Die Pferdelords 01 - Der Sturm der Orks. Michael Schenk
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Menschheit von Anbeginn an begleitet und den Aufstieg und Fall schon so
vieler Stämme der Menschenwesen erlebt hatte. Elodarions weißblonde Haare
fielen ihm lang und glatt über den Rücken und wurden im Nacken von einer
Spange gehalten, welche die Form einer erblühten Lilie hatte. Diese Lilie war
das Symbol seines Hauses und wiederholte sich in den feinen Mustern seines
langen Gehkleides und des blauen Umhanges, der die Schultern des
Elfenmannes verhüllte.
Elodarion war alt, selbst für die Begriffe der Unsterblichen, und er zählte
zu den begünstigten Elfen seines Volkes, denn seine Gefährtin hatte ihm vor
nunmehr fünfhundert Jahren das Glück geschenkt und ihm zwei Kinder
geboren. Kinder waren selten im Volk der Elfen, und noch dazu deren zwei
im selben Haus waren ein Segen, der nur sehr wenigen Gefährten
zuteilwurde.
Elodarion trat auf einen der kleinen Balkone seines Hauses und legte eine
Hand auf das fein geschnitzte Geländer. Die Holzkonstruktion wirkte so
zierlich, dass sie kaum in der Lage zu sein schien, einen Sturz aufzufangen,
doch sie war aus bestem Steinholz, und ihr glatter Handlauf verriet, dass er
schon oft von Händen berührt worden war. Der Elfenmann zog den blauen
Umhang enger um seine Schultern, als fröstele es ihn, obwohl ein sanfter und
warmer Wind über die kleine Waldlichtung strich, auf der sich Baum und
Haus erhoben. Elodarion blickte nach Osten, als könne er durch den Wald
und die Lande dort jenen Ort erkennen, dessen Macht er wachsen spürte. Eine
düstere Bedrohung, der das elfische Volk vor so vielen Menschenaltern und
dem Bruchteil eines elfischen Lebens schon einmal begegnet war.
Elodarion strich mit der Hand über den Handlauf des Balkons, so als wolle
er sich vergewissern, dass dieser Bestand haben und mit ihm das Haus
Elodarions unbeschadet der dunklen Macht widerstehen würde. Er spürte, wie
seine Gefährtin hinter ihn trat. »Schon einmal haben wir es gespürt«, sagte er
leise. »Das Wachsen der Dunklen Macht. Und lange haben wir ihm
zugesehen.«
»Und schon einmal wurde sie besiegt.« Seine Gefährtin trat neben ihn, und
ihre Gestalt wirkte vollendet und anmutig. Nach all den gemeinsam
verbrachten Jahren waren sie einander zutiefst verbunden, gleichsam als seien
sie ein einziges Wesen, und sie verspürten die gleiche Sorge.
»Damals waren die Stämme der Menschenwesen kraftvoll und zahlreich.
Heute gibt es deren nur noch wenige. So viele fielen zurück in die Barbarei
und entzweiten sich. Der alte Bund ist zerfallen und existiert nicht mehr. Das
Streben nach Macht und Glück erfüllt die Menschen, und in ihrer Gier danach
kennen sie kein Maß mehr.«
Sie legte ihre Hand auf die seine, und für einen Moment gaben sie sich
stumm ihrer Verbundenheit hin. »Sie haben so wenig Zeit, ein Maß zu
finden«, sagte Eolyn schließlich leise. Eolyn, Tau, der den Morgen streichelt.
Für Elodarion konnte es keinen zutreffenderen Namen für seine Gefährtin
geben.
»Das Bündnis konnte einst die Dunkle Macht bezwingen. Nun ist diese
erneut erstarkt und stärker als je zuvor. Die Macht breitet sich aus, und eines
Mondes wird sie auch die Häuser des Elfenvolkes erreichen.«
Eolyn lächelte sanft. »Unsere Häuser mögen dann schon weit jenseits der
Meere stehen.«
»Nein.« Elodarion schüttelte langsam den Kopf. »Du weißt, dass dies ein
Trugschluss ist. Eines Tages wird die Dunkle Macht selbst über die Meere
hinweg reichen. Wir müssen ihr entgegentreten. Jetzt, solange wir noch die
Kraft dazu finden und es noch Menschenwesen gibt, mit denen wir den Bund
erneuern können.«
»Werden die Menschenwesen dies auch tun? Spüren sie denn die Drohung,
die von der Dunklen Macht ausgeht, und werden sie sich ihr widersetzen oder
aber sich ihr hingeben?« Eolyn sah ihren Gefährten zweifelnd an. »Nur
gemeinsam mit den Menschenwesen werden wir der Dunklen Macht erneut
widerstehen können. Doch die meisten Stämme der Menschenwesen sind
zerfallen, und nur wenige haben sich einen Teil ihrer einstigen Macht
bewahrt.«
»Der Rat hat beschlossen, den alten Bund mit den Menschenwesen zu
erneuern.« Elodarion wies mit einer weit ausholenden Geste über den Wald.
»Die Häuser des Waldes und der See haben ihre Männer versammelt, und die
Bogenschützen des elfischen Volkes werden in den Kampf ziehen. Das
Schicksal wird zeigen, ob wir dies erneut in der Gemeinschaft eines Bundes
tun werden.« Er blickte Eolyn ernst an und umschloss ihre Hand. »Lotaras
und Leoryn sind erwählt worden, Kontakt zu den Königen der
Menschenstämme aufzunehmen und den Bund zu erneuern.«
»Lotaras und Leoryn?« Für einen Augenblick zeigte sich Sorge im Gesicht