gleichmäßig glatten Wände. Das graue schwere Holz der Tür verstärkte eher noch den Eindruck der Eintönigkeit, der Hoffnungslosigkeit, die in diesem Raum wohnte.

      Nie würde Llauk von hier fliehen können. Es war eine närrische Idee gewesen, sich mit dem Kerkermeister anfreunden zu wollen, um ihn dann hier zu überrumpeln. Llauk spürte wieder die Schmerzen in seinem Rücken. Selbst mit einem Unbewaffneten wäre er so nicht fertig geworden, und der Kerkermeister war ein kräftiger und vorsichtiger Mann.

      So stand Llauk mit seiner Fackel in diesem dramilischen Kerker und wartete darauf, dass man ihn hole, um ihm die Eingeweide herauszureißen.

      Plötzlich bemerkte Llauk mit Schaudern, dass er immer wieder zwanghaft in die Ecke schielte, wo dieses grauenvolle, knochengespickte Kleiderbündel lag. Er wollte nicht dorthin sehen, aber seine Augen suchten von ganz allein den Punkt im Raum, der ihnen die einzige Abwechslung bot.

      Llauk wollte den Leichnam nicht anschauen. Er hatte grauenhafte Angst vor Toten. Zu oft hatte er die Sklaven in der Werkstatt seines Vaters belauscht, wie sie sich Schauergeschichten aus allen Ländern des Kontinents erzählten. Von Untoten war da die Rede gewesen, die neidisch und eifersüchtig auf die Lebenden waren, ihr Blut tranken und ihnen das Fleisch von den Knochen rissen. - Von gequälten Seelen hatten die Sklaven erzählt, die die verfallenden Hüllen der Körper nicht verlassen konnten und die Lebenden aus Haß oder Liebe auf ewig verfolgten.

      Vielleicht war es doch besser, seine Gesellschafterin ein wenig unter Kontrolle zu halten, fand Llauk. Tapfer setzte er sich auf seinen alten Platz bei der Tür und starrte mit klopfendem Herzen quer durch den Raum, bereit, bei der geringsten Bewegung der Frau mit einem Herzschlag tot umzufallen.

      Nach einer endlosen Zeit ängstlicher Erwartung war der Moment gekommen, den Llauk so sehr gefürchtet hatte wie nichts sonst auf der Welt. - Die Fackel erlosch.

      Still und stumm blieb er auf seinem Platz sitzen, doch die Angst schlug wie mit schweren Knüppeln auf ihn ein. Mit jedem Schlag seines rasenden Herzens gaukelte ihm seine Phantasie neue Schrecknisse

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