Reisen Band 1. Gerstäcker Friedrich

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Reisen Band 1 - Gerstäcker Friedrich страница 8

Автор:
Серия:
Издательство:
Reisen Band 1 - Gerstäcker Friedrich

Скачать книгу

in den ersten Tagen machte ich einen kleinen Abstecher in die nächste Umgebung der Stadt, um einige Deutsche, die in der Nähe ihre Estancias haben sollten, zu besuchen, und selber einmal mit eigenen Augen diese südamerikanischen Farmen zu sehen, von denen ich so Manches gehört und doch noch keinen rechten Begriff bekommen hatte.

      Mein Begleiter war ein kleiner deutscher Bauer, seinen Namen habe ich vergessen. Nichts Komischeres gab es aber, als ihn oben auf seinem riesigen Pferd kauern zu sehen, und beim Trab fürchtete ich mehrere Male, daß es ihn förmlich auseinander schütteln würde. Er kannte die ganze Nachbarschaft, und brachte mich zu einigen seiner Bekannten, mit denen er vor achtzehn oder zwanzig Jahren über See gekommen war, und die sich hier meistens in vortrefflichen Umständen befanden.

      Die Umgegend von Buenos-Ayres bietet, außer dem breiten, schönen Strom mit seiner Menge von Masten, dessen gegenüberliegende Ufer nur manchmal bei sehr hellem Wetter sichtbar sein sollen, sehr wenig Pittoreskes; trotzdem ist die Natur auch in dieser Gestalt schön, und besonders fesselt manche Eigenthümlichkeit das Auge des Europäers. Zu diesen gehören die Einfriedigungen der Gärten und kleineren Felder nahe bei der Stadt, die des großen Holzmangels wegen meistens aus dicht aneinander gepflanzten wuchernden Aloes und Cactus bestehen. Vorzüglich schön sehen die Aloes aus mit ihren riesigen fleischigen Blättern und den oft bis über vierund zwanzig Fuß hoch aufgeschossenen Blüthenstengeln (jetzt leider nicht in der Blüthe), und so dicht drängen sie zusammen, daß ein Pferd oder Rind wohl nicht leicht den Durchgang wagt, ein Mensch sich aber erst eine Bahn hindurch schneiden oder hauen müßte. Auf solchen Einbruch steht jedoch Todesstrafe, und die Gesetze lassen hier nicht mit sich spaßen.

      Mitten zwischen solchen Gärten und Hecken ritten wir vergebens aber suchte das Auge einen ordentlichen anständigen Baum, der eine Abwechslung in die grenzenlose Fläche brachte; nur kleines, niederes Gesträuch, Weiden und derartiges Buschwerk, begegnete dem Blick, und die Blüthenstenqel der Aloe reichten hoch über diese hinaus./36/

      In dem Deutschen, dessen Farm wir hauptsächlich besuchen wollten, fanden wir einen freundlichen, gefälligen Mann, der uns bereitwillig seine ganze Einrichtung, wie Felder und Wirthschaft zeigte. Alles, was er gepflanzt hatte, schien vortrefflich zu gedeihen, die Felder und Holzpflanzungen waren mit Aloe dicht umzäunt und gegen das Eindringen der Thiere vollkommen gesichert; er hatte tüchtige Pferde, einen natürlich draußen weidenden sehr guten Viehstand, und zog durch die Nähe der Stadt schon durch Milch und Butter einen nicht unbedeutenden pecuniären Nutzen. Der Mann war aber auch in anderer Hinsicht ein ächter amerikanischer Farmer geworden, und hätte sich seinen Brüdern in Nordamerika ohne Weiteres anreihen können. Er schimpfte aus Leibeskräften aus die Deutschen und meinte, diese sollten nur um Gottes willen nicht auswandern oder nach Südamerika kommen, denn arbeiten wollten sie doch nicht, und zum Zugucken brauchten sie Niemanden mehr, da hätten sie gerade genug. Er beschäftigte auch nur eine Anzahl von Spaniern auf seinem Grundstück - Einzelne warfen Gräben aus, an denen hier die Cacctus- und Aloehecken gepflanzt werden, Andere entnahmen den dichten Reihen der letzteren junge Schößlinge, neue Schutzsfenzen damit anzulegen. Wieder Andere hieben junge Pfirsichstämme ab und banden sie zu einer bestimmten Größe von Bündeln zum Verkauf in die Stadt zusammen; denn so arm ist dieser Theil der Welt an Holz, daß wirklich Pfirsichholz, nur zu diesem Zweck angebaut, den größten Theil des Brennmaterials liefert. Nirgends beschäftigte er aber Deutsche, und versicherte uns, wenn er auch einmal einen deutschen Arbeiter bekäme, so verdienten sie gewöhnlich das Brod nicht, denn erstens wollten sie nicht arbeiten, und dann forderten sie den drei-doppelten Lohn von dem, was er dem fleißigsten Spanier gäbe.

      Von dort ritten wir noch nach einigen anderen Estancias hinüber, bei denen wir aber die Eigenthümer nicht selber aufsuchten, und kamen zuletzt an ein altes wunderliches Gebäude, das, wie mir mein Geleitsmann sagte, in früherer alter Zeit einmal eine Kirche und ein Kloster gewesen sei. Für die Deutschen war es aber auch noch in anderer Beziehung wichtig /37/ und interessant, da es den damals von Rosas herübergezogenen Einwanderern längere Zeck zum durch die Regierung angewiesenen Aufenthalt gedient. Die deutschen Arbeiter sollen nämlich gerade in einer Periode eingetroffen sein, wo sie der Gouverneur Rosas mitten in der politischen Aufregung unmöglich gleich unterbringen und verwenden konnte; er hatte nicht einmal Arbeit für sie. Wie trefflich er sich aber damals gegen die Deutschen benommen hätte, konnte der alte Bursche nicht genug rühmen. Ihnen wurde nicht allein das alte Kloster zum Aufenthaltsort angewiesen mit den nöthigen Provisionen für Frau und Kind, nein die Männer bekamen auch noch ihren trefflichen Tagelohn ausbezahlt, ohne daß sie auch nur zu irgend einer Arbeit aufgefordert gewesen wären.

      ,,Das waren Zeiten!" rief mein alter Deutscher und hielt sein Pferd an, „alle Tage unser gutes Essen, dreimal so gut wie wir's in Deutschland gehabt, und unser Tagelohn, viermal so viel wie wir hätten dort verdienen können und „gar nischt" dabei zu thun - und das dauerte viele Monate. - Da haben wir uns von der Seereise recht erholen können - und wie wir ja nachher 'was schaffen sollten, da konnte man sich auch noch immer mit größter Bequemlichkeit drum herum drücken - aber der Lohn ging fort."

      Eine eben so nützliche Bevölkerung schien Rosas jetzt darin zu halten. Eine Anzahl der leeren Zellen war nämlich von einem Schwarm Pampasindianern eingenommen, die, von Rosas besiegt und gefangen genommen, hier von ihm friedlich gehalten und ernährt wurden.

      Ob er selber so friedlich gegen diese ihm stets feindlich gesinnten und blutdürstigen Stämme dachte, will ich dahingestellt sein lassen, aber er durfte die raubsüchtigen Horden, denen das ganze Innere seines Landes preisgegeben lag, auch nicht unnöthig reizen und zur Vergeltung treiben, und deshalb wurden diese Kinder der Steppe hier in ihrer Gefangenschaft, in der sie aber anscheinend ganz frei herumgingen, so gut und nachsichtig behandelt wie nur irgend möglich. Dicht an der Stadt sollte noch ein ähnliches, aber viel stärkeres indianisches Lager des nämlichen Stammes sein, der ebenfalls den Platz nicht wieder verlassen durfte. /38/

      Es war eine nicht sehr große, aber gedrängte, kräftig muskulöse Menschenrace, den nordamerikanischen Indianern besonders in Haar und Farbe gar nicht unähnlich, und um die einzelnen, in dem weiten Hofraum errichteten Lagerfeuer kauerten die verschiedenen Familien, ihrer Mahlzeit entgegenharrend. Die Männer standen dabei oft auf und schritten gravitätisch, in ihre Decken geschlagen, in den Gängen herum; die Frauen aber schürten die kleinen dürftigen Feuer zusammen, damit das dicht daran gehangene Fleisch wenigstens in etwas durchbraten und gar werde.

      In ihren Zimmern, wenn eine Art offener Ställe überhaupt so genannt werden kann, sah es ebenfalls wild genug aus. Die Lagerstätten, meist von Bambusstöcken hergerichtet, waren etwas vom Boden erhöht - ein eigener Luxus, den sie hier mit dem Schlafen trieben. Ein paar wollene Decken und selbstgewebte Ponchos und Cheripas bildeten das ganze übrige Ameublement, denn sie wurden zugleich zu Tischen wie Stühlen verwandt; - mau hätte denn noch ein paar Pferdeschädel dazu rechnen wollen, die den Familienvätern zu Lehnsesseln zu dienen schienen. Das ganze Gebäude sah übrigens wild und schaurig genug aus. - Kein einziges Fenster war noch mit einem gesunden Schalter versehen - die Thüren hingen theils hier und da in einer Angel, und schlenkerten und klapperten mit dem Luftzug hin und wieder, oder waren auch schon großentheils von den darin gerade nicht scrupulösen Söhnen der Steppe zu Feuerholz klein geschlagen und aufgebraucht worden.

      Selbst die alte Kapelle schien von den gierigen Händen der Zeit und den fast noch gierigeren der Menschen nicht verschont geblieben. Die Wände standen, ihres früheren Schmuckes beraubt, kalt und kahl da, und hier und da hingen noch ein paar alte, verwirrte Zierrathen in einer der Ecken, zu hoch und werthlos, sich ihrethalben zu bemühen. In einer zusammengebrochenen Nische stand auch ein kaum mehr erkennbares Steinbild von einem - Heiligen oder Götzen - es wäre schwer gewesen, das jetzt zu bestimmen. Wenn aber auch alles übrige Holzwerk, eben wohl zu Feuerung, herausgebrochen sein mochte, hatte man doch den Altar, vielleicht in einer Art /39/ Ehrfurcht, die selbst den heidnischen Pampas vor dem Gott der Christen eingeprägt sein mochte, stehen lassen, und sogar die alte, schwer gestickte Altardecke hing noch, wenn auch in Fetzen und schon fast verwittert, von dem vordern Theil desselben herunter.

Скачать книгу