Sky-Troopers. Michael Schenk
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Der Schwingenflieger hatte das Fluggerät instinktiv ausgesteuert und bemerkte, dass der Rückstoß der Waffe zwei Dinge bewirkte: Die Schwinge war nahezu zum Stillstand gekommen und der Rumpf war von den harten Schlägen heftig durchgeschüttelt worden.
Bevor er sich um die Waffe kümmerte, betrachtete und betastete Karst jeden Teil der Bespannung und Verdrahtung, den er erreichen konnte. Es waren keine Schäden festzustellen und jetzt nahm er sich die Zeit, seine Gedanken zu ordnen.
Er war davon ausgegangen, dass diese Waffe wie die der Gepanzerten funktionierte. Diese feuerten einen Schuss ab und mussten dann nachladen. Doch dieses Schießrohr hatte eine ganze Reihe von Schüssen abgefeuert, bevor es wieder verstummte.
Karst nickte nachdenklich. Die Wissenden waren wirklich schlaue Leute. Sie hatten berücksichtigt, dass eine Schwinge nicht ruhig in der Luft stand. Daher hatten sie dafür gesorgt, dass sie viele Bolzen abschoss, in der Vermutung, dass dann einer schon ins Ziel treffen werde.
Er prüfte die Trommel mit den Patronen und nickte erneut. Zugleich schalt er sich einen Narren, da er sich nicht vor dem Start nach der genauen Funktion erkundigt hatte. Es war ein Fehler, der ihm niemals hätte unterlaufen dürfen. Er hatte sich viel zu sehr auf die möglichen Auswirkungen der Umbauten auf die Flugeigenschaften konzentriert.
In der Trommel befanden sich zehn senkrechte Schienen, die jeweils dreißig Patronen festhielten. Jene, die sich genau über dem Aufnahmeschlitz des Schießrohrs befand, war leer. Karst wurde nun auch das Prinzip bewusst. Die erste Bewegung des Hebels bewegte eine Schiene in die richtige Position und ließ eine Patrone in die Kammer fallen. Das Vorschnellen des Hebels zündete sie und die Wissenden hatten einen Mechanismus ersonnen, der bewirkte, dass alle dreißig Patronen dieser Schiene in schneller Folge abgefeuert wurden. Dann war die Halterung leer und die Waffe schwieg. Die nächste Hebelbewegung würde die Trommel drehen und eine andere Schiene in Stellung bringen. Also konnte man mit dieser Waffe zehn Mal feuern.
Karst leckte sich über die Schnauze. Man würde wohl erwarten, dass er die Funktion prüfte.
Seufzend zog er den Hebel erneut zurück.
Diesmal war er vorbereitet und ließ das Donnern und Rütteln, den Gestank und den Qualm
über sich ergehen. Er wollte es hinter sich bringen, ließ Schiene um Schiene feuern. Als er die letzte Runde verschoss, hörte er das metallene Peitschen, mit dem sich ein Draht der Verspannung löste. Sofort ließ er den Hebel los, aber die Waffe schoss, bis sie leer war. Eine hölzerne Strebe knackte verdächtig. Es klang übermäßig laut, da das Grollen des Schießrohrs verstummt war.
Karst atmete schwer. Brütende Hitze hüllte ihn ein, er hechelte und hatte den Geschmack des verbrannten Pulvers auf der Zunge. Seine Schwinge hatte tatsächlich ein wenig Schlagseite, da das Gewicht der Patronen fehlte. Er öffnete das Ventil des zusätzlichen Auftriebsbehälters an der Seite und stellte das Gleichgewicht wieder her. Wenn man davon absah, dass die enormen Erschütterungen des Schießens der Konstruktion der Schwinge nicht sonderlich gut bekamen, hatten die Wissenden und die Mechaniker gute Arbeit geleistet. Allerdings würde man den Rumpf des Luftfahrzeuges wesentlich verstärken müssen. Ein paar zusätzliche Streben, und diese mussten die Vibrationen gut aushalten.
Eher unbewusst trat er wieder in die Pedale und lehnte sich zurück. Die Schwinge stieg empor und nahm Fahrt auf. Aber ihr Flieger bemerkte sofort, dass etwas nicht in Ordnung war. Das Vorderteil des Luftfahrzeuges schien zu vibrieren. So etwas geschah nur, wenn die Welle der Schraube Unwucht hatte.
Karst nahm die Füße von den Pedalen und ließ den Propeller auslaufen. Je langsamer dieser wurde, desto stärker war die Unregelmäßigkeit in seiner Bewegung zu spüren. Schließlich kam er zum Stillstand und der Schwingenpilot stieß einen erbitterten Fluch aus. Eines der drei Blätter war beschädigt. Ein Drittel seiner Länge fehlte und das Holz war an der Bruchkante abgerissen. Ein paar Splitter standen wie anklagende Krallen ab.
Karst fluchte auf die Wissenden, auf Rinz und die Mechaniker und auf den Doppelschärpenträger – doch ganz besonders auf sich. Wie hatte das geschehen können? Er hatte die Ausrichtung des Schießrohrs kontrolliert und es war so montiert, dass es an der Luftschraube vorbeischoss. Wie also hatte dies geschehen können? Er nahm eine Handvoll Nüsse und kaute darauf herum, da ihn das ein wenig beruhigte. Seine Blicke glitten über die Waffe und den Rumpf und schließlich fand er die Ursache. Durch die Erschütterungen hatte sich die Halterung der Waffe ein wenig bewegt. Ganz allmählich hatte sie sich gedreht und wahrscheinlich hatte ihr Lauf erst bei einem der letzten Schüsse in Richtung der Luftschraube gezeigt.
„Mögen die Wolken mir gewogen sein“, knurrte er. „Aber so schlecht sieht es nicht aus. Ich kann die Luftschraube noch bewegen und sie wird mich noch ziehen. Es wird rütteln und unbequem sein, aber sie wird mich heimwärts ziehen. Die Auftriebsbehälter sind alle dicht. Meine brave Schwinge fällt somit nicht vom Himmel und steuern kann ich auch.“
Er würde ein Stück in die Höhe steigen müssen, um zum Flugfeld zurückzukehren. Das ging nur durch Gewichtsverlagerung und die Zugkraft der Schraube, denn es war ja nicht möglich, während des Fluges zusätzliches Gas zu tanken. Er konnte es allenfalls ablassen. Das war für einen Notfall vorgesehen, aber dann würde die Schwinge unabänderlich zu Boden gleiten. Somit blieb ihm keine Wahl. Er musste mit der lädierten Schraube fliegen.
Erneut begann er, langsam zu treten. Angetrieben von Muskelkraft und Flüchen schob sich die beschädigte Schwinge höher in die Luft. Langsam fiel der See unter und hinter ihm zurück. Karst fand eine Geschwindigkeit, bei der die Vibrationen nicht zu stark waren, und empfand zunehmend die Zuversicht, Hondabar zu erreichen.
Zwei oder drei Tausendschritte ging auch alles gut.
Dann geschahen gleich mehrere Dinge gleichzeitig.
Mit vernehmlichem Knacken brach eine der seitlichen Streben, sofort gefolgt von dem typischen Geräusch, mit dem sich ein Stück der Bespannung verabschiedete. Als sei dies nicht genug, war das metallene „Ping“ zu hören, mit dem ein Drahtseil riss.
Karst merkte augenblicklich, dass die seitlichen Schwingen nicht mehr auf das Steuerholz reagierten. Eigentlich galt dies nur für eine von ihnen, was ein noch größeres Problem darstelle. Das Fluggerät legte sich leicht zur Seite, um in die Kurve zu gehen, und Karst blieb keine andere Wahl, als sein Körpergewicht ganz weit zur entgegengesetzten Seite zu verlagern. Nun flog er wieder geradeaus, hatte aber keine Möglichkeit mehr, eine Kurve in die andere Richtung zu fliegen. Er konnte nur noch voraus oder nach links. Karst war erfahren genug und wusste, dass die Andeutung einer Vollkurve nach links ihn letztlich auch nach rechts bringen musste, wenn der Rest der Bespannung dieser Beanspruchung standhielt.
Glücklicherweise konnte er das Flugfeld ausmachen.
Es war nicht mehr weit entfernt und Karst gelang es, die Schwinge behutsam auf den richtigen Kurs zu bringen. Hondabar kam näher und näher.
Er wollte bereits erleichtert aufatmen, als wieder ein Knacken hörbar war. Diesmal war die Auswirkung wesentlich gefährlicher, denn es handelte sich nicht um eine der Streben, vielmehr war einer der Auftriebsbehälter gesprungen. Mit vernehmlichem Zischen und von dem typischen Geruch begleitet, begann das Gas zu entweichen. Die verbliebenen Behälter reichten nicht, um die Schwinge in der Luft zu halten. Langsam – dann schneller – begann sie zu sinken.
Karsts Erfahrung zeigte ihm, dass er es nicht schaffen würde. Er fluchte erbittert und rief dann alle Götter an,