Königin der Spiegelkrieger. Werner Karl
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Читать онлайн книгу Königin der Spiegelkrieger - Werner Karl страница 17
Dass es nicht unmöglich war, sich Rom vom Hals zu halten, beobachteten sie seit vielen Jahrzehnten. Zum einen sahen sie in den caledonischen Stämmen Feinde, zum anderen bewunderten sie sie für ihren Widerstand und zunehmenden Erfolg, ihr Land zurückzuerobern.
Also hatten die Skoten Vieh zusammengetrieben und andere Vorräte bereitgestellt. Frisches Wasser gab es mehr als genug, denn ihre Insel rühmte sich vieler Flüsse und Bäche, die eiskaltes, aber hervorragendes Wasser mit sich führten.
Sidonius Gavius beaufsichtigte die Verladung der Waren und achtete peinlich auf eine gerechte Verteilung auf alle Schiffe der Flotte. Die einzelnen beneficarius trirarchi trieben die Leute an; weniger um einen Zeitplan einzuhalten - der nur sehr grob formuliert war -, sondern um die Leute beschäftigt zu halten. Es tat keiner militärischen Einheit gut, wenn sie zu viel Zeit zum Nachdenken hatte. Die frischen Vorräte würden helfen, die mäßige Stimmung ein wenig aufzuhellen.
Ulpius Marcellus nickte anerkennend, als er den steten Strom der Waren und die zufriedenen Gesichter seiner Männer sah. Aus den Augenwinkeln nahm er nur beiläufig wahr, wie ein beneficarius trirarchi auf einem Pergament die einzelnen Posten vermerkte.
»Was glaubst du, Sidonius; werden sich die Skoten weiterhin so kooperativ zeigen, wie sie dies heute und auch in den vergangenen Jahren getan haben?« Allein sein Tonfall drückte für all jene die Marcellus länger kannten aus, dass er sich diese Frage selbst schon beantwortet hatte und nur eine Bestätigung erwartete.
»Nein, Herr« antwortete der praefectus classis und wieder passten seine Worte mit seiner Miene überein. »Ich traue niemandem, der nur für Geld etwas tut und nicht aus innerer Überzeugung. Dieses Skotenpack wird uns sofort eine Klinge in den Rücken stoßen, sobald wir aufhören, sie mit Geld vollzustopfen.« Sein Gesicht wurde noch dunkler, als er auf mehrere Träger deutete, die eine Fuhre römischer Rüstungen in Richtung einer wartenden Gruppe skotischer Männer rollte und sie ohne Worte übergab. »Und ist es wirklich notwendig, ihnen auch noch solche Dinge zu geben? Ihre Schwerter sind mindestens genauso gut, wie die ihrer Vettern dort in Britannien. Das Einzige, was diese Barbaren im Kampf rascher sterben lässt, ist ihr mangelhafter Schutz. Und ausgerechnet den geben wir ihnen freiwillig in die Hände.« Er schüttelte den Kopf und überlegte, ob seine Kritik ihm Schwierigkeiten einbrachte. In seinem Gesicht arbeitete es und es war ihm anzusehen, dass er alle Steigerungen seines Missmutes bereits absolviert hatte und finsterer dreinblickte wie selten zuvor.
Als Ulpius Marcellus zu Lächeln begann, war Sidonius verblüfft und für einige Männer der zahlreichen Wachen und Seeleute, die sie umgaben, waren allein die beiden unterschiedlichen Gesichter mehr als einen Blick wert. Manche unterbrachen sogar ihre Arbeit und mussten von ihren Vorgesetzten ermahnt werden.
»Warum lachst du, Herr?« fragte Sidonius verblüfft und blickte zwischen den Rüstungen und Ulpius hin und her.
»Ich gebe dir recht, mein Freund«, sagte er und hatte zum ersten Mal das Gefühl, dass der Mann vor ihm ähnlich, nein, genauso dachte wie er selbst. »Ich traue den Skoten ebenfalls nicht. Und auch Magnus Lucius benutzte die Skoten nur für die Drecksarbeit. Er nannte sie sein Skotenpack und du hast gerade denselben Begriff verwendet. Schlussendlich hat es ihn nicht davor bewahrt, mit einem Pictenschwert im Leib sein Leben auszuhauchen.« Ulpius machte eine umfassende Geste, die das ganze Treiben am Strand mit einbezog. »Weißt du, warum ich diesen Provianthandel überhaupt veranlasst habe? Wir hätten gut auch ohne diese Vorräte an der Westküste Britanniens landen können.«
Jetzt war Sidonius Gavius wirklich verblüfft und Ulpius musste erneut lächeln, da er selten Gelegenheit bekam, von Sidonius einen anderen als grimmigen Ausdruck zu erhaschen.
»Ich bin nicht dumm, Herr«, antwortete Sidonius und straffte seinen Oberkörper, als wollte er den Statthalter noch mehr überragen, als er es ohnehin schon tat. »Es gehört zu meinen Aufgaben, den Bedarf einer Expedition zu planen und Sorge dafür zu tragen, dass auch ein angemessener Teil als Sicherheit vorhanden ist. Ich dachte, du hast - ohne jemanden einzuweihen - das Ziel und die Aufgabe dieses Feldzuges ein wenig … sagen wir … erweitert und dafür zusätzliche Vorräte vorgesehen.«
Wieder nickte Ulpius Marcellus zustimmend. »Du hast recht und wieder nicht ganz. Es ist wahr, dass ich mehr vorhabe, als die Picten im Rücken zu packen. Aber mir dient dieser kleine Aufenthalt auch dazu, mir den eigenen Rücken frei zu halten. Ich kann es nicht leiden, einen Feind anzugreifen und nicht sicher zu wissen, ob mein eigener Rücken unbedroht ist. Wenigstens für die Dauer dieses Feldzuges. Was danach kommt …«
Sidonius Gavius ließ sich dazu herab, schon wieder eine neue Regung zu zeigen: Befriedigung. »Dann soll es mir recht sein, Herr, wenn dieses Skotenpack eine Handvoll Rüstungen erhält. Wenn es sie glauben lässt, das Rom sie in Ruhe lässt, werden sie vielleicht solange stillhalten, bis wir Britannien vollständig ins Reich eingegliedert haben und uns dann um … neue Aufgaben kümmern können.«
Beide verfielen in Schweigen und sahen zu, wie die letzten Männer an Bord gingen und sich für die Nacht bereit machten.
Längst waren viele Feuer entzündet und viele Rinder geschlachtet worden. Der Duft von brutzelndem Fleisch zog über den Strand. Heute würde es keine unzufriedenen Äußerungen geben. Die Aussicht auf ein üppiges Mahl, eine friedliche Nacht und einen Plan, der den Gegner überraschen sollte, hob die Stimmung der Legionäre.
Weit entfernt vom Liegeplatz der Flotte stieg ein Skote auf einen kleineren Berg. Sein Blick fiel auf die 75 Triremen der Römer. Stumm rechnete er nach. Jede römische Galeere trug 90 Legionäre und 170 Mann Besatzung. Das bedeutete mindestens 6.750 Soldaten, dazu mehr als 12.700 Seeleute.
Er schritt um eine steile Bergspitze herum und vergewisserte sich, dass niemand vom Strand zu seiner Position Einsicht hatte. Dann entfachte er ein kleines Feuer. Er nahm seinen Schild und hielt ihn abwechselnd vor das Feuer und nahm ihn wieder weg. Die Abstände variierten mehrmals. Dazwischen machte er eine mehr als deutliche Pause. Drei Mal wiederholte er die Prozedur. Als in der Ferne von einem kleinen Boot ein kurzes Signal zurückkam, löschte er sorgfältig das Feuer und machte sich auf den Heimweg.
Kapitel VII
A. D. 183, Juni
Sehnsucht - Eifersucht – Selbstsucht
Inga und Arianrhod saßen schweigend im innersten Raum der Befestigung, die so etwas wie einen provisorischen Königssitz darstellen sollte. Doch in Ingas Augen kam ihr Lucia - Arianrhod! - nicht im Entferntesten wie eine Königin vor. Viel eher sah sie die Witwe als verloren an. Allein gelassen von dem Mann, den sie geliebt und nun zum zweiten Mal hatte sterben sehen.
Die Germanin versuchte, mit dem Kleinen zu scherzen. Doch dieser blickte sie nur streng an und missachtete ihre Versuche, ihm ein Lächeln oder gar ein glückliches Glucksen zu entlocken.
Inga selbst war ebenfalls verzweifelt, und zwar im doppelten Sinne. All das, was ihr in ihrem Leben bisher Freude geschenkt hatte, schien sich in Nichts aufzulösen oder war schon verschwunden.
Aus ihrer Herrin und Freundin war eine Fremde geworden, eine Pictin. Auch wenn Arianrhod beteuerte, sie sei noch dieselbe. Für die Germanin war sie es nicht.
Túan mac Ruith, der Druide, allein durch dessen Existenz und ihre gemeinsame Flucht vor den Römern, hatte sie geglaubt, echte Freiheit zu erlangen. Doch stattdessen hatte sie in ihren Augen nur die Herren gewechselt. Sie diente immer noch. Als Kinderfrau ihrer neuen Königin. Der Königin eines fremden Volkes, barbarisch und primitiv. Bei den Römern hatte sie wenigstens einen kleinen Anteil