Die Pferdelords 05 - Die Korsaren von Umbriel. Michael Schenk
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»Übung? Bah.« Dorkemunt neigte sich im Sattel vor und spuckte aus.
»Natürlich muss unser Hoher Herr lernen. Und zwar verdammt viel, wenn du
mich fragst. Aber nimmt er in irgendeiner Weise Rücksicht? Er treibt Männer
und Tiere pausenlos an, missachtet die Zeiten, in denen die Pferde geführt
werden sollten, und ignoriert die Bedürfnisse des Beritts. Nun gut, Nedeam,
dies sind Schwertmänner Garodems, und sie sind Enthaltsamkeit gewöhnt,
aber ebenso die Traditionen unseres Volkes. Ich hingegen bin kein
Schwertmann, sondern ein einfacher Pferdelord. Auch ich bin Enthaltsamkeit
und Eile gewöhnt und liebe die Traditionen unseres Volkes. Aber ich gestehe
dir ein, Nedeam, mein Freund, dass ich meine Teilnahme an diesem Ritt
bereue. Sieh dir Garwins Gesicht an, wenn wir die Wachen aufstellen und das
Nachtlager herrichten. Es amüsiert ihn offenbar, wenn wir Vorsicht walten
lassen.« Erneut spuckte der kleine Pferdelord aus. »Ah, Nedeam, ich weiß, es
ist das Vorrecht der Jugend, die Gepflogenheiten infrage zu stellen, aber er
stellt sie ja nicht einmal infrage. Er lacht einfach nur über sie, ohne zu
bedenken, dass sie sich aus den Erfahrungen vieler Kämpfe speisen. Jede
einzelne von ihnen wurde mit Blut bezahlt.«
Nedeam sah seinen Freund nachdenklich an. »Hast du deinem Herzen nun
Luft gemacht, alter Freund?«
»Die Männer sind Eile und Entbehrung gewohnt, Nedeam. Sie folgen
bereitwillig, wenn sie wissen, wofür sie sich einsetzen sollen. Vor jedem
Kampf, vor jeder Schlacht richtet ein guter Scharführer das Wort an seine
Männer. Ich glaube nicht, dass der Hohe Herr Garwin dies jemals tun wird.«
»Ich glaube, du tust ihm Unrecht.« Nedeam warf einen raschen Blick über
die Schulter zur Spitze der Kolonne, die im aufgewirbelten Staub des sich
langsam vorwärtsbewegenden Trosses verschwand. »Er weiß, dass er eines
Tages das Banner der Hochmark führen muss. Eine große Verantwortung, die
dann auf seinen Schultern ruht. Er sucht noch nach dem Weg, das Richtige zu
tun.«
»Schön, Nedeam, mein Freund, aber warum fragt er nicht einfach uns
danach?« Dorkemunt tätschelte den Hals seines Reittiers und langte nach der
Wasserflasche. »Ich sehe hier mehr als hundert gute Pferdelords, die dem
Hohen Herrn liebend gern mit Rat zur Seite stehen würden. Wenn er nur von
seinem hohen Pferd herabsteigen und fragen würde.«
»Glaube mir, das wird er tun«, versicherte Nedeam, aber seine Stimme
verriet einen gewissen Zweifel. »Garwin ist nicht dumm. Du wirst sehen.«
»Nein, dumm ist er nicht.« Dorkemunt knurrte grimmig. »Aber er hat
einen falschen Stolz. Ich sage dir, Nedeam, sobald wir einen Feind sichten,
wird der Hohe Herr blindlings auf ihn losstürmen. Ganz im Vertrauen auf
seinen starken Arm und sein scharfes Schwert.«
»Auch du vertraust deinem Arm und deiner Axt.«
Dorkemunt stutzte und lachte dann auf. »Ja, das stimmt allerdings.«
Nedeam legte seinem Freund die Hand auf die Schulter. »Glaube mir, es
ist richtig, dass Garwin auf diesem Begleitritt den Wimpel führt. Bewährt er
sich, wird Garodem von Stolz erfüllt sein. Versagt er, sind wir und die
Männer zur Stelle, um einzuschreiten. Niemand sonst würde es erfahren, und
Garwin hätte sein Gesicht gewahrt, denn der Beritt würde schweigen. Das
könnte ihm die Kraft geben, ein Unrecht einzusehen und sich zu ändern.«
Dorkemunt erwiderte Nedeams Blick. »Diese Weisheit hätte ich bei dir
nicht vermutet, mein Freund.« Er nickte zögernd. »Tradition und Ehre gelten
viel in unserem Volk, das stimmt.«
»Wenn unserem Hohen Lord Garodem etwas geschähe, müsste Garwin das
Banner unverzüglich aufnehmen. So verlangt es die Tradition. Larwyn kann
es nicht führen, und Tasmund wäre nicht dazu berechtigt, da Garodem einen
Erben hat, der in waffenfähigem Alter ist. Je eher Garwin lernt, die Männer
zu führen, desto wohler ist mir, Dorkemunt, mein Freund.«
»Hm. Du bist in Sorge um Garodem?«
»Ich bin es gewöhnt, in der Schlacht Garodems Banner zu folgen und den
Ersten Schwertmann Tasmund an der Seite unseres Pferdefürsten zu sehen.
Mich erschreckt die Vorstellung, dass ich an Tasmunds Stelle treten soll.«
»Scheust du dich vor der Verantwortung?« Dorkemunt lächelte. »Jeder
Pferdelord würde dir bereitwillig folgen.«
»Würde das auch für Garwin gelten?«
Der kleinwüchsige Pferdelord zögerte kurz. »So verlangt es die Tradition
des Pferdevolkes. Ja, sie würden ihm folgen.«
»Dann lass uns ihn behutsam lehren, wie er sie zu führen hat«, sagte
Nedeam eindringlich. »Denn irgendwann wird Garwin Pferdefürst sein, und
wir müssen dann seinem Banner