Oblomow. Iwan Gontscharow

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Oblomow - Iwan Gontscharow

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      »Na, siehst du, ist das etwa ein Spaß?« sagte Ilja Iljitsch. »Und wie unbehaglich fühlt man sich am Anfang in der neuen Wohnung! Wie lange dauert es, bis man sich daran gewöhnt! Ich werde fünf Nächte hindurch an dem neuen Orte nicht schlafen können; es wird mir traurig zumute werden, wenn ich morgens aufstehe und statt dieses Aushängeschildes des Drechslers etwas anderes mir gegenüber sehe; und wenn vor dem Mittagessen nicht diese alte Frau mit dem kurzgeschnittenen Kopfhaar aus dem Fenster heraussieht, dann werde ich das schmerzlich vermissen . . . Siehst du nun selbst ein, in welche unglückliche Lage du deinen Herrn bringen wolltest, ja?« fragte Ilja Iljitsch vorwurfsvoll.

      »Ja, ich sehe es ein«, flüsterte Sachar demütig.

      »Warum hast du mir denn geraten umzuziehen? Ist es denn menschenmöglich, das alles auszuhalten?«

      »Ich dachte, daß doch andere Leute, die nicht schlechter sind als wir, umziehen, und daß wir es da auch könnten . . .« erwiderte Sachar.

      »Was? Was?« fragte Ilja Iljitsch erstaunt und erhob sich halb von seinem Lehnstuhl. »Was hast du da gesagt?«

      Sachar wurde plötzlich verlegen, da er nicht wußte, wodurch er seinem Herrn Anlaß zu einem so pathetischen Ausrufe und zu einer so aufgeregten Gebärde gegeben haben könne. Er schwieg.

      »Andere Leute, die nicht schlechter sind!« wiederholte Ilja Iljitsch ganz entsetzt. »Da hast du dich einmal verschnappt! Jetzt weiß ich, daß ich für dich ganz dasselbe bin wie ›andere Leute‹!«

      Oblomow verbeugte sich ironisch vor Sachar und machte ein höchst beleidigtes Gesicht.

      »Aber ich bitte Sie, Ilja Iljitsch, stelle ich Sie denn mit jemand auf die gleiche Stufe?«

      »Geh mir aus den Augen!« sagte Oblomow gebieterisch und wies mit der Hand nach der Tür. »Ich kann dich nicht sehen. Ah! ›andere Leute‹! Schön!«

      Sachar entfernte sich mit einem tiefen Seufzer und ging nach seinem Zimmer.

      »Ist das ein Leben, wenn man es so bedenkt!« brummte er, als er sich auf die Ofenbank setzte.

      »Mein Gott!« stöhnte auch Oblomow, »da wollte ich nun den Vormittag der geschäftlichen Arbeit widmen, und nun ist mir für den ganzen Tag die Stimmung verdorben! Und wer hat das getan? Mein eigener Diener, mein ergebener, erprobter Diener; und was hat er gesagt! Wie konnte er das nur fertig bringen?«

      Oblomow konnte sich lange Zeit nicht beruhigen; er legte sich hin, stand wieder auf, ging im Zimmer hin und her und legte sich wieder hin. Darin, daß Sachar ihn auf die Stufe »anderer Leute« herabgestellt hatte, sah er eine Verletzung seines Rechtes, auf Grund dessen Sachar die Person seines Herrn jedem andern Menschen unbedingt vorzuziehen hatte. Er drang in die Tiefe dieses Vergleiches ein und untersuchte, was eigentlich die »anderen Leute« seien, und was er selbst sei, inwieweit diese Parallele möglich und gerechtfertigt sei, und wie schwer die Beleidigung sei, die ihm Sachar zugefügt hatte; ferner, ob Sachar ihn mit Bewußtsein gekränkt habe, das heißt ob er wirklich die bestimmte Ansicht habe, daß er, Ilja Iljitsch, ganz dasselbe sei wie »andere Leute«, oder ob seine Zunge das nur so hingesprochen habe ohne Mitwirkung des Kopfes. Dies alles hatte Oblomows Selbstgefühl verletzt, und er beschloß, seinem Diener den Unterschied zwischen ihm, dem Herrn, und jenen Menschen, die Sachar unter der Bezeichnung »andere Leute« verstand, deutlich zu machen und ihm die ganze Schändlichkeit seines Benehmens zum Bewußtsein zu bringen.

      »Sachar!« rief er in gedehntem, feierlichem Tone.

      Als Sachar diesen Ruf hörte, sprang er nicht wie gewöhnlich mit Gepolter von der Ofenbank herunter und brummte nicht; er kroch langsam vom Ofen herab und ging, mit den Armen und den Seiten an alles anstoßend, nach dem Wohnzimmer hin, sachte und widerwillig wie ein Hund, der an der Stimme seines Herrn merkt, daß ein von ihm verübter Streich entdeckt ist und er vor Gericht gerufen wird.

      Sachar öffnete die Tür halb, entschloß sich aber nicht dazu, einzutreten.

      »Komm herein!« sagte Ilja Iljitsch.

      Obwohl sich die Tür mit Leichtigkeit öffnen ließ, machte Sachar sie doch so auf, als könne er sich gar nicht hindurchquetschen, und blieb infolgedessen in der Tür eingeklemmt stehen, ohne hereinzukommen.

      Oblomow saß auf dem Rande des Bettes.

      »Komm hierher!« sagte er energisch.

      Sachar machte sich mühsam aus der Tür frei, schloß sie aber sogleich hinter sich und lehnte sich mit dem Rücken eng gegen sie. »Hierher!« sagte Ilja Iljitsch und wies mit dem Finger auf eine Stelle neben sich. Sachar machte einen halben Schritt vorwärts und blieb ungefähr sechs Schritte von dem ihm angewiesenen Orte entfernt stehen.

      »Noch näher!« sagte Oblomow.

      Sachar tat, als ginge er, schaukelte aber nur hin und her, stampfte mit den Beinen und blieb an derselben Stelle.

      Da Ilja Iljitsch sah, daß es ihm diesmal schlechterdings nicht gelingen werde, Sachar näher heranzulocken, so ließ er ihn dort, wo er stand, und sah ihn eine Weile schweigend und vorwurfsvoll an.

      Sachar, der sich bei dieser schweigenden Musterung seiner Person unbehaglich fühlte, tat, als bemerke er seinen Herrn gar nicht, wandte ihm, während er so dastand, mehr als sonst je die Seite zu und warf in diesem Augenblick nicht einmal den sonst bei ihm üblichen schrägen Blick nach Ilja Iljitsch hin.

      Er blickte hartnäckig nach der anderen Seite, nach links; dort sah er etwas, was er schon längst kannte: die fransenartigen Spinnweben an den Bildern, und in der Spinne sah er einen lebenden Vorwurf für seine Nachlässigkeit.

      »Sachar!« sagte Ilja Iljitsch leise und würdevoll.

      Sachar antwortete nicht: er schien zu denken: »Na, was willst du? Etwa einen anderen Sachar? Ich stehe ja hier!« und ließ seinen Blick, an dem Herrn vorbei, von links nach rechts wandern; dort erinnerte ihn der von dichtem Staube wie mit Musselin bedeckte Spiegel ebenfalls an seine eigene Person: durch den Staub hindurch blickte ihn wild und mürrisch wie aus einem Nebel sein eigenes finsteres, unschönes Gesicht an.

      Unzufrieden wandte er seinen Blick von diesem traurigen, ihm nur zu wohlbekannten Gegenstande ab und entschloß sich, ihn für einen Augenblick auf Ilja Iljitsch zu richten. Ihre Blicke begegneten einander.

      Sachar ertrug den Vorwurf nicht, der in den Augen seines Herrn lag, und schlug die seinigen nieder, so daß er nach seinen Füßen blickte: dort las er wieder auf dem von Staub und Flecken bedeckten Teppich ein trauriges Zeugnis über seinen Eifer im herrschaftlichen Dienste.

      »Sachar!« wiederholte Ilja Iljitsch im Tone tiefer Empfindung.

      »Was befehlen Sie?« flüsterte Sachar kaum hörbar und fuhr beinah zusammen, da er eine pathetische Rede ahnte.

      »Gib mir Kwaß!« sagte Ilja Iljitsch.

      Sachar fiel ein Stein vom Herzen; vor Freuden stürzte er flink wie ein Knabe nach dem Büfett hin und brachte den Kwaß.

      »Nun, wie ist dir zumute?« fragte Ilja Iljitsch sanft, als er aus dem Glase getrunken hatte und es in der Hand hielt. »Doch wohl nicht gut?«

      Der Ausdruck von Wildheit auf Sachars Gesicht milderte sich sofort durch einen in seinen Zügen aufleuchtenden Strahl von Reue. Sachar fühlte die ersten Symptome eines in seiner Brust erwachenden und an sein Herz

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