Nach Amerika! Bd. 1. Gerstäcker Friedrich

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Nach Amerika! Bd. 1 - Gerstäcker Friedrich

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nächste Moment ließ sein Antlitz wieder so weiß als vorher; er nickte nur, zur Bestätigung des eben Gesagten mit dem Kopfe.

       «Loßenwerder», sagte Herr Dollinger mit leiser, bewegter Stimme und dicht zu dem kleinen Mann herantretend, wobei er die Hand auf dessen Schulter legte. «Loßenwerder, noch gestern würde ich ebenso leicht geglaubt haben, daß eins von meinen eigenen Kindern eines schlechten, unrechtlichen Streiches fähig wäre, bis mich leider die immer deutlicher sprechenden Tatsachen in meinem Glauben an Dich w a n k e n d gemacht haben.»

       «He – he – he – he – herr Do – Do – Do – Dollinger…. »

       «Ich will Dir klar und einfach unsern ganzen Verdacht vorlegen», sagte der alte Herr, um dem Angeklagten jedes unnütze Wort zu ersparen. «Gestern, während unserer Abwesenheit, ist der Sekretär meiner Töchter erbrochen und das Dir bekannte Geld entwendet worden – drüben über der Straße hat Dich ein Mädchen gesehen, wie Du heimlich aus dem Hause geschlichen bist. Ebenso bestätigt Wilhelm, der Stalljunge, Dich gesehen zu haben, wie Du hättest das Haus durch die nach dem Hofe zu führende Tür verlassen wollen, bei seinem Anblick aber, was selbst dem Jungen aufgefallen ist, zurückgefahren und dann auch nicht über den Hof gekommen wärst. Das Stubenmädchen, das keine Ahnung davon haben konnte, daß Geld in dem Sekretär lag, ist bereit, den schwersten Eid abzulegen, daß sie wenige Minuten später, nachdem man Dich hatte aus dem Hause schleichen sehen, die Vorsaaltür nicht mehr aus den Augen gelassen und gewiß wäre, daß niemand die Schwelle mehr überschritten habe, bis sie den zurückkehrenden Wagen in den Hof einfahren gehört. Heimlich bist Du im Haus gerade in der Zeit, in welcher das Geld entwendet wurde, gewesen, und die gestrige Ausschweifung, die man an Dir nicht gewöhnt ist, wie die bei Dir gefundene Summe lassen allerdings das Schlimmste fürchten. Loßenwerder – ich brauche Dir nicht zu sagen, wie weh – wie weh mir das gerade von D i r tut, und ich wollte die doppelte Summe, so bedeutend sie ist, gern verschmerzen, wenn es n i c h t geschehen wäre. Mache aber jetzt Deinen Fehler, wenigstens so weit das noch in Deinen Kräften steht, wieder gut; gestehe, was Du mit dem übrigen Gelde gemacht, wo Du es verborgen hast, und ich selber will dann auch alles tun, was in meinen Kräften steht, Deine Strafe zu erleichtern. Ein anderer Erdteil mag Dir nachher in späterer Zeit Gelegenheit geben, Deinen Fehltritt zu bereuen und das wieder zu werden, für was ich Dich, selbst bis diesen Morgen noch, gehalten habe.»

       Loßenwerder hatte während dieser Auseinandersetzung wie aus Stein gehauen vor seinem Prinzipal gestanden, nur das Zittern seiner Glieder verriet, daß er lebe, jetzt aber brach er in die Knie, und zum erstenmal vielleicht mit dem vollen Bewußtsein der gegen ihn erhobenen Anklage, oder auch von Schuld und Angst zu Boden gedrückt – denn wer konnte in den stieren, überdies nicht geraden Augen und in den totenbleichen, mit großen Schweißperlen bedeckten Zügen das Richtige lesen ? – Umfaßte er die Knie des alten Herrn und bat mit wild stotternder Stimme, aus der dieser nur mit äußerster Anstrengung einen Sinn herausfinden mußte, ihn nicht unglücklich zu machen, nicht so Schreckliches von ihm zu denken.

       «Ein aufrichtiges Geständnis, Loßenwerder», entgegnete darauf Herr Dollinger, «ist das einzige, was Deine Schuld jetzt noch in etwas erleichtern kann. Das Gericht wird einen unbewachten Augenblick, dem die Reue auf dem Fuße folgt, nicht so schwer strafen, wie den hartnäckigen Übeltäter.»

       «A – a – a – a – aber ich bi – bi – bin ni – ni – ni – nicht schu – schu – schuldig », stotterte der Unglückliche. «Ich we – we – we – weiß vo – vo – von ni – ni – nichts!»

       «Du weißt von n i c h t s, Loßenwerder?» sagte Herr Dollinger leise mit dem Kopf schüttelnd. «Und woher ist das Geld, das man bei Dir gefunden, woher die Fünfundzwanzig-Taler-Note, die Du locker in der Tasche getragen, und die Dir der Polizeidiener gestern Abend noch herausgenommen hat?»

       «Ge – spa – pa – pa – partes Geld, e – e – e – e – ehrlich ge – ge – gespartes G – g – g – Geld!» stammelte der arme Teufel.

       Herr Henkel stand jetzt auf und ging langsam auf Herrn Dollinger zu, dem er ein paar Worte ins Ohr flüsterte und dann, während dieser leise und traurig mit dem Kopf nickte, das Zimmer verließ. Loßenwerder aber, der ihm ängstlich mit den Augen folgte und vielleicht in einer unbestimmten Ahnung fühlte, daß man ihn fortführen, in ein Gefängnis bringen werde, ergriff wieder und jetzt aber wie in Todesangst des alten Mannes Hand und bat ihn um Gottes, um seiner Seligkeit willen – so weit es ihm die jetzt in der Aufregung nur noch mehr fehlende Sprache immer gestattete – daß er ihm nur das nicht antun, daß er ihn in kein Gefängnis möge führen lassen. Herr Dollinger erklärte aber natürlich, darin nichts tun zu können, denn wenn er nichts gestehen wolle oder zu gestehen habe, so müsse allerdings das Gericht, bei so stark vorliegendem Verdacht, die Untersuchung aufnehmen, wonach sich bald seine Schuld oder Unschuld herausstellen würde.

       «Hab’ ich aber einmal erst auf solchen Verdacht gesessen», stotterte der Unglückliche, «so bin ich gebrandmarkt mein Leben lang.»

       Herr Dollinger zuckte die Achseln, und die Tür öffnete sich in diesem Augenblick, den einen Polizeidiener zeigend, der Loßenwerder leise auf die Achsel klopfte und freundlich sagte:

       «Wenn’s gefällig wäre.»

       Loßenwerder zuckte zusammen, als ob er einen Schlag bekommen, und wandte sich noch einmal, wie Hilfesuchend, an Herrn Dollinger; aber ein Blick auf diesen überzeugte ihn, daß er schon nicht mehr helfen könne, wo das Gericht die Sache in die Hand genommen, und sein Gesicht in den Händen bergend, folgte er dem Gerichtsdiener fast willenlos hinaus.

       Gerade als er durch die Tür schritt, begegnete ihm, noch auf der Schwelle, Frau Dollinger, und rasch beiseite tretend, als ob sie selbst durch seine Berührung angesteckt zu werden fürchte, warf sie ihm einen zornigen, verächtlichen Blick zu und ging an ihm vorüber.

       Loßenwerder seufzte tief auf, sagte aber kein Wort, denn wie er den Kopf hob, sah er am anderen Ende des Vorsaals Clara mit dem jungen Henkel in eifrigem Gespräch, und auch dort mußte er vorbei. Das war zu viel, und wie unschlüssig blieb er stehen und sah sich um, als ob er einen Weg zur Flucht suche.

       «Na kommen Sie, Loßenwerder, machen Sie keine Dummheiten», sagte aber, ihm ermunternd die Schulter klopfend, der Polizeidiener. «Es ist alles ein Übergang, wie der Fuchs sagte, als sie ihm das Fell über die Ohren zogen.»

       Loßenwerder nahm sich zusammen und schritt festen Trittes an dem jungen Mädchen vorüber, das ihn mitleidig betrachtete.

       «Etwas über zweihundert Taler hat man schon bei ihm gefunden», flüsterte der junge Henkel ihr leise zu. «Ich hoffe, daß Vater Dollinger das andere auch noch wiederbekommen soll.»

       «Ach Loßenwerder, warum habt Ihr das getan?» sagte Clara leise und mitleidig den Gefangenen ansehend, als er an ihr vorüberging.

       «U – u –u – und Si – si – si – sie g – g – g – glauben d – d – das a – a – a – auch?» rief Loßenwerder, und die großen, hellen Tränen standen ihm dabei in den Augen. Aber der Polizeidiener hatte sich schon länger mit ihm aufgehalten, als er meinte verantworten zu dürfen, nahm ihn leise an der Hand und führte ihn die Treppe hinunter. Loßenwerder folgte ihm wie in einem Traum.

       Das Polizeigebäude war nur höchstens fünfhundert Schritt von dort entfernt, und stand an der anderen Seite einer kleinen steinernen Brücke, die über den mitten durch die Stadt und häufig überbrückten kleinen Fluß führte. Als sie hinunter auf die Straße kamen, ließ der Polizeidiener seinen Gefangenen los, um kein Aufsehen zu erregen, und flüsterte ihm zu, nur ruhig neben ihm herzugehen. Loßenwerder verstand ihn wohl gar nicht, denn er sah verstört zu ihm auf und dann um sich her, und fand die Augen der Vorübergehenden alle

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