REMEMBER HIS STORY. Celine Ziegler

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REMEMBER HIS STORY - Celine Ziegler

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aber vorher nie?

      Mister McErming und Nathan verschwinden hinter der Tür des Sekretariats.

      Seit diesem Tag kommt Nathan nie wieder in die Schule.

      Kapitel 2

      „Stop, stop, stop, stop, stop!“, ruft meine Violinlehrerin aus und hält sich entsetzt die Ohren zu.

      Sofort nehme ich den Bogen von den Saiten und lasse die dunkelbraune Violine seufzend sinken.

      „Das war grauenvoll, Honor.“ Misses Baskin schüttelt, sich die Brille von der Nase nehmend, mit dem Kopf. „Johann Sebastian Bach hat sich diese Violinsonate bestimmt nicht ausgedacht, damit du es mit deinen ständig davonschweifenden Gedanken falsch spielen kannst.“

      „Tut mir leid“, sage ich kleinlaut. „Ich bin sehr unkonzentriert heute.“

      Sie seufzt und streicht sich eine graue Strähne hinters Ohr. „Das mag sein, aber bald hast du das Vorspiel und du kannst es dir nicht erlauben, dich dort zu verspielen. Also noch mal, a-Moll.“

      Tief durchatmend halte ich mir wieder die Violine ans Kinn und sehe auf den Notenzettel vor mir. Ich setze den Bogen an und spiele die ersten beiden Töne.

      „Okay, stop!“, unterbricht Misses Baskin wieder das Stück. Ich lasse die Violine hängen und sie sieht mich streng an. „Honor-Marie. Das ist jetzt heute dein siebter Versuch und nicht mal die ersten zwei Töne triffst du. Was geht denn in deinem Köpfchen vor?“

      Ich lasse mich erschöpft auf einen Hocker fallen und lege die Violine auf den Flügel neben uns. „Ich habe so Angst vor dem Vorspiel. Ich bekomme das Stück doch nie in den zwei Monaten hin … Es ist viel zu schwer für mich.“

      „Das Stück ist vielleicht nicht das einfachste, ja, aber du willst die Jury doch von dir überzeugen, nicht wahr? Du musst dich konzentrieren. Und hör auf zu behaupten, dass du das nicht packen würdest. Rede dir das gar nicht erst ein, das machen nur Verlierer. Du bist kein Verlierer.“

      „Dann würde ich es ja hinbekommen. Stattdessen verspiele ich mich immer und immer wieder.“

      „Vielleicht sollten wir die Violine erst mal beiseitelegen.“ Misses Baskin steht auf und stellt sich an den Flügel. „Lass uns mit dem Flügel weitermachen. Eventuell brauchst du einfach mal Abwechslung. Komm, hopp, hopp.“

      Ich stehe auf und verstaue meine Violine in meinem Violinenkoffer, auf dem Musafia eingestickt ist. Meine Mutter legt viel Wert auf gute Qualität meiner Musikausrüstung. Sie kauft keine Utensilien unter zweitausend Pfund, weswegen wir Stammkunden bei Musafia sind. Umso sorgsamer muss ich mit dem Koffer umgehen, deswegen schließe ich ihn vorsichtig. Ich setze mich an den Flügel und lege meine Notenblätter zurecht, um das vorgegebene Stück zu spielen.

      „Okay, jetzt volle Konzentration“, befiehlt Misses Baskin und setzt sich wieder die Brille auf die Nase, damit sie die Noten auf den Zetteln lesen kann. „Setz dich bitte gerade hin. Ein gerader Rücken ist sehr wichtig.“

      Sofort ändere ich meine Haltung und lege die Finger auf die Tasten. Ich weiß, dass ich es nicht hinbekommen werde. Heute ist ein Tag, an dem es mir schwerer als sonst fällt, mich zu konzentrieren. Da es in letzter Zeit oft gewittert und ich deswegen nicht schlafen kann.

      Ich beginne, die Noten zu spielen, und bewege meinen Kopf zu der Melodie, lasse meine Finger über die weißen und schwarzen Tasten gleiten. Es wundert mich, dass Misses Baskin mich noch nicht unterbrochen hat, denn ich habe das Gefühl, dass ich mich gerade schon zum dritten Mal verspielt habe.

      Im Moment passieren einfach zu viele Dinge um mich herum, die mich belasten, weswegen ich oftmals erschöpft bin. Bald mache ich meinen Abschluss an der Privatschule hier in Cardiff und die Prüfungen rücken immer näher. Ich schreibe gute Noten und hatte nie sonderlich viele Probleme in der Schule, doch es ist viel, was auf mich zukommt. Und da ich gerne an der Musikhochschule in Birmingham studieren würde, muss ich die Violine und den Flügel perfekt beherrschen können, weil ich in zwei Monaten dort das Vorspiel habe, das über meine Zukunft entscheiden wird. Entweder ich schaffe es oder ich schaffe es nicht. Das macht mir Angst und raubt mir so manchen Nerv, den ich eigentlich mehr als gebrauchen könnte.

      Ich beende das Stück und sehe Misses Baskin erwartungsvoll an.

      Sie schüttelt nur langsam mit dem Kopf und verzieht ihren faltigen Mund. „Eine Katastrophe.“

      Sofort fallen meine Schultern wieder. Das ist wirklich eine Katastrophe.

      Ich ziehe mir meine schwarzen Lederhandschuhe über und laufe dann mit meinem Violinenkoffer und meiner Schultasche aus der U-Bahn in die Stadt. Ich bin sehr froh, wenn ich endlich zu Hause bin. Es kommt oft vor, dass ich nicht vor sieben Uhr nach Hause komme, da mein Schulunterricht bis vier Uhr geht und ich vier Mal die Woche nach der Schule Violin- und Klavierunterricht habe. Ich bin froh, wenn in einer Woche endlich Weihnachtsferien sind und ich wieder meine Freizeit genießen kann. Wenigstens morgens ausschlafen und lange wach bleiben. Meine Zeit mit meinen Freunden verbringen und einfach wieder Spaß haben. Die letzten Wochen bestehen nur noch aus lernen, lernen und proben.

      Ich betrete die Apotheke, um Beruhigungstabletten für meinen Vater zu kaufen. Er mag Gewitter auch nicht, deswegen braucht er nachts etwas, womit er ruhig schlafen kann. Ich lächle einer Verkäuferin freundlich zu und gehe dann zwischen die vielen Regale. Da ich schon genau weiß, wo die Tabletten stehen, greife ich danach und nehme gleich zwei Packungen, damit ich übermorgen nicht wieder nach der Schule hierherlaufen muss. Als ich gerade zur Kasse gehen will, piept mein Handy in meiner Jackentasche. Ich versuche all mein Gepäck fest zu halten, damit ich die Nachricht lesen kann. Meinen Violinenkoffer kann ich nicht einfach auf den schmutzigen Boden stellen. Fast fällt mir die Medizin aus der Hand, doch ich schaffe es gerade noch so, mein Handy hervorzuziehen.

      Bring bitte noch Milch aus dem Supermarkt mit, Schätzchen. Mama

      Seufzend will ich das Handy wieder in die Jackentasche meines Mantels schieben, da fällt mir doch die Medizin runter. Als ich mich bücke, rutscht mir fast das weiße Plakat unter dem Arm raus, doch ich arrangiere mich noch schnell.

      Als ich zur Kasse gehe fällt mein Blick auf einen Jungen, der im selben Gang steht wie ich. Ich erkenne sein Gesicht nicht, da er eine Kapuze trägt und sich etwas von mir wegdreht, doch trotzdem entgeht mir nicht, dass er ab und zu mal wieder zu mir sieht. Er hält ein paar Medikamente in der Hand. Wer weiß, was er hat. Ich schultere meine Tasche wieder ordentlich.

      Doch mir entgeht nicht, was der Junge gemacht hat, als ich mich gerade wegdrehen wollte. Er hat die Medikamente in seine Jackentaschen geschoben. Deswegen hat er so umher geguckt! Er wollte nicht erwischt werden.

      Ich sollte ihn nicht so offensichtlich anstarren. Doch ich bin zu entsetzt. Er kann doch nicht einfach in einer Apotheke stehlen.

      Keine Sekunde später sieht er wieder zu mir. Er merkt sofort, dass ich ihn dabei gesehen habe, wie er die Packungen eingesteckt hat. Kurz sehen wir uns einfach nur an. Ich weiß nicht, wie ich reagieren soll. Soll ich ihn verraten? Oder einfach so tun, als hätte ich nichts gesehen?

      Schließlich setzt er sich als Erstes in Bewegung. Er steckt seine Hände in die schwarze Jacke und sieht mich die ganze Zeit an, während er auf mich zuläuft. Ich muss zugeben, dass er beängstigend aussieht. Da ändern auch die Locken nichts, die aus seiner Kapuze raushängen. Wie eingefroren bleibe ich auf der Stelle stehen und mein Herz pocht immer schneller, je näher er mir kommt.

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