Fidibus und der Engel von Reichenau. Denise Remisberger

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Fidibus und der Engel von Reichenau - Denise Remisberger

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schliesslich noch jung.“

      „Und ich habe ein schwieriges Amt.“

      „Wenn du mich fragst, ist eher dein Konrad schwierig, und nicht deine Arbeit.“

      „Das kann sein“, lachte Furdin.

      8

      „Wen haben wir denn da?“, trat ein hagerer Kerl hinter einem Baum hervor und steckte sich ein paar Nüsse in den Mund, die er bedächtig zu kauen begann. Derweil spielte er ein bisschen mit einem langen Messer, das im diesigen Licht des Arboner Forsts gefährlich aufblitzte.

      „Ich bin ganz harmlos“, stotterte der erschrockene Jüngling in den feinen Kleidern.

      „Aber ich nicht. Ich bin ganz und gar nicht harmlos.“

      „Er ist Räuber Dumpfbacke. Der gefürchtetste Räuber im weiten Arboner Forst“, lächelte ein weiterer Messerbewehrter süsslich, der gerade aus dem dichten Wald auf den Fusspfad, der von Steinach am Bodensee bis nach Sankt Gallen, dem Bach Steinach entlang, hinaufführte, gesprungen war und den Jungen interessiert musterte.

      „Das ist Tropf, einer meiner zahlreichen Kumpane“, zeigte Dumpfbacke auf den Lächelnden.

      „Oh, ich stelle mich wohl auch besser vor. Ich heisse Peter und komme aus dem Stammesherzogtum Sachsen.“

      „Kenn ich nicht“, verliess Dumpfbacke langsam die Geduld.

      „Ist das weit weg?“, wollte Tropf wissen.

      „Sehr weit weg, ja.“

      „Und was willst du hier bei uns?“, forschte Tropf weiter, den ein ungutes Gefühl beschlichen hatte.

      „Ich möchte meinen Onkel besuchen, Josef von der Altenburg zu Cannstatt.“

      „Was?!“, schrie der oberste Räuber. „Den Einsiedler?“

      „Ja. Ich wollte mich zu ihm durchfragen.“

      „Josef ist ein Freund von uns. Wir bringen dich zu ihm. Komm.“

      Und die drei ungleichen Männer liefen zusammen durch den riesigen Arboner Forst, über Wildwechsel hügelauf, bis sie schliesslich auf der Lichtung anlangten, auf der die Hütte des Einsiedlers stand.

      „Josef!“, klopfte Dumpfbacke an die Holztüre, woraufhin ihm jemand öffnete.

      „Räuber Dumpfbacke! Bringst du dem armen Josef wieder irgendwelches gestohlene Zeugs, das er euch abkaufen soll?“, versenkte die Frau ihre Hexenaugen tief in die des Räubers.

      „Trude! Nein, nein, gar nicht. Wir haben eher was gefunden. Den Jungen hier. Ist der Neffe Josefs. Heisst Peter“, zitterte der grosse Räuber ein klein wenig beim Anblick der mächtigen Zauberfrau, mit der er zwar auf gutem Fuss stand, doch vor der er sich immer eine Spur fürchtete.

      „Kommt rein!“, rief Josef aus der Hütte.

      Nachdem sich die drei neuen Gäste auf die lange Bank, die an die eine Hüttenwand gestellt worden war, gesetzt hatten, sprudelte Peter los: „Onkel Josef, ich brauche deine Hilfe. Ich und mein Mitschüler Sigmund sind aus der Malschule auf der Insel Reichenau geschmissen worden. Dabei haben wir gar nichts Böses getan. Wir waren nur ein Weilchen spazieren. Und dann haben wir einen Engel gesehen. Und Hubertus, unseren Lehrer.“

      „Und was haben die beiden getan?“, wollte Josef wissen, dessen verknackster Fuss gerade von Trude mit einer dicken Schicht Beinwellwurzel-Brei zugedeckt wurde.

      „Hubertus hat von Liebe gesprochen.“

      9

      Diese Nacht lag besagter Hubertus, Lehrer der Malschule Reichenau, in seinem einsamen Kistenbett und weinte bitterlich. Sein Engel war gerade bei ihm gewesen, doch es wollte sich einfach kein tröstliches Gefühl einstellen. Eigentlich hatte es Hubertus gut hier auf Reichenau. Er übte den Beruf aus, den er liebte, er wohnte in einer grosszügigen Zelle nur für sich alleine im selben Gebäudeteil, in dem sich auch die Malschule befand, und er wurde von allen Seiten geschätzt, nicht immer verstanden, aber geschätzt. Doch er war einsam. Manchmal, wenn die Erinnerung ganz präsent wurde, fühlte er sich völlig verlassen. Die Erinnerung war schön. So schön. Und sie tat so weh.

      10

      „Da bist du ja“, setzte sich Kräuterfrau Trude zu Cellerar Fidibus an den Tisch in der Gaststube „Zur Dorfschenke“, in der Gilbrech der Wirt war und in der sein Sohn Alfons die Gäste bediente.

      „Ja, ja, da hockt er. Und süffelt bereits den zweiten Becher Bier“, grinste Alfons auf den sitzenden Mönch hinunter und nahm Trudes Bestellung auf: einen Becher Most.

      „Geht es dir nicht gut, Fidibus?“, schaute ihn seine gute Freundin besorgt an.

      „Dekan Ekkehard und Infirmar Kunibert haben sich gegen mich verschworen“, jammerte Fidibus.

      „Was?!“

      „Ja! Sie wollen, dass ich abnehme. Wegen den Knochen. Meinen Knochen. Anscheinend drücke meine Voluminösität auf die armen Dinger und das sei ungesund. Ab heute bekomme ich nur noch karg abgemessene Portionen zu essen. Bis Weihnachten. Bis Weihnachten muss ich hungern“, schrie der gebeutelte Mönch in den Raum hinaus und klammerte sich an seinen Bierbecher.

      „Und ich dachte schon, du hättest ein richtiges Problem“, lachte Trude.

      „Das ist ein richtiges Problem!“, insistierte der Cellerar.

      „Ach was! Fidibus, ich habe eine Ablenkung für dich. Die wird dich schön in Anspruch nehmen, sodass es ruck, zuck Weihnachten wird.“

      „Um was geht es?“

      „Du musst nach Reichenau.“

      „Du bist schon die Zweite, die mich nach Reichenau schicken will.“

      „Ach ja?“

      „Ja. Ich stelle dich nachher jemandem vor.“

      „Und wem?“

      „Der Stiftsdame Marie. Aus Quedlinburg.“

      11

      Josef von der Altenburg zu Cannstatt sass auf einem Schemel am Tisch in seiner Hütte und starrte seinem Neffen Peter, der auf der langen Bank, eingekuschelt in eine Wolldecke und angelehnt an die Wand hinter ihm, döste, ins Gesicht. Der Junge hatte ein Problem, das gelöst werden musste. Gut. Aber hier bleiben konnte er nicht. Dies war eine Einsiedlerhütte. Seine Einsiedlerhütte. Will heissen, dass er alleine hier leben wollte. Doch immer wieder brachte ihm das Schicksal irgendwelche Nasen vorbei, die seine meditative Ruhe durcheinander brachten. Richtige Störenfriede. Ausser natürlich seine Freundin Tronhilde. Ihre Gegenwart störte ihn nie. Aber sie wollte ja auch nicht hier einziehen oder für länger bleiben. Sie wohnte auf ihrer Burg. Burg Falkenhorst. Und dort hatte es Platz.

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