Der Mädchenfänger. Peter Schmidt

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Der Mädchenfänger - Peter Schmidt

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hinter einem Strauch an der Böschung. Ein paar Meter weiter unten war der Kanal, in dem sich die Lichter der Kirmes spiegelten. Vor dem Schleusenturm dümpelte ein beleuchtetes Hausboot.

      "Fall nicht ins Wasser", warnte er. Aber da war es auch schon passiert. Angela verlor auf der glatten Böschung den Halt und rutschte mit einem Schrei dem Kanal entgegen. Sie versank prustend, tauchte wieder auf und streckte hilfesuchend ihre Arme aus. "Ich kann nicht schwimmen, Robert."

      "Du kannst nicht …?" Das hatte ihm gerade noch gefehlt – Gott sei Dank war es ziemlich warm. Er zog Jacke und Schuhe aus und sprang ins Wasser.

      Im Dunkeln stieß sein Knie schmerzhaft gegen irgend etwas Hartes dicht unter der Wasseroberfläche, ein gespanntes Drahtseil oder eine Ankerkette. Dann war er endlich bei ihr. Angela versank gurgelnd, tauchte wieder auf, und Quant streckte zwei- oder dreimal vergeblich seine Hand nach den Schulterklappen ihrer Lederjacke aus.

      "Halt dich an mir fest", sagte er, als er sie zu sich herangezogen hatte. "Du musst mit den Beinen arbeiten, immer in Bewegung bleiben."

      Wieder knallte sein Knie gegen die Ankerkette. Dann stießen seine Finger an einen der bemoosten Steine am Ufer, und er ließ sich keuchend auf die feuchte Böschung zurücksinken. Angela hatte Grund unter den Füßen und versuchte vergeblich ihr nasses Haar zu ordnen, es fiel ihr immer wieder ins Gesicht zurück. Sie stand über ihm, leicht schwankend, ein erschöpftes, triefendes Etwas mit Schluckauf und hängenden Armen, und ihr Anblick im Licht, das von Kirmesbuden kam, wirkte so komisch auf ihn, dass er unwillkürlich lachen musste und mit der flachen Hand ins Wasser schlug …

      "Du bist verrückt, Robert. Und meine Jacke ist ganz durchgeweicht. Sieh dir bloß die Taschen an." Sie zog das triefende Innenfutter heraus. "Ich glaube, ich löse mich auf, ich bin nicht wasserfest. Was machen wir denn jetzt bloß? Ich kann doch unmöglich so in den Bus steigen."

      "Drüben an der Durchgangsstraße sind Stände mit Kleidung. Wir werden dir einfach neue Sachen kaufen und das nasse Zeug in eine große Tragetasche stecken."

      "Oh, ich glaube, ich bin gerade wieder ziemlich …"

      "Abgebrannt?“, fragte er und machte eine wegwerfende Handbewegung. "Lass das mal meine Sorge sein. Geld spielt keine Rolle. Wenn wir von allem soviel hätten wie davon, ging's uns blendend."

      Angela hängte sich in seinen Arm ein. Sie spazierten an der Böschung entlang zur Durchgangsstraße. Der Gedanke, einen reichen Freund zu haben, schien ihr zu gefallen.

      "Ich weiß gar nicht, ob ich dein Angebot überhaupt annehmen kann, Robert", sagte sie plötzlich und blieb stehen. "Wir kennen uns doch erst seit kurzem."

      "Sicher kannst du das. Ich habe mein Geld auch nicht durch harte Arbeit verdient. Wenn wir zusammenbleiben, wirst du dich einfach damit abfinden müssen, manchmal Geschenke von mir zu bekommen."

      "Das wird meinen Eltern aber gar nicht gefallen."

      "So? Weshalb denn nicht?"

      "Sie werden glauben, da sei irgend etwas faul. Ihre Tochter, das durchtriebene Früchtchen, könnte ja wieder mal was ausgefressen haben."

      Sie deckten sich bei einem Koreaner mit Hosen, Hemden und Unterwäsche ein und probierten die Sachen im Toilettenwagen an. Während sie sich umzogen, versuchte die Toilettenfrau für ein kleines Trinkgeld ihre Schuhe und das Innenfutter von Angelas Lederjacke mit einem Fön zu trocknen. Angela schien ihm beweisen zu wollen, was für eine resolute kleine Geschäftsfrau sie war, denn nach der Anprobe schlug sie noch einen Rabatt von zehn Prozent heraus. Ihre nassen Sachen ließen sie in Plastiktüten am Stand zurück, um sie später abzuholen.

      "Jetzt erst recht", erklärte sie strahlend. "Mir geht's wunderbar. Und es ist überhaupt nicht mehr kalt."

      Angela war eine hinreißende Zuhörerin. Er kannte kein Mädchen, das einem so wenig ins Wort fiel und trotzdem zu allem eine ganz vernünftige Meinung hatte. Er erzählte ihr, wenn man in der Pharmakologie weit genug fortgeschritten sei, könne man erstaunliche Experimente machen.

      Auch an lebenden Objekten. Zuviel Blei im Trinkwasser zum Beispiel führe zu einem allmählichen Verfall des Nervensystems. Ein Teil der Fortschritte auf diesem Gebiet beruhe allerdings nur auf Tierexperimenten. Angela fand den Gedanken, mit lebenden Tieren zu experimentieren, abstoßend und unbarmherzig.

      In der sogenannten Manege war eine halbnackte Indonesierin im Würgegriff einer Riesenschlange zu sehen. Für kurze Zeit verschwand ihr Körper völlig unter dem Schlangenleib.

      Es wurde als "lebensgefährlicher Kampf" bezeichnet, war aber wohl eher symbolisch zu verstehen, denn zum Schluss verschlang die Python zur Belohnung eine tote Maus aus ihrer Hand.

      Quant war fasziniert von der bronzefarbenen Haut des Mädchens. Sie wirkte so glatt und makellos, dass er einen Augenblick lang alles um sich herum vergaß und in eine Art Trance geriet. Dann riss er sich von ihrem Anblick los und zog Angela trotz ihres heftigen Protestes zum Ausgang.

      Es hatte leicht zu nieseln begonnen. Sein Blick streifte rastlos in der Dunkelheit über die Kirmeswagen, pompöse, chromblitzende Wohnmobile mit Satellitenantennen auf den Dächern. Wo mochte sie hier draußen wohl wohnen? Der Gedanke, die Indonesierin wäre anstelle von Franziska bei ihm, erfüllte ihn mit abgrundtiefem Verlangen. Seine Hände waren feucht und zitterten leicht. Er steckte sie in die Hosentaschen, damit man nichts davon bemerkte.

      Angela entdeckte erst am Ausgang der Geisterbahn, dass ihr Hausschlüssel fehlte. Als sie ihr Taschentuch suchte, griff sie plötzlich schreckensstarr nach seinem Arm.

      "Mein Schlüssel, er muss in den Kanal gefallen sein …"

      "Das hat uns gerade noch gefehlt. Vielleicht ist er ja im Toilettenwagen liegengeblieben?"

      "Nein, erinnerst du dich denn nicht mehr, Robert? Als ich am Ufer das Taschenfutter nach außen gedreht habe, war er schon weg. Ich komme gar nicht ins Haus, weil meine Eltern verreist sind", murmelte sie wie geistesabwesend und lehnte sich an die Wellblechwand der Kasse.

      "Das ist allerdings dumm. Kann man denn nicht durch ein Fenster einsteigen?"

      "Die Fenster im Parterre sind alle vergittert. Mein Vater war früher Polizeibeamter. In Einbruchsverhütung ist er immer noch ganz groß. Wir könnten den Schlüsseldienst benachrichtigen."

      "Ja, das müssen wir dann wohl. Schade um den schönen Abend." Er suchte in seinen Jackentaschen nach Kleingeld, um zu telefonieren. Seine eigenen Sachen waren alle noch da, auch die Schlüssel für das Haus.

      "Vielleicht kann ich ja bis morgen früh bei dir übernachten?"

      "Hm, glaubst du? Von mir aus, ja." Quant steuerte trotzdem auf die Telefonzelle neben dem Parkhaus zu. "Versteh' mich bitte nicht falsch", sagte er, als sie vor der Glastür standen. "Aber das könnte uns beide in eine schwierige Lage bringen – weil du noch minderjährig bist."

      "Im Ernst? Du gibst was auf diese blöden Gesetze, Robert?"

      "Na ja, nicht auf die Gesetze. Ich werde eingelocht. Man wird dich zum Frauenarzt schicken und dir peinliche Fragen stellen."

      "Aber es passiert doch gar nichts. Außerdem bin ich schon siebzehn. Wenn deine Nachbarn so eine dreckige Phantasie haben, soll das nicht unser Problem sein, oder? Es ist ein Notfall, verstehst du?"

      "Ich komme mir ja ziemlich prüde und unbarmherzig vor, ein so

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