Harlekin im Regen. Monika Kunze

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Harlekin im Regen - Monika Kunze

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sie sich ihre Antwort reiflich überlegen. Sie schnippte mit dem Fuß den Pantoffel übers Bett.

      „Nun ja“, gab sie sich zögerlich, „eigentlich trinke ich gar nicht so gern Kaffee…“

      Jetzt war eine Pause angebracht. Als sie ein paar Sekunden lang außer seinem Atem nichts vernahm, fuhr sie fort. „Und überhaupt: Warum sollte ich…“

      „Mit einem Wildfremden“, unterbrach er sie, „ja, verzeihen Sie, ich bin also der Roland.“

      Nun war es an ihr, ihn zu unterbrechen.

      „Der rasende?“ fragte sie und ließ ihr tief glucksendes Lachen erklingen.

      Das verfehlte nicht seine Wirkung. Es kostete ihn offenbar Mühe zu antworten. Sie spürte seine Aufregung, die er zu verbergen suchte, als er sagte: „Nein, das nun nicht gerade …“

      Aber bestimmt fehlte nicht viel, und er würde rasen.

      „Gut, Roland“, schob sie dem einen Riegel vor, „ich möchte mich nochmals in aller Form dafür entschuldigen, dass ich so in Ihr Gespräch geplatzt bin.“

      „In welches Gespräch?“, begann er zu stammeln. Ihre Vermutung, dass er Ulrike bereits vergessen haben könnte, schien sich zu bestätigen. Lea frohlockte.

      „Mit Ul-ri-ke“, sagte sie, wobei sie jede Silbe des Namens in die Länge zog.

      „Ach, das war nichts Wichtiges …“

      „Aber es hätte ja wichtig sein können“, gab sie zu bedenken, „vielleicht hätte ich ja einen Heiratsantrag unterbrechen oder mitten in eine entsetzliche Tragödie hineinplatzen können, aber Sie scheinen mir zum Glück nicht so sehr böse zu sein …“

      „Böse? Oh, liebe Lea, im Gegenteil, ich bin richtig froh über diesen Zwischenfall!“

      So ging es noch ein Weilchen hin und her. Lea war natürlich auch froh. Gespräche wie dieses brachten schließlich etwas Farbe in ihr Leben, das sich seit Tagen nur so dahin schleppte. Alles in diesem Zimmer kannte sie schon bis zum Überdruss. So nahm sie auch für den Mann an der anderen Leitung etwas Farbe auf den Pinsel, malte mit ein paar bunten Adjektiven ein Bild von sich selbst: schlank, groß, blond.

      „Die Leute sagen, ich sei hübsch …“

      Als er fragte, was sie denn beruflich mache, erzählte sie ihm, dass sie als Übersetzerin arbeite. Freiberuflich.

      Verheiratet? Kinder? Nichts von alledem, Gott bewahre! Wie alt?

      „Nun, eigentlich fragt man eine Dame so etwas nicht“, wies sie ihn nach seiner letzten Frage scherzhaft zurecht, „also werde ich es Ihnen auch nicht verraten. Aber Sie als Mann könnten mir ja …“

      „Ich bin 33 …“ entgegnete er, noch ehe sie ihre Frage zu Ende gesprochen hatte.

      Nach etwa einer halben Stunde wussten sie fast alles voneinander. Sie war ihrem Traumprinzen noch nicht begegnet. Er hatte gerade eine unerfreuliche Beziehung beendet, arbeite als Filialleiter bei einer großen Versicherungsgesellschaft. Gern würde er ihr sein Reich zeigen.

      Ja, und im nächsten Moment würde er sagen, dass er das Gefühl hätte, Lea sei sein Schicksal, seine Traumfrau. Doch das sagte er nicht.

      Stattdessen fragte er sie nach ihrer privaten Telefonnummer.

      Oh Gott! Ein heftiger Schreck fuhr ihr in die Glieder.

      Das war nicht abgemacht, das war gegen die Regeln. Er musste ein Phantom bleiben, sie ein Traum.

      Aber was das anging, hatte sie wohl nicht mit seiner Hartnäckigkeit gerechnet. Schließlich gab sie nach und nannte ihm ihre Festnetznummer, die ja sowieso offenbar noch immer gestört war.

      Jetzt machte sich ihr Magen mit lautem Knurren bemerkbar.

      Sie verabschiedete sich mit dem Hinweis, dass sie erst einmal frühstücken wolle.

      Kaum hatte sie den letzten Bissen von ihrem Croissant hinuntergeschluckt, ihre heiße Schokolade bis auf den letzten Schluck ausgetrunken, klingelte das Telefon. Wieso denn das? Kamen jetzt doch wieder Anrufe bei ihr an? Sie räusperte sich, bevor sie abnahm.

      Er ließ sie gar nicht erst zu Wort kommen und flehte: „Bitte Lea, wir müssen uns treffen, mir ist in den letzten Minuten klar geworden, dass ich Sie unbedingt kennen lernen muss, ach, Lea!“

      Seine Stimme klang richtig beschwörend. Es schien ihm ernst zu sein. Aber kennen lernen? Wie stellte er sich das vor?

      Das ging natürlich gar nicht. Das durfte niemals geschehen!

      Sollte sie sich hier mit ihm die Medizin auf dem Nachttisch anschauen oder den wippenden Vogel auf der Douglasie vor ihrem Fenster?

      „Nein, Roland, das geht auf gar keinen Fall, beim besten Willen nicht…“

      Sie suchte und fand Tausende von Ausflüchten, warum sie sich nicht sehen könnten. Bis sie schließlich auflegte, dann den Hörer wieder abnahm und sicherheitshalber auch noch den Stecker zog.

      Diese Geschichte schien ihr über den Kopf zu wachsen. Völlig erschöpft und müde ließ sie sich in die Kissen sinken.

      Als sie die Augen wieder öffnete, wusste sie gar nicht gleich, wo sie war, dann sah sie aber den Vogel auf der Douglasie. Der Anblick dieses kleinen, knopfäugigen Gesellen tat ihr gut. Und als ein vertrauter Duft nach Bratkartoffeln aus der Küche bis zu ihrer Nase gefunden hatte, war sie vollends beruhigt. Sie hörte, wie Mutter und Schwester nebenan rumorten und leise miteinander sprachen. Hier konnte ihr nichts passieren. Hier war sie geborgen.

      Plötzlich klingelte es.

      Schon wollte sie automatisch zum Hörer greifen, aber es war nicht das Telefon, es hatte an der Tür geschellt.

      Ein kühler Luftzug, der der Gardine einen kleinen Bauch verpasste, verriet, dass jemand gekommen war.

      Anscheinend hatte ihre Schwester Susi wieder einmal Besuch.

      Lea drehte sich auf die andere Seite und schloss die Augen.

      *

      Ein Mann, etwa Mitte fünfzig, schaute erstaunt auf das junge Mädchen, das ihm die Tür geöffnet hatte. Sie hatte dunkles Haar, war klein und pummelig und musterte ihn durch dicke Brillengläser. Das konnte also auf gar keinen Fall jene Lea sein. Aber die von seinem Telefonflirt angegebene Nummer hatte er neben dem Namen Maria Rothe gefunden, in der Kastanienallee 17. Schnell las er noch einmal den Namen an der Tür. Er war hier richtig. Kein Zweifel.

      „Guten Tag, ist Lea da?“ Er wirke sehr selbstsicher.

      „Ja, aber wer sind Sie?“

      „Wir sind verabredet, sagen Sie Lea bitte, dass Roland da ist.“

      Die kleine, dicke Göre bat ihn offenbar nur widerwillig herein. Als er sich auf den altmodischen Sessel in der Diele fallen ließ, war sie schon am Ende des Flurs hinter einer Tür verschwunden. Aber er hörte nur leises Gemurmel.

      In der Küche schien auch noch jemand zu hantieren. Es roch nach Bratkartoffeln.

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