Harlekin im Regen. Monika Kunze

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Harlekin im Regen - Monika Kunze

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Frage. Ein Harlekin hatte die Aufgabe, Menschen zum Lachen zu bringen. Aber der, der ihr aus dem Spiegel entgegensah, würde das wohl nicht wirklich schaffen. Dafür sah er viel zu traurig aus. Bea hätte den Gesichtsausdruck durchaus noch ändern können, die blauen Punkte abwischen, die wie Tränen über ihre Wangen zu rinnen schienen, den Mundwinkeln einen kühnen Schwung nach oben verpassen. Aber sie tat nichts dergleichen. Sollte ihr Gesicht ruhig so bleiben wie es war. Der Ausdruck gab ihre Stimmung ziemlich präzise wieder.

      Das Harlekingesicht erinnerte sie an ihre abgegriffene Handpuppe, den einst so fröhlichen Kasper. Seine Schminke hatte bei einem Ausflug im Regen das Laufen gelernt. Als sie das Malheur damals der Mutter gezeigte hatte, schenkte diese dem unansehnlich gewordenen Spielzeug nur einen flüchtigen Blick, ein Achselzucken und ein paar lapidare Worte.

      „So kann er wenigstens seine Tränen verstecken ...“

      Das sollte wohl ein Trost sein, aber Beatrix fühlte sich keineswegs getröstet. Sie hatte weder die Worte noch das anschließende merkwürdige Lachen verstanden. Wenn Beatrix daran dachte, klang es ihr heute noch unheimlich in den Ohren.

      Dafür, dass der Kasper kurz danach wieder schön aussah, hatten Bea und Oma Gisela heimlich gesorgt.

      Plötzlich kam ihr eine Idee.

      Schnell lief Bea ins Kinderzimmer, nahm den Kasper aus der Spielzeugkiste, kehrte eilig in die Küche zurück und steckte das Feuerzeug in den Umhang der Handpuppe.

      Ihr Gesicht hellte sich auf.

      He, das könnte vielleicht ein gutes und dazu noch originell verpacktes Geschenk abgeben! Wenn schon nicht für die Mutter, dachte sie, denn die rauchte schon seit einem ganzen Jahr nicht mehr, dann vielleicht für den Vater?! Irgendwann musste er ja mal wieder heimkommen aus Afrika.

      Für wen sonst ließ Regina wohl den leeren Aschenbecher immer noch auf dem Tisch stehen? Was für eine tollkühne Vermutung!

      Der Hunger war nicht nur eine Vermutung, denn er brachte sich mit unüberhörbarem Magenknurren in Erinnerung. Fischbüchse, Brot und Sektflasche waren zum Glück auch nicht nur Vermutungen.

      Wie stand es gleich noch mal auf dem Zettel? Mach´ es dir gemütlich!

      Mit jedem Bissen und jedem Schluck aus der Flasche, Beatrix verzichtet der Einfachheit halber auf ein Glas, schien jene Aufforderung ihren bitteren Beigeschmack zu verlieren. Doch irgendwie wurde es ihr immer seltsamer zumute. Die Wände dehnten sich, der ganze Raum drehte sich und veränderte sein Aussehen.

      Die bunten Pillen! Ganz flüchtig nur streifte sie dieser Gedanke.

      „Nimm nur, ausnahmsweise, zur Feier des Tages. Sie machen happy!“

      So hatte sich die Mutter am Nachmittag gönnerhaft gegeben. Natürlich weiß Beatrix, dass happy das englische Wort für glücklich ist. Trotzdem hatte sie die runden Dinger nur widerstrebend geschluckt.

      Durch die Fenster drang bläuliches Licht, wieder dehnten sich die Wände, das Mädchen glaubte zu schweben. Sie schloss die Augen, tastete ängstlich nach dem Harlekin – das Geschenk war noch da. Für wen auch immer. Kurz vor dem Einschlafen spürte sie noch, wie sich ein warmes Glücksgefühl in ihrem Körper ausbreitete.

      Plötzlich erwachte Beatrix auf dem Sofa. Schlaftrunken schaute sie sich um. Nichts war zu sehen oder zu hören, was sie geweckt haben könnte. Plötzlich hörte sie doch wieder etwas. Das Geräusch schien jedoch nicht aus ihrem Traum zu stammen. Sie griff nach der Handpuppe, fühlte erleichtert die Pistole im Inneren.

      Ihr Puls raste, sie stand vorsichtig auf. Ihre Füße verhedderten sich in achtlos hingeworfenen Strümpfen, doch Bea fand erstaunlich schnell ihr Gleichgewicht wieder. Das Geräusch ihrer Schritte wurde vom dicken Teppich verschluckt.

      An der Schlafzimmertür krümmte sich ihr Zeigefinger um den Abzug. Das Pistolenfeuerzeug im Harlekin ist auf zwei nackte Gestalten im Bett gerichtet.

      „He, Beatrix, was soll das? Warum läufst du mitten in der Nacht mit dem Kasper herum?“

      Die Fragen der Mutter klangen eher erstaunt als ärgerlich.

      Ob Regina, die Königin, sonst noch irgendetwas fragte oder sagte, konnte Beatrix schon nicht mehr hören, denn sie rannte nach dem Knall mit samt ihrem Harlekin die Treppe hinunter, riss die Tür auf und stolperte ins Freie..

      Auf der Straße empfing sie ein feuchtkalter Wind.

      In diesem Moment begann es zu regnen.

      Beatrix drückte ihren Harlekin verzweifelt an die Brust, legte den Kopf in den Nacken und reckte ihr Gesicht den kühlenden Tropfen entgegen …

       ***

      Falsch verbunden?

      Als sie am Morgen die Augen aufschlug, war alles wie immer. Links von ihrem Bett das Fenster, dahinter eine riesige Douglasie, deren Wipfel sich leicht im Wind bewegte. Natürlich wusste sie, dass sich ein Baum von allein nicht bewegen kann. Doch diesmal war es nicht der Wind, der den Baumwipfel in Schwung brachte. Es war ein Vogel. Mit hochgereckter Kehle und dunkelblau glänzendem Gefieder saß er auf einem der obersten Äste und schien das sanfte Schaukeln zu genießen. Also, nicht die Elster, die sich an den vorangegangenen Tagen hier vergnügt hatte. Nein, diesen schönen Vogel hatte sie nie zuvor gesehen. Jetzt neigte er den Kopf, schien in ihre Richtung zu blicken. Dabei hob er fast unmerklich einen Flügel, so, als wolle er ihr zuwinken.

      Lea freute sich über ihren neuen Freund und wusste plötzlich, dass dieser Tag nicht so trist wie die anderen werden würde.

      Zaghaft schlug sie die Bettdecke zurück, angelte nach ihren Pantoffeln und machte sich auf, das Telefon zu holen.

      Frühstück?

      Später!

      „Hallo, Ulrike, bist Du noch da?“

      Sie lauschte der kräftigen Männerstimme nach. Es klappte!

      Ulrike schien sich aber in Luft aufgelöst zu haben. Das Spiel konnte beginnen.

      „Nun sag schon“, drängte der Mann, „Wie findest Du meinen Vorschlag? So eine Rendite bekommst du heutzutage nirgendwo sonst für dein bisschen Geld …“

      Lea räusperte sich.

      „Verzeihung“, sagte sie, „hier gibt es keine Ulrike … ich werde also jetzt auflegen …“

      „Oh, nein, bitte nicht, Sie haben ja wirklich eine tolle Stimme … bitte sagen Sie mir doch wenigstens Ihren Namen …“

      Er schien Ulrike und ihr Geld doch tatsächlich schon vergessen zu haben. Sollte sie ihm ihren Namen sagen? Ach was, nur zu, es ist ja nur ein Spiel.

      „Ich heiße Lea“, sagte sie. Sie wunderte sich selbst über den rauen Klang ihrer Stimme. Irgendwie wurde ihr jetzt doch etwas mulmig im Bauch. Ach, was soll´s, schob sie ihre Bedenken beiseite, was konnte er schon mit einem Vornamen anfangen?

      „Oh, Lea, was für ein schöner Name! Vielleicht haben Sie ja Lust auf einen Kaffee?“

      Wenn

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