Die beiden Sträflinge. Gerstäcker Friedrich

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Die beiden Sträflinge - Gerstäcker Friedrich

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ich dächte, wir litten die schwarzen Spitzbuben nicht so ganz in der Nähe?"

      „Wie viele sind's ihrer wohl?" frug Mr. Powell.

      „Nicht so sehr viele," lautete die Antwort, „vielleicht zehn Männer und fünfzehn oder sechzehn Frauen und Kinder. Der alte Krüppel ist auch wieder dabei, und wandert auf seinen Händen rüstig mit. Der Bursche ist zäh wie rohe Haut."

      „Der arme Mensch," sagte Mrs. Powell, während die Söhne hinausgegangen waren, um die Schwarzen ankommen zu sehen. „Laß sie nur heran, John. Sie bleiben nicht lange, und es muß ihnen ja auch wohlthun, einmal menschliche Wohnungen zu sehen und in ihrer Nähe weilen zu können."

      „Glauben Sie das ja nicht, Madame," warf hier der Stockman ein. „Die Canaillen hassen die Wohnung eines Weißen, wie den Weißen selber, und finden sie draußen im Busche einmal eine leere Hütte - mag es vom Himmel heruntergießen, so viel es will - gehen sie nicht etwa hinein, sondern lagern hartnäckig im Freien. Wenn sie den innern Raum ja auf eine Viertelstunde betreten, so geschieht es nur vielleicht, um zu sehen, ob sie drinnen nichts mehr zu stehlen finden, denn gebrauchen können sie Alles. - Hätt' ich meinen Willen - aber was thut's - und wie soll's gehalten werden, Sir?"

      „Lassen Sie die Burschen nur heran," sagte Mr. Powell gutmüthig; „wenn sie uns ja lästig werden sollten, können wir sie bald wieder los werden. - Hier ist ein Brief für Sie mitgekommen, Mr. Bale," brach er dann ab, und ging nach dem Tische zu - „zwei sogar, wie ich sehe, und wenn Sie heut Abend einige von den Zeitungen durchblättern wollen, stehen sie Ihnen ebenfalls zu Diensten."

      „Dank Ihnen, Sir," sagte der Mann, indem er die Briefe anscheinend gleichgültig nahm und nach einem nur flüchtigen Blick auf die Adresse in die Tasche schob. Aber seine Augen glänzten, und über das derbe, sonnverbrannte Gesicht des Mannes, das ein kurz gehaltener, aber voller Bart mehr /26/ zierte als verdeckte, zog sich ein freundliches Lächeln. - Briefe aus der Heimath, wer auch hätte dem Zauber widerstehen können!

      „Wolle ist theurer geworden, wie ich höre, Sir?" sagte er dann, als er sich zum Fortgehen anschickte, „und Pferde sollen auch einen guten Preis bringen. Wie wär's denn, wenn wir einmal einen Trupp von ihnen, sobald das Gras ein bischen mehr herauskommt, hinunterjagten? Was andere Leute können, können wir auch, und unser Pferdefleisch darf sich schon auf dem Adelaide-Markt sehen lassen."

      „Ich habe auch schon daran gedacht, Mr. Bale," erwiderte Mr. Powell, „zu riskiren haben wir kaum etwas dabei. Wissen Sie vielleicht, Mr. Mac Donald, wie die Preise standen, als Sie Melbourne verließen? Meine Berichte hier sind etwas sehr alt."

      „Gut - vortrefflich sogar, so viel ich weiß," erwiderte der junge Mann, „wenigstens für Die," sehte er lächelnd hinzu, „die Pferde zu verkaufen hatten. - Die Käufer mußten, was sie brauchten, hoch bezahlen."

      „Vortrefflicher Grauschimmel der, den Sie reiten, Sir," sagte der Stockkeeper zu dem Fremden gewandt; „darf ich fragen, was er gekostet hat? - Bitt' um Entschuldigung," setzte er aber rasch hinzu, als er sah, daß der Gast leicht erröthete.- „Was er gekostet, brauch' ich nicht zu wissen, nur was er etwa in den Ansiedelungen jetzt werth ist."

      „Sie können auch erfahren, was er mich gekostet hat," lachte Mac Donald, dem Zartgefühl des Mannes begegnend. „Im Busche drin, wie überhaupt in den Colonien, sind den Eigenthümern die Pferde gewöhnlich immer feil, vorausgesetzt, daß sie einen guten Preis dafür bekommen. Was sie selbst dafür gegeben haben, ist indeß eine delicate Frage, die auch wohl in den wenigsten Fällen, besonders dann, wenn ein Wiederverkauf beabsichtigt wurde, wahr beantwortet wird. Ich bin kein Pferdehändler und habe deshalb auch kein Geheimniß aus dem Preise zu machen. Der Graue kostet mich mit Sattel und Zaum, wie er da steht, gerade fünfzehn Pfund Sterling."

      „Vielleicht nicht zu viel für ein gutes Pferd," sagte der /27/ Stockkeeper mit den Achseln zuckend, „im Durchschnitt darf man aber wohl kaum auf mehr als acht Pfund Sterling rechnen. War das der geforderte Preis?"

      „Gebotener, und der Verkäufer ließ es gelten."

      „Glaub' ich - ist auch annehmbar, aber doch nicht zu viel. Springt er gut?"

      „Wie ein Reh, und braucht fast kein Wasser den ganzen Tag."

      „Treffliches Buschpferd - wenn ich meine eigene Station hätte, möcht' ich's schon haben."

      „Nun, wenn das einmal geschieht, Mr. Bale, werden wir vielleicht handelseinig," lächelte Mac Donald.

      „Je eher dann, desto besser," sagte der Mann und verließ wieder artig grüßend das Zimmer. Er hatte kein Wort mit den Damen gewechselt, und ihnen nur beim Eintreten und Abschied seine stumme Verbeugung gemacht. Nur im Spiegel suchte sein Blick manchmal und flüchtig die schlanken Gestalten, und es war dann, als ob er selbst solcher Kühnheit wegen erröthe.

      Als Mr. Bale das Zimmer verlassen hatte, drehte sich das Gespräch noch kurze Zeit um Pferde, Rinder und Wollpreise, jene, den dafür sich nicht Interessirenden oft zur Verzweiflung treibende australische Buschunterhaltung, bis sich die Damen endlich derselben bemächtigten, und Sarah besonders die Bücher ausgepackt hatte, die einen ihrer Lieblingswünsche erfüllten.

      Das Buch, das die Kugel getroffen, ohne ihm jedoch wesentlichen Schaden zu thun, war Lalla Rookh. Nur durch Einband und Titel und die ersten Blätter des „verschleierten Propheten" war sie gefahren, und das jetzt harmlose Blei stak noch fest in der Umhüllung.

      Mac Donald nahm die Kugel lächelnd in die Hand, betrachtete sie einen Augenblick und wollte sie dann in die eigene Tasche schieben, als Sarah ihre Hand auf seinen Arm legte und ihn mit

      freundlichem Blick ersuchte, ihr dieselbe zu überlassen.

      „Sie gehört mit zum Buche“, sagte sie bittend, „es würde etwas darin fehlen, wenn ich sie nicht behalten dürfte." /28/

      Mac Donald sah ihr lange und fest in's Auge, bis sie ihren Blick vor dem seinen zu Boden schlug. Fast schien es, als ob es ihn Ueberwindung koste, die werthlose Kugel herzugeben. Endlich aber streckte er langsam den Arm aus, reichte ihr das Stück Blei und sagte freundlich, aber mit einem fast wehmüthigen Zug um die Lippen:

      „Nehmen Sie die Kugel, Miß Powell. - Es ist auch vielleicht besser, ich gebe sie weg, damit sie mir nicht zum zweiten Mal gefährlich werde."

      „Sind Sie abergläubisch?" frug Sarah, die, während sie die Kugel nahm, wieder lächelnd zu ihm aufschaute.

      „Ein wenig," erwiderte Mac Donald - „ich bin ein leidenschaftlicher Jäger und ein halber Seemann, und Seeleute wie Jäger sind, wie bekannt, alle ein wenig abergläubisch, mögen sie es leugnen, so viel sie wollen. Das Geschäft bringt das schon mit sich."

      „Nun aber erzählen Sie uns auch," bat Mrs. Powell, „wo in aller Welt sie so lange gesteckt haben, und warum Sie gar nichts von sich hören ließen. Glauben Sie mir, wir ängstigten uns Ihrethalben, und fürchteten wirklich schon, es könnte Ihnen unterwegs von Buschrähndschern oder Schwarzen etwas zugestoßen sein."

      „Wo ich gewesen bin?" sagte Mac Donald achselzuckend - „wo eigentlich nicht. Mein Plan war damals, wie Sie wissen, mich irgendwo als Squatter niederzulassen, eine eigene Heimath zu begründen. Zufällig hörte ich da auf dem Wege nach Melbourne von einer neu entdeckten prachtvollen Gegend für Viehzüchter, von einem Paradies für Schafe und Rinder - Gerüchte, wie sie im australischen Busch ebenso von reich bewässerten Weidedistricten in Umlauf sind, wie in den Städten von eben aufgefundenen Kohlenminen, die sich nachher als nichts Anderes ausweisen wie Phantasien, im Hirn eines Schwärmers oder Betrügers entsprungen. Trotzdem,

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