Das Lied des Steines. Frank Riemann

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Das Lied des Steines - Frank Riemann

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lassen.

      Roger Hanley und Robert Mathenge rührten sich nicht und beobachteten das Gebäude. Nur David Solomon nagte unruhig auf seiner Unterlippe herum und trat von einem Fuß auf den Anderen. »Ich weiß nicht, ich weiß nicht. Irgendetwas macht mich nervös. Ich habe ein ganz ungutes Gefühl.«

      Der Hauptmann der Scharfschützen wollte ihm die Anspannung nehmen. »Beruhige dich, David, du bist zu alt um noch nervös zu werden. Der Dreckskerl hat keine Chance.«

      »Du hast gut Reden, Robert. Deine Leute sind nicht in unmittelbarer Gefahr und wir stehen hier, während meine Männer da drin sind. Irgendetwas an diesem Typen stört mich.«

      »Du hörst dich an, als würdest du das zum ersten Mal machen. Du hast deine besten Jungs in diesem Haus, alles erfahrene Polizisten. Sie sind sich der Gefahr bewusst, das macht sie vorsichtig. Ich bin mir sicher, sie erwischen ihn.«

      »Dieser Kerl hat hier schon einen Riesentanz veranstaltet, und ich habe ihn noch nicht einmal gesehen.«

      »Wir können ihn ja bitten, sich vorzustellen.«

      Roger Hanley drehte den Kopf und blickte seine Freunde ernst an. Ohne etwas sagen zu müssen, genügte das, um für Ruhe zu sorgen. Und als wäre dies das Startzeichen gewesen, fiel in diesem Moment der erste Schuss. Aber seltsamerweise kam es nun nicht zum erwarteten Feuergefecht, sondern es wurde wieder still.

      »Hauptmann Solomon?«, kam es aus dem Handsprechfunkgerät.

      »Ich höre, was ist passiert Leetoo?«

      »Keine Ahnung. Es wurde weder auf uns geschossen, noch hat einer meiner Männer gefeuert.«

      »Verstanden. Führen Sie ihren Auftrag zu Ende.«

      »Verstanden.«

      Vielleicht hatte er sich ja selbst erschossen. Das wäre zwar nicht ungewöhnlich, aber zu schön, um wahr zu sein. Nein, das konnte Solomon nicht glauben.

      Der Erste der Männer des SEK erreichte die vorletzte Etage des Gebäudes, spähte durch das Treppenauge nach oben, sah jedoch nichts.

      Er lehnte sich zurück und winkte ein paar seiner Kollegen an sich vorbei auf den nächsten Treppenabsatz. Erneut hob er die Waffe, näherte sich dem Geländer und blickte nach oben.

      Das Letzte, was er in seinem Leben sah, war, wie Jemand mit einer alten Schrotflinte auf ihn zielte. Das Letzte, was er hörte, war, wie die Waffe mit einem ohrenbetäubenden Krachen losging. Sein Kopf wurde nach hinten gerissen, er knallte rückwärts gegen eine Wand und sackte in sich zusammen, wie eine Marionette, der man die Fäden durchtrennt hatte. Seine Splitterweste hatte zwar einige Kugeln abgefangen, aber von seinem Gesicht innerhalb seines Helmes war nicht mehr viel zu erkennen. Es war genauso zerstört, wie das dünne Plexiglasvisier.

      Als seine Kollegen die erste Schrecksekunde überwunden hatten, stürzten sie an das Geländer und schossen blind durch das Treppenauge nach oben, ohne ein Ziel zu sehen. Kugeln bohrten sich in den Putz oder jagten als Querschläger durch das Gebäude. Dieses akustische Inferno hielt einige Sekunden an, bis die Polizisten erkannten, dass es dort oben nichts mehr gab, was sie hätten treffen können. Sie stellten das Feuer ein und starrten nach oben, konnten aber durch den Pulverdampf nichts Genaues erkennen.

      Als sich der Nebel zu verflüchtigen begann, zeichnete sich auf dem letzten Treppenabsatz eine Gestalt ab.

      Die Polizisten waren so ausgebildet, dass sie ihre leergeschossenen Magazine in Sekunden wechseln konnten, aber selbst die Zeit reichte diesmal nicht. Der Attentäter schoss sofort. Eine erneute Ladung Kugeln pfiff durch das Treppenhaus. Die Männer stürzten zurück in Deckung. Schreie und Flüche wurden laut. Ein Beamter wurde ins Bein getroffen, ein anderer in die Hand. Einige Projektile gingen daneben, und die Splitterwesten verhinderten Schlimmeres. Prellungen und Blutergüsse würden die Folgen sein. Ein Mann fiel die Treppe hinunter und brach sich einen Fuß.

      Leetoo versuchte Ordnung in das Durcheinander zu bringen und brüllte Kommandos. Er teilte Leute ein, die die Verwundeten wegbrachten und ordnete die Formation für den Angriff neu, da nun auch die letzten Zweifel über einen feindlichen Aggressoren beseitigt waren. Der Attentäter war dort oben, und er war bewaffnet und hatte keine Skrupel, was ihn besonders gefährlich machte. Zu seinen bisherigen Opfern kam nun auch noch ein Polizist hinzu. Das Schwein würde keine Gelegenheit mehr bekommen zu kapitulieren, jetzt war es persönlich und sie würden auf seine Leiche spucken. Ob vom Mörder etwas übrig bleiben würde, das man vor Gericht stellen konnte, interessierte Leetoo nicht mehr. Er nahm sein Funkgerät und warf es durch das Treppenauge nach unten, wo es am Boden zerschellte. Dann schickte er vier seiner Leute auf den nächsten Absatz.

      Solomon wurde immer nervöser. »Das gefällt mir nicht, das gefällt mir nicht.«

      Sie waren nur Ohrenzeugen der Aktion, und dass nach dem heftigen Schusswechsel noch keine Erfolgsmeldung gegeben wurde, hielt seine Nervosität aufrecht. Er betätigte die Sprechtaste an seinem Funkgerät: »Leetoo, was ist los? Leetoo?« Hanley und Mathenge schauten ihn an. »Leetoo, machen Sie Meldung, ach verdammt!« Solomon machte Anstalten, das Funkgerät von sich zu schleudern, aber ein einziges »David!« seines Einsatzleiters reichte aus, ihn dieses Vorhaben vergessen zu lassen.

      Sie wandten sich wieder dem Neubau zu, als die verletzten

      Polizisten, von einigen Kollegen gestützt, heraus kamen. Sie wurden zu den bereitstehenden Sanitätern und Ärzten gebracht, um sie medizinisch versorgen zu lassen.

      Robert Mathenge sprach über Funk den Leutnant seiner Schützen an, aber die hatten nicht das Geringste gesehen. Roger Hanley winkte einen in der Nähe stehenden und eine Straße absichernden Polizisten zu sich heran. Er deutete auf die Stelle, an der die Verletzten versorgt wurden. »Einer der Männer soll herkommen und Meldung machen. Der Rest geht zurück ins Haus, natürlich nicht die Verwundeten.« Der Untergebene verschwand in einem großen Bogen um die Absperrung herum.

      Mittlerweile wurde die Kreuzung wieder in helles Licht getaucht, denn die Sonne erschien wieder hinter dem Gebäude, und begann den Scharfschützen Probleme zu bereiten.

      Dann schrie aus dem Haus eine Stimme herüber, die so schrill kreischte, das man Mühe hatte, sie zu verstehen: »Hahaha, ihr Scheißbullen. Das ist ja wie in der Savanne, hahaha. Erst kommt die Treibjagd, hahaha, und dann der Fangschuss. Kommt und holt mich, hahaha.«

      Und dem großen, starken, ruhigen und fast immer souveränen Einsatzleiter Roger Hanley krampfte sich der Magen zusammen. War das möglich? Konnte das denn sein?

      Minsk / Weißrussland, Montag 26. April, 11:40 Uhr

      »Schon wieder Treppen«, dachte Juri Kuznov. »Diese Treppen bringen mich um. Erst in diesem verdammten Haus, dann in Ivanovs Amt und hier im Ministerium schon wieder. Ich sollte zu Hause im Bett liegen. Vielleicht hätte ich ja noch mal über die Kleine rübersteigen können. Oder ich könnte aufs Land fahren, oder zumindest irgendwo bei einem Gläschen Wodka oder einer Tasse Tee mit Rum sitzen. Ich habe Urlaub, verdammt. Stattdessen laufe ich mir die Füße platt.«

      Kapitan Kuznov hatte in dem Haus in der Straße Turgenewa im obersten Stockwerk angefangen und sich von Wohnung zu Wohnung durchgefragt. Einige Mieter waren gar nicht zu Hause. So konnte er zwar weniger Informationen sammeln, war darüber aber nicht unbedingt traurig. Eigentlich war er schon genug genervt.

      Er klopfte an eine Tür, neben der `Grinkova` auf einem alten verblichenen

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