Das Lied des Steines. Frank Riemann

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Das Lied des Steines - Frank Riemann

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geschickt haben, und dann habe ich ja überhaupt nichts mehr gesehen. Ausgerechnet die Grinkova. Und oben wollten meine Kinder dann alles ganz genau von mir wissen und so, aber denen konnte ich ja auch nichts genaues sagen...«

      »Wann hat denn Ihr Mann heute das Haus verlassen?«

      »So gegen sechs Uhr dreißig, und der hatte vielleicht ein Laune, das kann ich Ihnen sagen...«

      »Spasiba, Vielen Dank, Sie haben mir sehr geholfen, Gaspascha Georgijeva.« Über Kuznovs Ganglien hatten sich dicke graue Wolken zusammengezogen und ihm war schwindelig. Wackelig stand er auf.

      »Sie sehen aber gar nicht gut aus. Soll ich Ihnen eine Tasse Tee machen? Spezialmischung von meiner Schwiegermutter. Ist schnell gemacht, dauert nur ein paar Sekunden. Der Samowar ist zwar schon etwas älter, aber noch gut in Schuss, wissen Sie, ich sage immer...«

      »Nein nein, schon gut. Ich muss jetzt gehen.«

      »Mama, ist das der Komissar? Zeigen Sie uns Ihren Ausweis? Haben Sie eine Waffe...« Die beiden Älteren ihrer drei Kinder waren hervorgekommen, sie mochten vielleicht acht und zehn Jahre alt sein, und tanzten nun um Kuznov herum.

      Hatte er sich zuvor gewünscht, wieder in seinem Bett zu liegen, so wünschte er sich jetzt, er wäre tot. »Ich muss nun wirklich gehen. Do swidanja, auf Wiedersehen.« Lieber nicht, aber das sagte er nicht.

      Er wand sich aus der Wohnung, stolperte die Treppen hinunter, Georgijeva rief ihm noch hinterher »...das geht manchmal schneller, als Sie meinen. Wie kann man nur so etwas tun? Diese Monster...«, weigerte sich, noch irgendetwas von dieser Frau zur Kenntnis zu nehmen und stürzte aus dem Haus. Draußen verlangsamte er seine Schritte, zündete sich eine Papirossej an und zog den Rauch tief und gierig in sich hinein. Bosche moi, mein Gott, es gab schon verrückte Menschen auf dieser Welt. War er froh, dass sie ihm nicht noch vom letzten Weihnachtsfest bei Tante Nina in Baranowitschi erzählt hat, sofern sie es feiern, oder ausgeführt hat, warum sie es nicht feiern. Noch ein paar Minuten länger bei dieser Frau und er wäre irrer geworden, als sie und der Mörder zusammen. Na ja, immerhin wusste er jetzt den ungefähren Zeitpunkt der Tat, noch bevor die Gerichtsmedizin ihn ihm gesagt hatte. Ungefähr zwischen sechs Uhr dreißig und sieben Uhr dreißig morgens. Allerding musste er noch einmal wiederkommen, und zwar am Abend. Zu viele Türen waren verschlossen geblieben. Und vielleicht hatte der Mann dieses verbalen Wasserfalles jemanden gesehen, der verdächtig um das Haus geschlichen war, der es beobachtet hatte oder sich sonst irgendwie auffällig verhalten hatte.

      Nun stieg Juri Kuznov im Ministerium die Treppen vom dritten in den vierten Stock hinauf. Schon wieder Treppen. Nach dem Besuch des Tatorts hatte er den Arbeitsplatz des Ermordeten aufgesucht.

      Er hatte mit den Kollegen aus Ivanovs Amt gesprochen, aber wiederum nichts Neues erfahren. Einer Ahnung folgend, sah er sich eine Namensliste aller Mitarbeiterinnen an und entdeckte eine Natascha Petrovka, zu der er jetzt unterwegs war.

      Nach einem Klopfen an ihrer Tür und einem »Herrein!« betrat er ihr Büro.

      Sie schloss gerade die Lade eines Aktenschrankes, setzte sich hinter ihren Schreibtisch und sah ihn verwundert an. Sie kannte Kuznov nicht und in ihrer Abteilung gab es normalerweise keinen Publikumsverkehr. Er stellte sich vor und nahm auf ein Zeichen hin ihr gegenüber Platz.

      »Können Sie mir etwas über Tawarischtsch Ivanov erzählen, über seine Arbeit und Ihre Beziehung zu ihm?«

      Petrovka zog die Stirn kraus. »Sagten Sie nicht, Sie seien von der Kriminalpolizei? Warum interessieren Sie dann solch interne Angelegenheiten? Ich dachte, die Zeiten der Überprüfungen und Bespitzelungen durch den Geheimdienst wären vorbei. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass Sie mit ihm und seinen Kollegen bereits gesprochen haben, die Ihnen sicherlich besser Auskunft über seine Arbeit geben können, als ich. Und was immer man ihm vorwerfen sollte, ich bin überzeugt, es ist nicht wahr.«

      Kuznov, schon entnervt genug, wurde schnippisch. »Ich konnte nicht mehr mit ihm sprechen.« Er hatte wahrlich keine Lust, ihr den Sanften vorzuspielen und es ihr schonend beizubringen. Einfach war es ohnehin nie, also sagte er geradeheraus und sah dabei wie sie blass wurde: »Mit ihm kann niemand mehr sprechen, er ist tot.« Er musste sich zur Ruhe zwingen. Es gelang ihm, emotionslos fuhr er fort: »Und ich bin von der Kriminalpolizei, Abteilung Mordkommission. Würden Sie mir jetzt freundlicherweise etwas über den Verstorbenen erzählen?«

      »Er ist tot?« Eine Träne lief ihr über die Wange. »Mord?« Petrovka lehnte sich zurück, verschränkte ihre Hände, weil sie zu zittern angefangen hatten, presste ihre Lippen zusammen, dass sie noch schmaler wurden, als sie es ohnehin schon waren, weil sie bebten, und schloss für einen Moment ihre feucht gewordenen Augen.

      Sie dachte an Pjotr und kurz über ihre eigene Situation nach. Sie war ihr ganzes Leben nur von den Männern ausgenutzt worden. Hinterher stand sie immer mit leeren Händen da. Aber dieses Mal war es anders gewesen, dieses Mal hatte sie die Initiative ergriffen. Sie war Ende Zwanzig und wollte endlich eine Familie haben. Als sie Pjotr dann soweit hatte, dass man ihn wieder als Menschen bezeichnen konnte, hatte sie gemerkt, wie sie sich ganz langsam in ihn verliebt hatte. Er war fürsorglich, ehrlich, zuverlässig und was sie gar nicht für möglich gehalten hatte, er hatte auch einen feinen Sinn für Humor. Ihr gemeinsames Wochenende war nicht nur der Lohn für ihre Mühen gewesen, sondern resultierte aus echter tiefer Zuneigung. Es war wunderbar gewesen und sie war erst am späten Sonntagnachmittag in ihre eigene Wohnung zurückgekehrt. Da hatte sie ihr Glück kaum fassen können.

      Und das sollte jetzt vorbei sein? So richtig hatte es doch noch gar nicht begonnen. »Wie...«, ihr versagte fast die Stimme, »wie ist es denn passiert?«

      »Soviel ich zur Zeit sagen kann, wurde er erschlagen.«

      »Erschlagen?« Es kam ihr alles so unwirklich vor. Gestern hatte sie noch den Himmel auf Erden, und heute kam da einfach jemand in ihr Büro spaziert, der ihren Traum zerplatzen ließ wie eine Seifenblase. Wie im Mittelalter, als sich der Überbringer schlechter Nachrichten seines Lebens nicht mehr sicher sein konnte, wurde Natascha Petrovka zunehmend wütend und ihr Zorn begann sich gegen den Kommissar zu wenden. Mit welchem Recht kam er hier herein und zerstörte ihr ihre Zukunft?

      »Also, was wollen Sie noch von mir?« Ihr Ton wurde schärfer. »Wie kann ich Ihnen denn jetzt noch weiterhelfen?«

      »Jede Einzelheit könnte für mich von Nutzen sein.«

      »Ich sehe keine Veranlassung und habe auch überhaupt kein Bedürfnis danach, unsere Beziehung vor Ihnen auszubreiten. Ich habe keine Ahnung, wer Pjotr getötet haben könnte.« Ihre Stimme war fast nur noch ein Wimmern. Trotzig steckte sie ihr dunkles Haar hinter die Ohren und wischte sich mit den Handballen über die Augen. »Ich kann Ihnen dabei nicht weiterhelfen und der Rest geht Sie nichts an.«

      Petrovkas ablehnende Haltung ging Kuznov etwas zu schnell. »Waren Sie vergangene Nacht bei ihm, oder hatten Sie einen speziellen Grund, heute Morgen nicht bei ihm zu sein? Vielleicht wollten Sie ja gerade heute Morgen nicht am Tatort gesehen werden.«

      »Wie bitte?«

      »Hatten Sie Streit in letzter Zeit? War etwas vorgefallen? War vielleicht von Trennung die Rede?« Der Kapitan war jetzt ganz offensiv. »Waren Sie aus irgendeinem Grund wütend auf ihn?«

      »Was soll das?« Petrovka konnte es nicht fassen. "Sie platzen hier rein und verdächtigen mich, nein, beschuldigen mich, etwas mit Pjotrs Tod zu tun zu haben. Sind Sie noch bei Trost, Tawarischtsch? Das ist doch absurd. Ich habe ihn...«, sie senkte den Kopf und ihre Stimme, zuvor noch laut und aufgebracht, wurde wieder ruhiger, »Auch wenn Sie es nicht verstehen oder mir nicht glauben, ich habe ihn geliebt.

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