Mord in Kreuzberg SO 36. Ann Bexhill
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Alle anderen mich eingeschlossen sahen leicht schockiert aus.
»Hat Betty Ihnen von dem Ärger erzählt?«, fragte mich Budrow.
»Mir?«
»Ja. Ich habe gesehen, wie sie durch Ihren Garten zu Ihrem Arbeitszimmer ging.«
Budrow sieht alles hört alles und bekommt alles mir. Seine Tarnung ist, er arbeitet an einem Buch über die einheimische Soziologie und einem Manuskript über die einheimische Vogelwelt und er hat die Angewohnheit ein schweres Teleskop auf den Spielplatz aufzubauen, sobald es eine wolkenlose Nacht gab, oder mit dem Feldstecher in der Hand umherzuwandern. Allerdings befürchte ich, er ist kein Hans guck in die Luft, sondern guck in die Fenster. Niemand hat eine Seite dieses Manuskriptes zu Gesicht bekommen. Er kannte jeden einzelnen Dealer, Studenten, Vogel und jeden Bewohner und deren Gäste und er vergaß niemals ein Gesicht. Professoren aus Freiburg beneideten den Liedermacher um sein Gehirn. Er hatte Angebote aus Heidelberg und einer namhaften Klinik seinen Kopf nach seinem Tod zum Zwecke der Forschung zu stiften. Sein Gehirn mochte eine Sensation sein aber das drum herum sah wie eine Vogelscheuche aus. Klein gewachsen knöchern, gekräuseltes gelblich graues Haar, schwarzer Anzug, langer Hals, auf dem ein großes goldenes Medaillon mit einem obskuren Heilligen ruhte. Ich fand der Märtyrer, der von seinem Amulett von Speeren durchbohrt wurde, sah aus als hätte er es verdient, als hätte er Dreck am Stecken. Zerlumpte Kleidung und verfilztes Haar. So sollte kein anständiger Heiliger herumlaufen, fand ich. Und außerdem sollte man der Kirche verbieten, heilige Wenzelsmänner, oder so ähnlich auf die Gläubigen loszulassen, allein dieser Name würdigte die Märtyrer Sache in meinen Augen herunter.
»Ja sie sagte, dass Herri Freitag den Maler das Haus verboten hat«, gab ich zu.
»Ich frage mich, ob der Maler und Betty Freitag etwas miteinander haben«, fragte Stein flüsternd, »es sieht so aus. Was meinen Sie?«
»Ich würde das nicht behaupten. Nicht Betty sie ist ein flatternder Spatz ganz niedlich aber wenig fesselnd. Der Maler ist mehr der Eichelhäher Typ exotisch und selten, würde ich sagen.«
Budrow verglich gerne Menschen mit Tieren, in seinen Augen war ich ein ungeselliger einzelgängerischer Fischreiher.
»Aber Herri Freitag …«
»Er ist dumm! Er macht nicht nur einen dummen Eindruck, sondern er ist ein Dummkopf! Er hat jedes Buch nur zur Hälfte gelesen und das, was er in seinem kleinen Hirn behalten hat, noch zu einem Mischmasch verwoben, der Mann ist ein Idiot«, sagte Budrow und schnitt jeden Einwand ab.
Onkel Tata erhob sich und brachte zur Feier des Tages, wie er sagte, eine Flasche Riesling. Die Herren stellten bei ihrem Glas herben Wein fest, dass erstaunlich viele störende junge Menschen in Kreuzberg versammelt waren.
»Die sollten bloß nicht auf die Idee kommen und abends Pogo Konzerte geben oder dieses grässliche Kartenspiel Poker spielen. Ich kenne es aus meiner Jugend, kaum spielen die Poker miteinander, schon gibt es Mord und Totschlag und davon gibt es draußen bereits genug«, erklärte Budrow kategorisch.
Ich nickte, Zustimmung heuchelnd zu. Frau Spiegel die sich bewundert vorkam wie die Geliebte des Sonnengottes fuhr ungeachtete des mangelnden Interesses ihrer Sitznachbarn fort zu schnattern: »Als ich im letzten Jahr in Frankreich war, hatten sie dort keinen Saarriesling. Davon haben diese Barbaren noch nie gehört.«
Sie Trank den letzten Rest ihres Glases und rollte die saure Flüssigkeit genießerisch im Mund hin und her und blickte sich um.
»Die arme Frau Freitag kann einem leidtun, ein rosiges freundliches Geschöpf in der Hand dieses Fieslings«, seufzte sie.
»Er hat Geld wie Heu«, sagte Stein unsicher und fügte im Tonfall einer Lüge hinzu, »natürlich bedeutet Geld nicht alles.«
»Ganz gewiss nicht«, bestätigte Onkel Tata und alle kicherten. Seufzend erhob sich Tata unter einem Ächzen.
»Rheuma! Zeit für eine neue Flasche auf einem Bein kann man nicht stehen«, erklärte er.
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