Raban und Röiven Rückkehr dunkler Zauberer. Norbert Wibben
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Читать онлайн книгу Raban und Röiven Rückkehr dunkler Zauberer - Norbert Wibben страница 5
Bevor Röiven aber eine Antwort geben kann, erklingt eine Stimme von dort, wo Solveig am liebsten ihre Zeit in einem der Sessel vor dem Kamin verbracht hat.
»Tretet ein, Röiven und Raban!«
Die Stimme ähnelt der Solveigs sehr, doch die Elfe, die jetzt auf sie zukommt ist natürlich nicht Solveig. Sie hat eine große, schlanke Gestalt, mit langen, blonden Haaren, das aber nicht mit einem goldenen, sondern mit einem geflochtenen, grünen Band um den Kopf fixiert ist. Das von einem dunkelgrünen Band umgürtete Gewand ist weiß und reicht bis zu den Knien hinab. Ihr Gesicht wirkt stolz und unnahbar, aber auch traurig.
»Ich sehe, Röiven ist der Brauch bekannt, beim Eintreten in einen Raum den Bewohner zu grüßen, auch wenn dieser bereits gestorben ist. – Mein Name ist Sorcha.«
»Sei gegrüßt, Sorcha«, krächzt der Rabe.
»Ich grüße dich, Sorcha«, erwidert auch Raban. »Es tut mir leid, dass deine Mutter gestorben ist.«
Erstaunt blickt ihn die große Elfe an, doch sie erwidert nichts. Sie wendet sich statt dessen an den Raben: »Und jetzt zu dir, Röiven. Du suchst Elfrun, deine Großmutter. Sie ist hier bei Solveig.«
Während dieser Worte hat Sorcha sie aufgefordert, mit zu den Sesseln vor dem Kamin zu kommen.
»Großm…“, ruft Röiven. Doch als er sie erblickt, bricht er erschrocken ab.
»Was ist passiert …?«, fragt Raban, der auf den Vogel hinunterblickt, der im Schoß von Solveig liegt, die scheinbar schlafend in dem Sessel sitzt.
Der Kolkrabe hebt matt beide Augendeckel. Trübe Augen blicken in die von Röiven, der sich auf einer Armlehne niedergelassen hat.
»Röiven«, keucht Elfrun. »Mein geliebter Enkel.«
Mühsam hebt sich ihr Brustkorb. Sie röchelt kurz und fährt dann leise fort: »Es ist … schön, dass … du gekommen … bist.« Erneut röchelt die alte Rabendame. »Danke … für … deine … Liebe. … Ich … … wer…de … immer … bei dir sein.«
»Großmutter…!«, schluchzt der Rabe auf, während unaufhörlich Tränen über seinen Schnabel rollen und auf die Sitzfläche des Sessels tropfen.
Der Junge streicht seinem Freund über den Rücken und kann es kaum fassen. Er weiß, Elfrun hat für einen Kolkraben ein sehr hohes Alter erreicht, trotzdem versteht er seinen Freund. Sie hat ihn erzogen und war in seinem Leben die wichtigste Bezugsperson, da die Eltern früh gestorben sind.
Raban schaut die Elfe fragend an, die auf der anderen Seite des Sessels steht und Solveigs Hände streichelt.
»Was ist passiert? Kann ich helfen? – Ich könnte Lebensenergie auf Elfrun übertragen!«
Erstaunt blickt Sorcha ihn an.
»Du könntest was?«
»Ich habe Zauberkräfte von Röiven übertragen bekommen und besitze den Armreif von Eila, der meine Magie verstärkt. Soll ich es machen?«
»Ich weiß nicht, ob das Sinn hat, Elfrun ist bereits sehr alt. Sie hat sich vermutlich verausgabt, als sie Solveig helfen wollte, aber versuchen solltest du es natürlich.«
Raban hält seine Hände über den Körper der Rabendame und spricht: »Beatha.« Nichts geschieht. Noch einmal fordert er: »Beatha!« Wieder nichts. Sollte er den Spruch falsch nutzen?
»BEATHA! BEATHA! BEATHA!« schallt sein Ruf laut durch den Raum. Und jetzt bemerkt der Junge eine Reaktion. Er spürt ein leichtes Kribbeln an seinen Handflächen. Dann beginnt ein kaum sichtbares Licht von seinen Händen zu dem Kolkraben zu fließen. Das golden schimmernde Gleißen wird immer stärker.
Die kleine Brust des Vogels beginnt sich etwas stärker zu heben und zu senken, wie der Junge nach kurzer Zeit erfreut sieht. Raban beobachtet das helle Licht noch eine kurze Zeit, bevor er das Übertragen von Lebensenergie unterbricht.
Er beugt sich hinab und horcht nach dem Herzschlag. Dieser klingt für ihn nicht normal. Das Herz schlägt unregelmäßig und sehr flach.
Raban weiß, dass er sonst nichts für Elfrun machen kann. Obwohl der Herzschlag nicht ermutigend klingt, hofft er dennoch auf die Genesung des Vogels.
»Danke!«, knarzt sein Freund.
»Ich danke … dir auch … für den … Versuch«, ist die schwache Stimme Elfruns zu vernehmen, die kurz ihre Augen öffnet. »Aber, Röiven, sei … nicht traurig, … ich werde … nicht mehr lange … leben.« Ihre Stimme klingt gehetzt, obwohl sie sehr langsam spricht. Röiven hebt seinen Kopf und blickt in das geliebte Antlitz seiner Großmutter, die ihre Augen wieder ermattet schließt.
»Großmutter. Du musst wieder gesund werden. Ich, … wir werden dich pflegen und erneut Lebensenergie auf dich übertragen.« Nach einer kurzen Pause fügt er hinzu: »Ich werde bald Vater werden. Zoe brütet bereits vier Eier aus. – Du musst doch deine Urenkel kennenlernen, … sie sollen dich kennenlernen!«
Obwohl das sicher nicht möglich ist, scheint ein Lächeln über Elfruns Gesicht zu huschen.
»Das freut … mich für … dich! … Wirk…lich!« Die Rabendame versucht jetzt ihren Kopf unter einen Flügel zu schieben, doch dann schläft sie bereits ein, ohne die seit vielen Jahren gewohnte Stellung einzunehmen.
»Wir sollten ihr jetzt Ruhe gönnen. Das ist das Beste, was wir für sie tun können«, fordert Sorcha die beiden Freunde auf.
Der Junge betrachtet nun Solveig. Sie scheint ohne Schmerzen gestorben zu sein. Ein feines Lächeln ist auf ihren Zügen zu erkennen. Raban erinnert sich an die Unterhaltungen mit ihr. Sie war immer sehr freundlich, hatte aber auch Phasen, in denen sich ihr zunehmendes Alter zeigte. Sie wiederholte sich oft und Müdigkeit ließ sie mitten in der Unterhaltung einschlafen. Raban freut sich, dass der Tod offenbar so leicht zu ihr gekommen ist. Zaghaft streicht er über ihre Stirn, auf der das Sonnensymbol bereits verblasst.
Der Rabe bleibt auf der Armlehne bei seiner Großmutter, um über sie zu wachen. Die Elfe und der Junge begeben sich jetzt zu einer anderen Sitzgruppe und setzen sich. Obwohl sich Sorcha und der Junge leise unterhalten, vernimmt der Rabe alles.
»Woher weißt du, dass Solveig meine Mutter ist? Du bist doch noch viel zu jung, um das zu wissen.«
»Ähem. Ich bin in deinen Augen sicher sehr jung, aber ich habe von den Ereignissen vor über 100 Jahren gelesen, in der Geschichte über Eila. Als ich jetzt deinen Namen hörte und deine große Ähnlichkeit mit Solveig hinzunahm, konntest du nur ihre Tochter sein. – Aber, verzeih, woher kennst du meinen Namen?«
»Wenn du über die Ereignisse von vor 100 Jahren gelesen hast, weißt du vermutlich, dass wir Elfen fast ständig untereinander gedanklich in Verbindung stehen. Die Wächter am Eingang zu unserem Wald haben mir euer Kommen mitgeteilt. Darum kenne ich auch deinen Namen.«
»Entschuldigung«, stottert Raban. »Ich möchte nicht unhöflich sein, aber bist du nicht schon sehr alt? Du wirkst aber überhaupt nicht so alt«, fügt er schnell hinzu.
»Ist