Reisen Band 1. Gerstäcker Friedrich

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Reisen Band 1 - Gerstäcker Friedrich

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daß es mein kleiner Begleiter zuletzt schon herzlich satt bekam und mich frug, was man in den „erweiterten, windschiefen Nestern denn nur so ewig zu schauen finden könnte. - Da ich daran verzweifelte, ihm das je begreiflich machen zu können, stiegen wir endlich wieder in unsere Sättel und ritten weiter.

      Auf dem Rückweg besuchte ich die Quinta oder das Lustschloß des Gouverneurs, das Fremden stets offen steht - sie liegt etwa eine Stunde Wegs von der Stadt entfernt höchst angenehm dicht am Strom, und der Blick erfreut sich dort zum ersten Mal wieder an grünen, schattigen Bäumen, die das niedere, von Säulengängen umschlossene Lusthaus dicht umgeben. Der Aufenthalt muß hier, besonders im Sommer, reizend sein. Nur die Berge fehlen dem Hintergrund und dem Auge dadurch auch die freundlichen, weit hinausschweifenden Gebirgshänge mit ihren kühlen Schluchten und moosigen Felsen. Alles ist flach, und es kommt Einem manchmal ordentlich das Gefühl, als ob man sich hoch über die Ebene emporheben und froh aufathmend das weite schöne, aber noch so wilde Land überschauen möchte.

      Der Platz um die Quinta her ist ungemein gut im Stand erhalten und eine Sorgsamkeit auf die kleinste Pflanze verwendet, die besonders dann einen fast wohlthätigen Eindruck auf den Beschauer macht, wenn man die wilden Gestalten dabei sieht, die hier mit vorsichtiger Hand Bäume und Blumen pflegen.

      Zn den Merkwürdigkeiten der Quinta gehört eine amerikanische Brig, die einmal bei einem heftigen Südoster hier auf das Land getrieben und später von Rosas angekauft wurde. Jetzt steht sie hoch und trocken mitten zwischen den sie umschmiegenden Weiden, über welche die beiden Masten hoch und kahl hinausragen. Sie ist übrigens im Innern /40/ sehr elegant zu einem einzigen Salon hergerichtet und eine bequeme Treppe daran hinaufgebaut.

      Besonders gut hat mir bei der Anlage seines Lustorts gefallen, daß der Gouverneur, alles Fremdartige und Fremde verschmähend, die wilden Thiere seines eigenen Landes hierher verpflanzt hat und hält. So sieht man in einem weiten, von niederem Eisengitter umschlossenen Raum eine Anzahl der südamerikanischen Strauße oder Kasuare; in einem der kleineren Gebäude liegt, an allerdings etwas sehr dünner Kette und sonst ganz frei, ein prachtvoller argentinischer gefleckter Tiger - dem asiatischen ganz gleich, nur etwas kleiner, und in einem Käfig, nicht weit davon entfernt, ein Kaguar oder amerikanischer Löwe. Dem Tiger sind übrigens die Zähne abgefeilt und die Krallen dicht beschnitten, so daß er, wenn er sich losrisse, einen Menschen höchstens todt quetschen könnte.

      Selbst die fernen Cordilleren haben zu dieser kleinen Creolenmenagerie, wie sie in Louisiana sagen würden, einen Tribut liefern müssen, denn auf einer von tiefem Graben umzogenen und Aloe, Cactus und Dornhecke dicht umschlossenen Wiese grasen drei Guanakas.

      Auf dem Heimritt hielten wir uns etwas länger bei den Kasernen auf, die gleich unterhalb der Quinta stehen. Es sind das lauter kleine, nicht weit von einander und zwar einfach genug errichtete Hütten, die ein feststehendes Lager bilden, in dem die Soldaten mit ihren Familien wohnen. Das Ganze hat auch in der That mehr ein indianisches als civilisirtes Ansehen, und die Soldaten, die hier ganz nach indianischer Weise leben und lagern, können wirklich fast mehr zu wilden als civilisirten Stämmen gerechnet werden. Diesem entsprechend, sieht auch ein großer Theil des Militärs wunderlich und wüst genug aus, rauh und abgerissen, eher einer Räuberbande als einem anständigen Heere gleich. - Ich verlange wahrhaftig keine Gamaschendisciplin, und je einfacher die Soldaten gehalten werden, desto weniger sind sie ein „theures Spielzeug" des Fürsten, aber einerlei Hosenbeine können sie denn doch haben, und wenn sie nun einmal am linken Fuß keinen Schuh erzwingen können, so sollten sie es wenigstens wie ihr Nebenmann machen und den vom rechten ebenfalls herunterlassen. Uebrigens sollen es tüchtige Burschen sein und sich in den früheren Kriegen schon wacker geschlagen haben. Mir wurde gesagt, daß sie wie die Mauern stehen - wenn man sie nur einmal am Davonlaufen hindern kann.

      Die reguläre argentinische Kavallerie hat dagegen ein desto pittoreskeres, ja wirklich romantisches Aussehen. Die dunkel¬blauen Ponchos mit weißen Randstreifen und rothem Futter, die gleichen langen und spitzen Mützen, vorn mit den Zipfeln herumgelegt und befestigt, machen sich vortrefflich. Dabei tragen sie eben solche blaue, mit weißen Litzen besetzte Cheri- pas und weiße befranzte Leggins. Auch eine Abtheilung der regulären Infanterie sieht originell und gut aus. Diese ist ganz in die Nationalfarbe - roth - gekleidet. Feucrrothe spitze Mütze - eben in der Art wie bei der Kavallerie getragen - feuerrothen Poncho mit weißen Streifen rings herum, und eben solche Cheripas gleichfalls mit weißen befranzten Leggins oder Unterhosen.

      Eines eigenen Gesetzes muß ich aber hier, da ich gerade von dem Militär spreche, erwähnen. In früheren Zeiten, wo die Miliz noch in Masse aufgeboten wurde und häufig in der Stadt exerciren mußte, sich einzuüben, geschah es oft daß Fremde, die nicht militärpflichtig waren, also an diesen Uebungen auch nicht theilzunehmen brauchten, über die vielleicht etwas abenteuerlichen Gestalten lachten und ihren Spaß darüber hatten. War dies nun die Ursache, oder mehr der angegebene Grund: „daß Fremde in der Zeit, welche argentinische Bürger dem Wohl des Staates opfern mußten, nicht allein Geld verdienen, und diese dadurch doppelten Schaden leiden sollten", das Gesetz erschien und war noch damals in Kraft, daß sich Niemand, so lange zu gewissen angesetzten Stunden (meistens Sonntags) exercirt wird, bei Strafe arretirt zu werden, auf der Straße dürfe blicken lassen. Alle Läden waren gesperrt und selbst der Aufenthalt auf den flachen Dächern zu dieser Zeit untersagt. So streng wurde dies Gesetz dabei gehalten, daß sich selbst auf dem Lande, wenn dort draußen Manöver war, Niemand durfte sehen lassen. Keinem Reisenden war es erlaubt, in solcher Zeit und in der /42/ Gegend seinen Weg fortzusetzen, und sogar die Hirten mußten in ihre Behausung zurück. Die einzige Ausnahme fand bei den Schafheerden statt, bei denen ein Schäfer bleiben durfte.

      Von diesem kleinen Ritt, der mich kaum aus der nächsten Umgebung der Stadt und noch nicht einmal aus den Hecken der Felder hinausbrachte, zurückgekehrt, bekam ich eine Einladung des Bremer Consuls Herrn***, seine drei Leguas (etwa neun englische Meilen) entfernte Estancia zu besuchen.

      Mir war dies aus zwei Gründen sehr angenehm, denn erstens lernte ich dadurch einen kleinen Theil des Innern kennen, und zweitens übte ich mich ein wenig im Reiten. - Ich wünschte mich selber erst einmal wieder zu probiren, ob ich auch einen so langen, anstrengenden Ritt, wie ich jetzt vor mir hatte, gut aushalten würde. Das ging jedoch besser als ich erwartete, denn wenn ich auch in Nordamerika Wochen lang hintereinander im Sattel gehangen hatte, war ich doch wieder die langen Jahre in Deutschland nur sehr selten „an Bord eines Pferdes" gekommen. Ich empfand nicht die geringste Unbequemlichkeit, ja im Gegentheil ergoß es sich mir ordentlich wieder wie mit neuer, frischer Lebenskraft durch die Adern, nach so langer Seereise die frische, herrliche Luft einathmen und auf einem so starken, kräftigen Thier über die Ebene dahinbrausen zu können.

      Nur zu sehr beengt fand ich mich noch im Anfang durch Hecken und Gebäude. - Mich drängte es, wieder einmal frank und frei hinaus in das wilde, ungehemmte Leben zu tauchen, und Alles was mich an Civilisation erinnerte, war dabei meinen Gefühlen eine Art Hemmschuh. Hier beginnen aber erst die ordentlichen Pampas, denn bis dahin findet man doch noch einen kleinen Hügel oder wenigstens etwas erhöhtes Land mit einzeln zerstreutem Buschwerk oder Anpflanzungen von Pfirsich-, Paradies- und anderen Bäumen. Weiter hinein aber soll das ganz aufhören, und das Auge nichts finden auf dem es haften könne, als eine einzige ununterbrochene, meerähnliche Fläche.

      Ansiedelungen kann man übrigens diese Estancias gar nicht nennen. Es sind nur Gebäude mit mehreren Einfriedigungen, um Vieh darin zu halten, und die Bewohner derselben machen /43/

      auch nicht den mindesten Versuch, selbst nur das zu bauen, was sie für sich allein zu Brod oder Gemüse brauchen könnten. Fleisch ist die einzige Nahrung. Der Südamerikaner ißt hier wirklich „Fleisch zu Fleisch", und Alles fast, was er braucht, weiß er den Thieren, die er schlachtet, abzugewinnen. Diese Plätze im Innern des Landes haben aber auch deshalb nicht das Gemüthliche, Wohnliche, Sichere einer europäischen Landwirthschaft. Das reinlich stille Treiben eines Landgutes, dessen Bewohner sich hauptsächlich von Vegetabilien nähren, fehlt ihnen ganz; überall bezeichnet Tod und Verwesung das rauhe Handwerk des Viehzüchters.

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