Animus oder Die Seele eines Stärkeren. Nik Morgen

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Animus oder Die Seele eines Stärkeren - Nik Morgen

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T.: (Heller Tenor.) Danke. (Er verschwindet durch eine Tür.)

      DIVERSE: He, habt ihr das mitbekommen? Was für ein Zufall!

      DIV.: Was ist denn?

      DIV.: Was ist geschehen?

      DIV.: Eben ist Hans Tischhauser eingetoffen.

      DIV.: Du machst Witze.

      DIV.: Nein. Wirklich. Habt ihr denn nicht gehört, wie er vom Wirt und der Wirtin begrüsst worden ist?

      DIV.: Wo ist er denn jetzt?

      DIV.: Er hat den Schlüssel bekommen und ging durch die Tür zum Treppenhaus.

      FREMDER: Ach. Du meinst den kleinen Zwerg mit der hellen Stimme?

      DIV.: Natürlich. Hans ist Kleinbürger in unserer Stadt.

      DIV.: Ja,hast du wirklich einen Riesen erwartet? Wie will er denn im Tisch hausen, wenn er zwei Meter misst? Er ist doch kein Selbstquäler!

      FREMDER: (Steht auf.) Ich geh ihn sofort begrüssen.

      DIV.: Nein, bleib noch hier. Der Zeitpunkt ist nicht günstig.

      DIV.: Man darf ihn nicht stören, wenn er auf sein Zimmer geht. Wir stören ihn jedenfalls nie.

      DIV.: Er wird müde sein. Sonst wäre er bestimmt von sich aus hergekommen.

      DIV.: Bestimmt hätte er sich dir vorgestellt. Er freut sich immer über neue Gesichter.

      DIV.: Aber jetzt braucht er Ruhe.

      DIV.: Er geht jetzt in seinen Tisch.

      DIV.: Warte, bis er eingeschlafen ist.

      DIV.: Dann kannst du in sein Zimmer.

      DIV.: Er schliesst die Tür nicht ab.

      DIV.: Ausser wenn er schnarcht. Dann hängt er das Schild hinaus, weil er niemanden stören will.

      DIV.: Das tönt nämlich besonders laut im Tisch.

      DIV.: Es klingt, als würde er Holz sägen.

      FREMDER: Das macht er ja vielleicht wirklich.

      DIV.: Wie meinst du das denn wieder?

      FREMDER: Ja, heisst er nicht „Hans Tischhauser“? Wenn er nachts in Tischen haust, dann zersägt er doch womöglich im Schnarchen das Holz, um den Tisch in ein kleines Haus umzubauen. Das würde doch irgendwie passen. Und dann will er nicht, dass man ihn bei der Arbeit stört. Ja, sagt: Habt ihr denn diese Tische niemals angeschaut, in denen er gewohnt hat?

      DIV.: Nein, auf die Idee bin ich nicht gekommen.

      FREMDER: Aber warum? Das wäre doch das Naheliegendste. Das verstehe ich nicht. Das müsst ihr mir erklären.

      DIV.: Natürlich. Du weißt ja immer noch recht wenig.

      DIV.: Du weißt ja nicht, wo er für gewöhnlich schläft.

      FREMDER: Ja, offenbar hier im Hotel. Mich hat einzig überrascht, dass ihr mir das nicht angekündigt habt.

      DIV.: Woher sollten wir es denn wissen? Nicht einmal der Wirt hat es gewusst.

      FREMDER: Ach, wo! So selbstverständlich, wie er ihm die Schlüssel ausgehändigt hat.

      DIV.: Hans Tischhauser schläft in jedem Haus, wo ein Zimmer mit einem Tisch für ihn bereit steht. Und das gibt es praktisch in allen Häusern dieser Stadt.

      DIV.: Du weißt wie gesagt noch wenig von unserem Geheimnis. Wie auch sehr wenig noch von deinem Glück.

      DIV.: Ja. Du weißt ja nicht, wie du dir das Glück bescherst durch seinen Besuch.

      FREMDER: Das war also kein Witz, als ich sagte, ich müsse nach hause um zu sehen, ob Hans im Tisch ist.

      DIV.: Nicht unbedingt. Aber es braucht gewisse Voraussetzungen, dass dieser Wunsch wahr wird.

      DIV.: Ja, sonst ist die Wahrscheinlichkeit allerdings sehr gering.

      DIV.: Er hat ja wirklich keine geringe Auswahl an Übernachtungsmöglichkeiten.

      DIV.: Er bleibt dort, wohin ihn die Füsse den Tag durch und durch die Stadt getragen haben.

      DIV.: Danach ist er meist kurz entschlossen.

      DIV.: Du hast ja halbwegs mitgekriegt, wie schnell er auf sein Zimmer ging.

      FREMDER: Also. Erläutert mir, wie man sich eventuell das Glück seines Besuches verschafft, und schliesslich worin dieses Glück besteht.

      DIV.: Ach, um das zu erfahren, brauchst du nicht sehr viel Geduld.

      DIV.: Genau. Er wird sich mittlerweilen eingenistet haben.

      DIV.: Wir werden ihm bald einen Besuch abstatten.

      DIV.: Bald wirst du dein Glück umarmen.

      FREMDER: Umarmen? Das ist doch hoffentlich bildhaft und nicht etwa wörtlich gemeint?

      DIV.: Doch. Das liegt nämlich im Bett. Im Bett vom Zimmer von Hans Tischhauser.

      DIV.: Dadurch dass er im Tisch übernachtet, bleibt das Bett nämlich frei. Und jeder ist eingeladen, sein Glück in diesem Bett zu finden.

      FREMDER: Eure Anwandlungen werden ja immer bizarrer.

      DIV.: Nun stell dir aber nichts Zweideutiges oder Verbotenes vor! Es handelt sich um ein ganz öffentliches Geschehen.

      FREMDER: Wie, in welcher Form, findet man sein Glück im Bett?

      DIV.: Ganz einfach, indem man sich hineinlegt.

      FREMDER: Das kann man auch zuhause tun.

      DIV.: Natürlich kannst du das. Aber es hat nicht den gleichen Effekt.

      FREMDER: Und worin besteht der Unterschied?

      DIV.: Im Bett im Zimmer von Hans Tischhauser liegt es sich hundertfach bequemer, und es ist dir tausendmal wohler. Nach zirka fünf Minuten bist du vollkommen selig. Man springt förmlich aus den Federn und geht restlos zufrieden mit sich und der Welt nach hause.

      FREMDER: Was ihr nicht sagt! Und das obwohl es immer wieder andere Betten sind.

      DIV.: Ja, wirklich. Es liegt nicht am Bett. Es liegt im Bett. Kurzum: Es ist ein Phänomen.

      FREMDER: Und wie erklärt sich dieses Phänomen?

      DIV.: Nun, ganz lässt sich das Geheimnis nicht auflösen.

      DIV.: Das lässt sich nur erahnen oder darüber nachdenken.

      DIV.: Die Philosophen der Stadt haben Theorien

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